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Der Schattenbund 02 - Der Geist des Steines

Der Schattenbund 02 - Der Geist des Steines

Titel: Der Schattenbund 02 - Der Geist des Steines Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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durchgestanden hatte.
    »Bitte lass mich hinuntergehen«, wimmerte Annas. »Ich muss meinen Papa finden.«
    Rochalla gab es auf, noch etwas einzuwenden. Sie sah sehr gut, dass die Kleine wirklichen Kummer litt. »Also gut«, sagte sie. »Was hältst du davon: Wir werden genau hier am Ende des Weges warten und aufpassen, dass er zurückkommt. Bist du damit zufrieden?«
    »Oh, ich danke dir!«, rief Annas und fiel Rochalla um den Hals.
    Presvel hatte sich in den Schutz des Wachhauses begeben, aber Seriema, die mit ihm gegangen war, machte kehrt, um die anderen zu holen. Sie stapfte energisch durch den Morast und war sehr verärgert, dass Rochalla und das Mädchen Tormons Anweisung nicht folgten und sie nun gezwungen war, den Weg zweimal zu gehen. Sie fror und zog sich die Kapuze dichter um das feuchte Haar. »Ich weiß nicht, warum du ihr das gestattest. Um Myrials willen, bring das verrückte Kind ins Haus. Begreifst du nicht, dass, wenn diese geflügelten Teufel sich über die Stadtgrenze ausbreiten, ihr sie auf uns lenkt, indem ihr hier draußen herumsteht?«
    Rochalla spürte, wie sie rot wurde. Ihre Aufmerksamkeit war so sehr auf das Kind gerichtet gewesen, dass sie diese Gefahr nicht bedacht hatte. Doch sie fühlte sich durch Seriema beschämt, und nun brannte der Groll in ihr. »Warum kümmerst du dich nicht um deine eigenen Angelegenheiten?«, fauchte sie. »Kannst du nicht verstehen, dass Annas um ihren Vater besorgt ist? Du machtbesessene alte Jungfer! Bist du so verkümmert und abgebrüht, dass du nicht die einfachsten menschlichen Empfindungen wie Liebe und Angst begreifst?«
    Seriema presste die Lippen zusammen, aber sie ließ sich nicht gehen. Rochalla kam nicht umhin, ihre Beherrschung selbst in einem so hitzigen Moment zu bewundern. »Ich begreife sehr viel mehr als ein unwissendes junges Ding, das niemals mehr sein wird als ein Kindermädchen«, erwiderte sie kalt. »Ich weiß, dass das Kind sich erkälten wird, wenn es bei diesem Wetter draußen bleibt. Und es wird sich noch verschlechtern. Sieh dort.« Sie zeigte zu den Bergen hinüber, wo die Gipfel in tief hängenden schwarzen Wolken verschwunden waren. Rochalla sah, wie ihr Gesicht die Farbe wechselte. Seriema schlug sich eine Hand vor den Mund und riss die Augen auf. »Solch ein Unwetter da oben in den Bergen«, hauchte sie erschrocken. »Der Fluss – hörst du das?«
    Aus der Ferne kam ein tiefes Brausen, das rasch lauter wurde, als näherte sich ein heftiger Sturm. War es Einbildung, oder bebte die Erde unter ihren Füßen?
    Seriema begriff schneller. »Bring das Kind in die Baracken. Rasch!« Damit packte sie die aufbegehrende Annas, zog sie einfach durch den Morast hinter sich her, und es fehlte nicht viel, dass sie sie ins Haus schleuderte.
    »Lass sie in Ruhe, du grobes Weib!« Rochalla stürzte sich blindwütig auf sie und empfing eine schallende Ohrfeige.
    »Sieh doch da drüben. Siehst du, wie das Wasser sich hierher ausbreitet? Der Fluss ist über die Ufer getreten. Hinein mit dir. Jetzt!« Sie schob Rochalla durch die Tür, raffte ihre Röcke und rannte in die entgegengesetzte Richtung davon.
    »Aber wohin rennst du?«, rief Rochalla ihr hinterher. »Komm zurück!«
    »Tormon und der Junge. Jemand muss sie warnen.«
    Seriema schrie es über die Schulter, ohne anzuhalten. Dann war sie schon bei der Biegung angelangt, wo der tückische, schlüpfrige Weg hinabführte.
    Die Welle war mannshoch aus dem engen Seitental am Schlangenpass herausgerast. Als sie die Ebene erreichte, breitete sie sich aus, verringerte ihre Furcht erregende Schnelligkeit ein wenig, schmetterte gegen die Stadtmauer und spritzte in einer Fontäne hoch in die Luft. Die Kraft des Aufpralls reichte aus, um einen Teil der Mauer, deren Fundament vom monatelangen Regen unterspült war, zum Einsturz zu bringen. Spritzend stürzte sie in das schlammige Wasser, das bereits in die Lagerhäuser am Flussufer eindrang und die schäbigen Elendshütten mit sich riss. Einen nach dem anderen löschte es die schwelenden Leichenhaufen, und Holz und modernde, halbverkohlte Leichen trieben an der Oberfläche, während es sich weiter ausbreitete und unaufhaltsam auf den Abgrund am Rand der Ebene zuströmte.
    Rochalla, von der zerstörerischen Kraft wie gelähmt, begriff plötzlich, dass die Flutwelle gleich beim Wachhaus ankommen würde, und riss sich aus ihrem entrückten Zustand. Sie schoss ins Haus, warf die Tür hinter sich zu, gerade als Presvel, von Annas an der Hand gezogen, aus

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