Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schattenbund 02 - Der Geist des Steines

Der Schattenbund 02 - Der Geist des Steines

Titel: Der Schattenbund 02 - Der Geist des Steines Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
Vom Netzwerk:
plötzlich und ohne Warnung, stolperte er aus dieser sorglosen Umgebung heraus und in eine Felsenhöhle, die so unglaublich groß war, dass er zunächst nicht erfasste, was er vor sich sah.
    Wie vor den Kopf gestoßen blieb er stehen. »Heiliger Myrial!«, keuchte er, und seine Worte wurden von der Weite des Raums verschluckt, der sich nach allen Seiten und sogar nach oben ins Unermessliche ausdehnte, bis die Einzelheiten in der Ferne verschwammen. Scall blinzelte. Ihn überkam ein Frösteln, obwohl auch hier die Luft warm war. Vorbei war es mit der sachten Betäubung durch die wechselnden Farben. Vorbei mit der sicheren Behaglichkeit des Röhrengangs. Die Höhle war in unheimliches Dämmerlicht gehüllt, doch auf beiden Seiten krochen dünne Strahlen und breite Ströme von Licht in Rubinrot, Dunkelviolett, Bernsteingelb, Saphirblau und Gold in Schlangenlinien über die schwarzen Wände. Hoch über ihm zogen sich noch mehr dünne Lichtstrahlen wie Spinnweben von einer Wand zur anderen und erleuchteten die Halle in pulsierenden Farben. Das Säuseln der Zugluft war verschwunden, stattdessen war ein tiefes Dröhnen zu spüren, das genau durch seine Fußsohlen zu kommen schien, und manchmal zischten und knisterten die Lichtstrahlen, wenn sie wie Blitze über die Wände schossen und die Weite des Raums übersprangen. Gelegentlich lösten sich glitzernde Teilchen von einer Stelle und schwebten in einer Wolke zu einer anderen, wo sie wie ein Funkenregen niedergingen.
    Noch viel verwunderlicher waren die Bauten auf dem Boden der Höhle, von denen einige groß wie Häuser, andere klein wie Fußschemel waren. Sie kamen in allen möglichen Formen daher: in Quadern, Pyramiden, Säulen, Kegeln und Kugeln, und manche bestanden aus einem durchsichtigen, gallertartigen Stoff, der seine Form von einem Moment auf den anderen völlig verändern konnte. Einige waren nur an den Konturen von leuchtenden Farben umrissen, die auch über die Wände wanderten, andere waren mit sanften Farbtönen übergossen. Die einen schimmerten wie Perlmutt, die anderen funkelten wie Edelsteine.
    Scall konnte sich nicht erklären, was er vor sich sah, aber er fand es sehr schön. Und er empfand keine Furcht. Das ganze fremdartige Zusammenspiel von Geräusch, Farbe und Bewegung schien für sich genommen einen Zweck zu haben, der nichts mit ihm zu tun hatte, und nichts vermittelte ein Gefühl der Bedrohung. In Bewunderung versunken, wanderte er durch die Halle zwischen Reihen leuchtender Gebilde hindurch und vergaß in so viel funkelnder Schönheit Müdigkeit und Hunger.
    Nach einer Weile jedoch verlor das Wunder seinen Reiz, und der Stolz, dass er entdeckte, was noch kein Tiarondianer vor ihm gesehen hatte, fing an zu verblassen. Er spürte Hunger und Durst und seine wunden Füße, und die Wahrscheinlichkeit, hier etwas Essbares oder Wasser zu finden, war wohl gering. Diese leuchtenden Gebilde sahen alle sehr hübsch aus, aber er konnte sie nicht essen. Außerdem verstand er sie nicht, und selbst der unglaublichste Anblick wird mit der Zeit langweilig.
    Ich muss umkehren. Hier gelange ich nirgendwohin. Vielleicht ist die Flut im Tunnel schon gesunken. Vielleicht kommen Tormon und die anderen vorbei und ich verpasse sie!
    Dieser Gedanke versetzte ihn in solche Aufregung, dass er einfach in die Richtung losrannte, aus der er meinte, gekommen zu sein. Aber entweder hatte das Umherstreunen ihn verwirrt oder die Hast hatte ihn in die Irre geführt, denn bald schon merkte er, dass die Höhlenwände außer Sicht geraten waren. Er hatte sich hoffnungslos verirrt und wusste nicht, wie er sich inmitten dieser wilden Anordnung von Gebilden und Lichtern zurechtfinden und die kleine Öffnung finden sollte, die ihn hinausbrächte.
    Er geriet in Panik, rannte weiter und weiter durch den Irrgarten leuchtender Figuren, suchte verzweifelt nach dem Ausgang. Wenn er immer geradeaus ginge, müsste er doch sicher früher oder später an der Höhlenwand ankommen. Dann bräuchte er nur eine Runde zurückzulegen und würde am Ende zu dem Röhrengang gelangen, wie lange es auch dauern mochte. Aber es schien unmöglich, einer geraden Linie zu folgen, und bald stellte er bestürzt fest, dass er im Kreis gegangen sein musste. Er scherte zwischen zwei Reihen aus und lief in den Bereich, der offensichtlich die Mitte der Höhle bildete.
    Gebückt blieb er stehen, um zu Atem zu kommen, und hielt sich die stechende Seite. Ihm war, als müsste er in Tränen ausbrechen. Möglicherweise war der

Weitere Kostenlose Bücher