Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit
Hals und die Lage wäre nicht mehr zu retten.
Den ganzen Weg über den Hof wollte Harral immer wieder stehen bleiben. »Aber was ist mit dem Jungen?«, verlangte er zu wissen.
Toulac drängte ihn in die erleuchtete Sattelkammer. »Scall wird deiner kostbaren Stute nichts tun«, sagte sie. »Was meinst du eigentlich, wer sich so ausgezeichnet um sie gekümmert hat, während sie fort war?«
»Was? Der junge Kerl?«
»Ja. Und darüber muss ich mit dir reden.« Sie setzte sich an den Tisch. »Du hast nicht zufällig etwas zu Trinken da?«
»Ich lehne es ab, bei den Pferden zu trinken«, sagte Harral streng, »aber da steht Tee auf dem Ofen, wenn du welchen möchtest.«
»Der genügt mir vollkommen.« Sie gähnte herzhaft. »Eigentlich ist Tee sogar besser. Ich brauche dringend eine Nacht Schlaf. Die vergangenen Tage sind unglaublich gewesen.«
Harral stellte schmunzelnd den starken schwarzen Tee vor sie hin und setzte sich mit seiner Tasse dazu. »Klingt nach einer schweren Geburt«, sagte er. »Der Tee wird dich wieder ein bisschen munter machen. Und jetzt erzähl mir von dem jungen Burschen und was er mit meiner Stute zu tun hat.«
Toulac gab die Geschichte wieder, wie sie sie von Scall gehört hatte. »Du siehst also«, schloss sie, »Elion hat Scall das Tier tatsächlich geschenkt und gesagt, er dürfe es behalten. Der arme Kerl denkt, dass es jetzt ihm gehört, und wenn er nicht gegen seinen Willen hierhergebracht worden wäre, hättest du womöglich nie erfahren, was aus dem Tier geworden ist. Er hat beim Untergang Tiaronds sein Zuhause verloren und wahrscheinlich auch seine Familie. Bitte nimm ihm nicht einfach sein geliebtes Pferd weg.«
Harral schüttelte den Kopf. »Das ist alles gut und schön, Toulac, und ich will gar nicht sagen, dass ich nicht mit ihm fühle, aber Elion durfte die Stute nicht einfach verschenken. Sie ist das Beste, was ich je gezüchtet habe, und sie ist mein Herzblatt. Ich habe dich mit deinem Schlachtross gesehen – du weißt also, was ich meine. Ich traute meinen Augen nicht, als sie in meinen Hof gejagt kam, völlig allein, nachdem dieser Hohlkopf Kher es zuließ, dass ihr der Afanc einen Schreck einjagt. Es war wie ein Wunder.« Er seufzte. »Was soll ich machen? Der Junge tut mir Leid, aber Kher hat mir auch erzählt, was in Callisiora vor sich geht. Auf gar keinen Fall lasse ich zu, dass er oder irgendein anderer sie wieder dahin mitnimmt, wo sie von diesen verfluchten Ak’Zahar gefressen wird. Sie bleibt hier, wo sie sicher ist.«
»Tja, das kann ich verstehen«, räumte Toulac ein. »Aber es wird ihm das Herz brechen.« Sie dachte einen Augenblick nach. »Sieh mal, gibt es denn keinen Weg, wie ihr euch einig werden könnt? Ich meine, worauf kommt es dir bei der ganzen Sache an? Du willst die Stute sicher bei dir haben und du willst ihre Fohlen. Warum lässt du Scall nicht bei ihr? Er kann mit Pferden umgehen, und du musst zugeben, er hat sich unter sehr widrigen Umständen wunderbar um sie gekümmert. Bestimmt kannst du ihm eine Arbeit auf deinem Hof geben. Lass ihn die Stute versorgen unter der Bedingung, dass sie in Gendival bleibt, und verhandelt über eines der Fohlen. Du würdest einen ziemlich guten Pferdeknecht bekommen, und mal ehrlich, in Callisiora gibt es für den Jungen keine Zukunft. Meinst du nicht, er verdient es, dass du es mit ihm versuchst?«
Harral überlegte kurz. »Es könnte gehen«, sagte er dann. »Ich will zwar nicht, dass sie ein anderer sein eigen nennt, aber du hast Recht – es wäre hart für den Jungen, sie zu verlieren, nachdem dieser schwachsinnige Elion sie ihm geschenkt hat.«
Toulac lächelte. »Danke, Harral. Du bist ein guter Kerl. Du verdienst jedes Fohlen, das Mazal dir verschaffen kann.«
»Was glaubst du, warum ich so entgegenkommend bin?«, meinte er lachend. »Ich darf mich dir jetzt nicht mehr zum Feind machen, oder?«
»Komm«, sagte Toulac. »Lass uns gehen und Scall die Nachricht überbringen. Ich kann es kaum erwarten, sein Gesicht zu sehen.«
Sie waren so eingenommen von ihrem hübschen kleinen Plan, dass sie auf die tatsächliche Wirkung nicht vorbereitet waren. Als sie Scall das großzügige Angebot unterbreiteten, verwandelte sich sein Gesicht in eine Maske des Schreckens. »Hier bleiben?«, wiederholte er atemlos. »Aber das geht nicht!«
Toulac wusste plötzlich, warum sie nie Kinder bekommen hatte. »Myrial in der Jauchegrube! Warum denn nicht, zum Henker noch mal?«, schnauzte sie. »Was ist los mit dir,
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