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Der Schattengaenger

Der Schattengaenger

Titel: Der Schattengaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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war ein Trucker, der sich ihrer erbarmte und anhielt. Ende fünfzig, Vollbart, rundes, freundliches Gesicht. »Wo soll’s denn hingehn, Mädchen?«
    Merle mochte die jovialen Typen nicht, die jedes weibliche Wesen unter vierzig als Mädchen bezeichneten und jedes unter achtzig als junge Frau. Die so väterlich taten und dann die Hände nicht bei sich behalten konnten. Aber diesem hier gab sie eine zweite Chance. Immerhin hatte er angehalten.
    »Bröhl«, antwortete sie. »Es ist ein Notfall, aber ich darf nicht darüber reden.«
    »Schon in Ordnung.«
    Er fragte nicht weiter und ließ sie einsteigen. Merle lehnte sich in dem gut gepolsterten Sitz zurück und machte es sich so bequem, wie ihre nervliche Verfassung es ihr erlaubte.
    Kein Wort zu den Bullen.
    Sie würde sich daran halten. Und nach Hause zurückfahren. Sie wollte unbedingt erreichbar sein, falls Jette sie brauchte.
    Nichts geschah. Wind war aufgekommen und blies kleine Wellen über die Wasseroberfläche. Das leise Plätschern und  das Rascheln des Schilfs erinnerten Imke an lange Wochen am Meer, damals als Jette noch ein Kind gewesen war.
    Jettes Haar war silbrig geworden von der Sonne. Auf ihrer gebräunten Haut hatten Salzkristalle geklebt und winzige Sandkörner. Sie hatte zu den Möwen aufgesehen und gelacht. Wie glücklich sie gewesen war. Wie fröhlich.
    Ein Sonnenkind.
    Imke presste die Hand vor den Mund, um das Schluchzen zu ersticken. Um mit dem Schluchzen auch die Tränen zurückzudrängen und die Erinnerungen. Sie wartete. Und wusste nicht einmal, ob dies die richtige Stelle war.
     
    Bert stieg aus und ging auf die Werkstatt zu, aus der laute Radiomusik drang. Das Unwetter hatte Blätter von den Bäumen gerissen und auf dem Hof verwirbelt. An der Hausmauer waren wie dunkle Blumen Nässeflecken gewachsen. Der starke Regen hatte den Schotter unterspült und zu schlammigen Dünen zusammengeschoben.
    Let meeee entertain you, sang Robbie Williams, und Bert merkte, wie der Rhythmus des Songs sein Tempo bestimmte.
    In der neonbeleuchteten Werkstatt sah er drei Männer arbeiten. Einer von ihnen drehte sich zu ihm herum und wischte sich die Hände an einem schmutzstarrenden Tuch ab. Fragend schaute er Bert ins Gesicht.
    Bert stellte sich vor und verlangte, den Chef zu sprechen.
    »Richie«, sagte der Mann. »Bring den Kommissar ins Büro.«
    Bert folgte dem jungen Mann, der sich geschmeidig zum Takt der Musik bewegte. Die Hose war ihm halb über die schmalen Hüften gerutscht. Auf dem Rücken seines schwarzen T-Shirts fletschte ein Tiger die Zähne. Get you, stand in Flammenschrift darunter.
    »Kripo, Ellen«, erklärte Richie. »Will zum Boss.« Er warf Bert einen misstrauischen Blick zu und trabte in seinem zuckenden, tänzelnden Gang auf den Hof zurück.
    Ellen war eine kompakte Person, die in einem schmuddeligen, rauchgeschwängerten Zimmer hinter einem von zwei Schreibtischen saß. Sie erhob sich wortlos, zog noch einmal an ihrer Zigarette und legte sie auf einem übervollen Aschenbecher ab. Sie führte Bert zum Nebenzimmer, klopfte an und stieß unaufgefordert die Tür auf.
    »Ein Herr von der Kripo«, sagte sie mit einer von unzähligen Zigaretten ruinierten Stimme und ließ Bert mit ihrem Chef allein.
    Der Mann, der sich aus einem tiefen schwarzen Ledersessel wuchtete, öffnete Berts Vorurteilen Tür und Tor. Die Lederjacke, die Rolex am Handgelenk und der Brilli am kleinen Finger sprachen eine deutliche Sprache. Arme und Beine waren trainiert und gestatteten ihm allenfalls den eingeschränkten Bewegungsspielraum eines Sylvester Stallone, die Haare waren einen Tick zu stark gestylt, die Fingernägel für den Besitzer einer Autowerkstatt zu lang und zu sauber.
    So einer wickelt seine Geschäfte woanders ab, dachte Bert und fragte sich, wie es kam, dass manche Menschen sich förmlich Mühe zu geben schienen, dem Klischee zu entsprechen, das man von ihnen im Kopf hatte.
    »Bitte?«
    Bert kam gleich zur Sache. »Ich möchte wissen, wer für Sie arbeitet, und ich möchte mit jedem Ihrer Mitarbeiter sprechen.«
    »Darf ich fragen, wieso?«
    Gleich droht er mir mit seinem Anwalt, dachte Bert und zauberte ein freundliches Lächeln aus dem Hut. »Wir ermitteln in einem Entführungsfall.«
    »Und?«
    Kaltschnäuzig, notierte Bert in Gedanken. Es ist ihm wichtig, den starken Max zu markieren.
    »Die junge Frau, die wir suchen, hat vor Kurzem einen Wagen bei Ihnen gekauft.«
    Der Mann änderte sein Verhalten schlagartig. Anscheinend hatte er

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