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Der Schattengaenger

Der Schattengaenger

Titel: Der Schattengaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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mischte, und ich dachte daran zurück, wie ich die tote Frau Bergerhausen am Fuß der Kellertreppe gefunden hatte. An den Blick ihrer Augen und daran, wie ich sie ihr geschlossen hatte.
    Mir wurde schlecht.
    Ein zweites Mal reichte ich Herrn Bergerhausen die Hand und dann den beiden jungen Frauen, die ich für seine Töchter hielt. Ihre Augen waren trocken. Ich wandte mich ab und zog Merle hinter mir her. Eine winzige Träne zumindest hätte ich mir für Frau Bergerhausen gewünscht.
     
    Schwarz gekleidete Menschen hatten Manuel schon immer ein Unbehagen verursacht, das er sich nicht so recht erklären konnte. Genau wie große schwarze Vögel. Vor Raben und Krähen, die wie Totengräber über die Felder staksten, hatte er regelrecht Angst.
    Seine Schwestern, die davon wussten, hatten ihm früher oft Gruselgeschichten erzählt, die in einsamen Wäldern spielten und in den finsteren Gassen vergessener Orte. Fledermäuse hingen in Schuppen und Scheunen von der Decke herab, und Vampire in wehenden schwarzen Umhängen schwebten durch frostige Vollmondnächte, auf der ewigen Suche nach dem Blut kleiner Menschenjungen.
    Manchmal hatten Manuels Schwestern sich einen Spaß daraus gemacht, ihm lange schwarze Vogelfedern ins Bett zu legen. Am Abend hatte er arglos die Bettdecke zurückgeschlagen und schreckensstarr seinem Albtraum ins Gesicht geblickt. Das Lachen der Mädchen war durch das Haus gehüpft, und er hatte gewusst, dass sie niemals aufhören würden, ihm solche Dinge anzutun.
    Es hatte ihn in der Frühe deshalb alle Überwindung gekostet, den Friedhof zu betreten und sich eine Stelle zu suchen,  von der aus er ungesehen das Geschehen beobachten konnte. Der halb verfallene, von Efeu überwucherte Schuppen in einem der angrenzenden Gärten hatte sich förmlich angeboten. Das Haus, zu dem er gehörte, schien nicht bewohnt zu sein. Die Rollläden waren heruntergelassen. Der Garten wirkte verwahrlost.
    Manchmal, hatte Manuel gedacht, fiel einem das Glück direkt vor die Füße.
    Das Fernglas hatte er als Junge irgendwann auf einem Flohmarkt von einem unbewachten Stand gestohlen. Er hatte es gehütet wie einen Schatz, sich immer neue Verstecke dafür ausgedacht. Niemand hatte es jemals gefunden, nicht einmal der Onkel, der seine dreckigen Finger in alles gesteckt hatte, was ihn nichts anging.
    Der Onkel, diese Mumie. Dieses Scheusal mit dem hinfälligen Körper und den starken, bösen Gedanken, die vergeblich dagegen rebellierten, in diesem Gefängnis aus brüchigen Knochen und ledriger, schlaffer Haut eingesperrt zu sein.
    Manuel hatte die unfreiwilligen Erinnerungen abgeschüttelt und sich auf seine Beobachtungen konzentriert. Zuerst hatte die Megafonstimme des Pfarrers seine Ohren erreicht, dann der kraftlose Chor der übrigen Stimmen. Kurz darauf war der dunkle Zug der Trauergäste aufgetaucht. Allen voran der Sarg.
    Kurz war das Gesicht der noch lebenden Putzfrau vor Manuels Augen aufgeblitzt, doch er hatte sich rasch wieder in der Gewalt gehabt.
    Ehemann. Familie. Freunde. Das ganze verdammte Dorf.
    Natürlich hatte Manuel von Anfang an die Polizisten bemerkt, auch wenn sie keine Uniformen trugen. Zwei waren es. Sie hatten sich geschützte Plätze gesucht, um Aufnahmen zu machen. Manuel grinste in sich hinein. Glaubten sie wirklich, er wäre so blöd, sich unter die Trauergäste zu mischen?
    Sie würden noch kapieren, wer hier die Fäden in der Hand hielt.
    Manuel spürte ein Gefühl in sich aufsteigen, das er nicht kannte.
    Allmacht.
    So musste Gott sich gefühlt haben, als er die Welt erschuf (und so würde der Teufel sich fühlen, wenn er sie wieder zerstörte).
    Das Fernglas holte die Gesichter nach Belieben heran. Blass und angegriffen die meisten, die Züge wie eingefroren. Es war schon eine komische Sache mit der Trauer. Manuel hatte oft getrauert. Um die Kaninchen, die der Onkel geschlachtet hatte, nachdem sie fett genug geworden waren. Um die Freunde, die nach dem ersten Besuch bei Manuel zu Hause nie wiedergekommen waren, ohne ihm zu verraten, warum. Und vor allem um die Liebe seiner Eltern, die doch irgendwann einmal existiert haben musste.
    Die hier trauerten um eine Frau, die Manuel nicht gekannt hatte. Und doch war er ihr für einen Moment näher gewesen als irgendwem sonst.
    Er beneidete die Leute um ihr Gefühl. Er hätte alles dafür gegeben, einen Schmerz zu spüren. Es verunsicherte ihn, dass er so ungerührt war und so beherrscht.
    Nein, korrigierte er sich. Er war konzentriert. Es war nicht

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