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Der Schattengaenger

Der Schattengaenger

Titel: Der Schattengaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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war Bert sich sicher.
    Er war außerdem der festen Überzeugung, dass es sich bei dem Täter und Imke Thalheims Stalker um ein und dieselbe Person handelte. Und da setzten seine Überlegungen an: Konnte es nicht sein, dass der Täter hier war, um sich zu vergewissern, ob der Tod ihrer Putzfrau Imke Thalheim nach Hause gelockt hatte?
    »Beweise oder Spekulation?«, hatte der Chef gefragt. Zu Recht, denn auf das dünne Eis von Vermutungen durfte ein Ermittler sich nicht wagen, ohne befürchten zu müssen, bei der ersten Schwachstelle einzubrechen.
    Bert hatte keine Beweise in der Hand. Noch nicht. Es waren keine anderen Fingerabdrücke sichergestellt worden als diejenigen der Personen, mit denen in der alten Mühle zu rechnen gewesen war.
    »Ein Profi also«, hatte der Chef haarscharf gefolgert und die Stirn in speckige Falten gelegt.
    Bert fand, dass der Begriff »Profi« einen Stalker nicht treffend beschrieb. Anders als ein Profi, wurde ein Stalker hauptsächlich von Emotionen getrieben. Sein Ziel war einzig und allein die Erfüllung seiner Bedürfnisse. Doch diese Gedanken behielt er für sich.
    Vater unser …
    Bert beobachtete die Trauergäste. Und fragte sich, was in der alten Mühle geschehen war.
    Der Stalker war durch eines der Kellerfenster eingedrungen. Regina Bergerhausen, die außerplanmäßig zum Putzen erschienen war, hatte ihn im Haus überrascht. Bert skizzierte in Gedanken die möglichen Varianten.
    Die erste: Sie hatte panisch reagiert, und er hatte die Kontrolle verloren, als es ihm nicht gelang, sie zu beruhigen.
    Die zweite: Sie hatte sein Gesicht gesehen, und er hatte sie ausgeschaltet, damit sie ihn später nicht identifizieren konnte.
    Die dritte: Er hatte sie zwingen wollen, Imke Thalheims Aufenthaltsort preiszugeben, und war außer sich geraten, als sie sich widersetzte.
    Die vierte: Er hatte sie umgebracht, um Imke Thalheim dadurch zur Rückkehr zu zwingen.
    Bert tendierte zur dritten Möglichkeit, konnte das jedoch nicht begründen. Die vierte Variante schloss er aus, denn der Täter hatte mit der Anwesenheit der Putzfrau nicht rechnen können.
    Er war überrascht worden. Daran hielt Bert fest. Aber wobei? Auch hier gab es mehrere Möglichkeiten.
    Erstens: Er hatte lediglich Imke Thalheims Nähe gesucht,  indem er ihre Räume in Besitz nahm und sich in ihnen bewegte.
    Zweitens: Er war eingestiegen, um eine weitere seiner spektakulären Botschaften zu hinterlassen.
    Drittens: Er hatte herausfinden wollen, wo Imke Thalheim sich aufhielt.
    Auch hier tendierte Bert zur dritten Variante. Wenn der Täter Hinweise auf Imke Thalheims Aufenthaltsort finden wollte und dabei überrascht worden war, konnte er versucht haben, die Informationen aus der Putzfrau herauszupressen.
    … Erde zu Erde …
    Die Trauergäste hielten die Köpfe gesenkt. Sie nahmen Abschied von einem Menschen aus ihrer Mitte. Bert fühlte sich unbehaglich in seiner Beobachterrolle. Seine Distanz erschien ihm herzlos und kalt.
    … Asche zu Asche …
    Aber es war seine Aufgabe, den Mörder zu finden. Er war es dem Opfer schuldig. Und Imke Thalheim, die er mehr denn je vor diesem Mann beschützen musste.
    … Staub zu Staub …
    Der Täter musste hoffen, Imke Thalheim mit seiner Tat nach Hause zurückgelockt zu haben. Wie würde er jetzt, da sie der Trauerfeier ferngeblieben war, auf die Enttäuschung reagieren?
    Bert dachte an das Telefongespräch mit Imke Thalheim zurück. Nur mit größter Mühe hatte er sie davon abhalten können, den heimlichen Wunsch ihres Verfolgers zu erfüllen.
    »Das ist es doch, was er will«, hatte er ihr erklärt. »Dass Sie zurückkommen. Zu der Beerdigung. Zu ihm. Denn so wird er das sehen.«
    Sie hatte gar nicht zugehört, so sehr war sie damit beschäftigt gewesen, sich selbst zu zerfleischen. »Hätte ich mich nicht feige verkrochen, wäre Frau Bergerhausen noch am Leben.«
    »Feige? Meinen Sie das ernst? Zum Untertauchen gehört sehr viel mehr Mut, als man glaubt.«
    »Wenn Frau Bergerhausen gewusst hätte, wo ich bin …«
    »… wäre sie mit großer Wahrscheinlichkeit dennoch getötet worden.«
    Die meisten Menschen, die in einen Mordfall verwickelt wurden, reagierten mit Schuldgefühlen. Sie schleppten sie oft Jahr um Jahr mit sich herum. Manche verloren sie nie. Es war jetzt wichtig, die richtigen Worte zu finden.
    »Hören Sie auf, sich zu quälen«, sagte Bert behutsam. »Niemand weiß, was genau passiert ist. Wir wissen ja noch nicht einmal, ob es sich bei dem Täter überhaupt um Ihren

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