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Der Schattengaenger

Der Schattengaenger

Titel: Der Schattengaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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hatte es in dieser Gegend eine Serie von Einbrüchen gegeben, verübt von organisierten Banden, die durch das Land streiften, willkürlich von der Autobahn abfuhren und sich den nächstliegenden Ort vornahmen.
    Mit brutaler Gewalt verschafften sie sich Einlass, hebelten Türen und Fenster auf, zerschlugen Fensterscheiben, vergifteten Hunde, die ihnen im Weg waren, und griffen auch schon mal zur Waffe.
    Die Einbrüche fanden meistens zwischen sechzehn und zwanzig Uhr statt, im Schutz der Dämmerung oder der Dunkelheit. Die Diebe waren hauptsächlich an Geld und Schmuck interessiert, an Kameras und Laptops, und sie gingen mit einer außerordentlichen Kaltblütigkeit vor. Tilo hatte sogar von Einbrüchen gehört, die stattgefunden hatten, während die Bewohner zu Hause gewesen waren.
    Er bog in die Theresienstraße ein und versuchte, die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit von dreißig Stundenkilometern nicht zu überschreiten. Dabei schwenkte sein Blick achtsam von einer Straßenseite zur andern.
    In den vergangenen Tagen hatte er sich nicht nur draußen beobachtet gefühlt, sondern auch in seiner Praxis. Er hatte sich dabei ertappt, wie er Wände und Decken abgesucht hatte, um irgendwo das winzige Auge einer Kamera zu entdecken.
    Auch Ruth schien sich unbehaglich zu fühlen. Sie verhielt sich anders als sonst, war am Telefon fast schon zugeknöpft, plauderte nur noch mit den Patienten, die sie seit Jahren kannte, ließ ihren Schreibtisch nie unbeaufsichtigt und verbrachte die Mittagspausen meistens in der abgeschlossenen Praxis.
    Beide schwiegen sich über ihre Befürchtungen aus. Beiden war dabei unwohl zumute. Sie hatten zugelassen, dass ein Tabu sich zwischen sie drängte.
    Als Tilo endlich vor seiner Wohnungstür angelangt war und sie unbeschädigt fand, hätte er sich beruhigen sollen, doch sein Herz fing an zu hämmern. Mit angehaltenem Atem steckte er den Schlüssel ins Schloss.
    Nichts war verändert. Wohnzimmer. Arbeitszimmer. Schlafzimmer. Küche. Bad. Alles in Ordnung, jedes Möbelstück an seinem Platz. Tilo entspannte sich. Er warf die Schlüssel auf den Couchtisch, legte das Handy ab und öffnete die Terrassentür. Gemächlich trat er ins Freie hinaus, schob die Hände in die Hosentaschen und füllte seine Lungen mit der klaren, frischen Luft, die schon nach Frühling schmeckte.
    Eine blasse Aprilsonne schien, der erste Käfer des Jahres krabbelte auf Tilo zu, eine bunte Katze verschwand unter einem Strauch mit hellgrünen jungen Blättern. Alles war, wie es sein sollte. Vielleicht konnte Tilo es tatsächlich bald wagen, ins Sauerland zu fahren, um Imke zu besuchen.
    Als er sich umdrehte, um wieder hineinzugehen, sprang es ihm in die Augen. Jemand hatte mit grellroter Farbe etwas an die Hauswand geschmiert. Einen einzigen Satz nur.
    Sie gehört MIR!
    Tilo stolperte ins Wohnzimmer, griff nach dem Handy und rief den Kommissar an.
     
    Manuels Laune hatte ihren Tiefpunkt erreicht. Er ging seinen Kollegen aus dem Weg und versuchte auch, sich vor den Kundengesprächen zu drücken. Vorsichtshalber. Richie traute sich kaum noch an ihm vorbei, so oft war er in den vergangenen Tagen von ihm angeschnauzt worden.
    Lars und Tonio nahmen es gelassen. Sie kannten sich aus mit Manuels wechselhaften Stimmungen und hatten sich im Laufe der Jahre ein dickes Fell zugelegt, das locker die eine oder andere Explosion vertrug.
    Der Meister tauchte kaum noch hier auf. Er hatte irgendein Ding mit dem Boss laufen und war ständig mit ihm unterwegs.
    Das konnte nicht gut gehen. Auf Dauer würde der Betrieb das nicht verkraften. Aber Manuel war es egal. Er würde immer einen Job finden, wenn er einen haben wollte. Wahrscheinlich würde er sich ohnehin bald auf die Suche machen müssen, denn lange würde der Boss sein eigenbrötlerisches Verhalten nicht mehr tolerieren.
    Manuel hatte nur noch einen Gedanken: Imke Thalheim, und wie er sie finden könnte. Alles sonst hatte an Bedeutung verloren. Eine Wand hatte sich zwischen ihm und den andern aufgerichtet, unsichtbar, aber undurchdringlich.
    Sei freundlich, dachte er. Rede mit ihnen. Und wenn es nur über Fußball ist oder übers Wetter. Gib ihnen, was sie brauchen, ein bisschen Aufmerksamkeit und Anerkennung, ein Schulterklopfen. Er zwang sich dazu, Richie hin und wieder zu loben. Über Tonios Witze zu lachen. Er brachte Lars, der auf Bioprodukte abfuhr, Honig von einem Imker mit, an dessen Hof er beim Joggen vorbeikam.
    Unauffälligkeit, das war das Zauberwort.
    Die Arbeit fiel

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