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Der Schattengaenger

Der Schattengaenger

Titel: Der Schattengaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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vergessen konnte. Er selbst war in der Lage, sich zu verteidigen, aber das Mädchen war nicht stark genug. Noch nicht. Sie hatte zu viel durchgemacht. Sie holte doch gerade erst wieder Luft.
    Er musste mit ihr sprechen. Auch über den Vorfall mit diesem Lukas. Wieso war Jette Hals über Kopf aus dem Haus gestürmt? Warum hatte der junge Mann sich so merkwürdig verhalten? Ohne ein Wort der Erklärung war er verschwunden.
    Tilo beschloss, eine Kleinigkeit zu essen und dann mit Jette zu telefonieren. Danach würde er Imke anrufen. Er hatte noch im Ohr, was sie ihm auf seine Mailbox gesprochen hatte. Ich wollte dir nur sagen, dass ich dich vermisse.
    Sie hatte ihm erzählt, dass sie mit dem Kommissar verabredet war. Es hatte Tilo einen Stich versetzt, dass der Kommissar sie sehen durfte, während er selbst sich zurückhalten musste. Vielleicht gerade aus diesem Grund wollte er sie bei ihrem Gespräch nicht stören. Er würde sich später bei Imke melden und versuchen, sie aufzuheitern, falls sie unangenehme Neuigkeiten über den Stalker erfahren hätte.
    Er räumte seine Unterlagen zusammen und nahm die leere Teetasse mit in die Küche. Draußen war es mittlerweile dunkel geworden. Sein Schatten bewegte sich auf den schwarzen Fensterscheiben wie sein Zwilling.
    Schatten, dachte Tilo. Schattengänger.
    Zum ersten Mal, seit er in der Mühle lebte, war er versucht, die Rollläden herunterzulassen. Und zum ersten Mal, seit er Imke kannte, musste er sich eingestehen, dass er eifersüchtig war.
     
    Unser Bauernhof war mir von Anfang an eigentümlich vertraut gewesen. Als hätte ich ihn in einem früheren Leben schon gekannt. Nur manchmal entstand eine Stimmung in den Räumen, die mich überraschte, weil sie fremd war und ungewohnt. So wie jetzt. Draußen zog sich das Licht zurück und überall machten sich die Schatten breit.
    Merle bemerkte mein Frösteln sofort. »Was hast du?«
    »Nichts«, wehrte ich ab. »Mir ist nur ein bisschen unheimlich zumute. Ich muss mich erst an die neue Umgebung gewöhnen.«
    »Das liegt nicht am Haus«, behauptete Merle. »Das liegt daran, dass wirklich etwas Unheimliches im Gange ist.« Sie beugte sich zu mir vor. »Mich hat heute jemand verfolgt.«
    Alarmiert starrte ich sie an.
    »Kennst du das Gefühl, dass dir Blicke im Nacken sitzen?«
    Ich nickte.
    »Und dann hat mir jemand vorm Supermarkt die Reifen aufgeschlitzt.«
    Merle ist die unerschrockenste Person, die ich kenne. Sie hat vor gar nichts Angst und stellt sich jeder Herausforderung, doch jetzt saß sie ganz klein und beklommen am Tisch und wich meinem Blick aus, als schämte sie sich ihres Unbehagens.
    »Glaubst du, das war ein und dieselbe Person?«, fragte ich.
    »Jede Wette. Aber ich kann es natürlich nicht beweisen. Ich könnte ja noch nicht mal beschwören, dass mir tatsächlich jemand gefolgt ist.«
    »Du hast es nur gespürt.«
    Merle nickte. »Mit Gefühlen kannst du den Bullen aber nicht kommen.«
    »Dem Kommissar schon.« Wenn ich einem Polizisten zutraute, Merles Instinkt ernst zu nehmen, dann ihm. »Er kennt uns. Er weiß, dass wir uns nichts zurechtspinnen.«
    »Er weiß aber auch, dass wir ihm ständig ins Handwerk pfuschen.« Ein verschmitztes Lächeln huschte über Merles Gesicht und ließ für einen Moment ihre Augen leuchten.
    »Du solltest es ihm erzählen, Merle. Bei euren Aktionen legt ihr euch mit so vielen Leuten an, vielleicht will sich einer von denen an dir rächen.«
    »Klasse Idee!« Merle gab ihrer Kaffeetasse einen Stoß, der sie über den halben Tisch segeln ließ. »Als militante Tierschützerin die Bullen um Hilfe zu bitten!«
    »Nicht die Bullen - den Kommissar. Das ist doch ein Unterschied.« In der nächsten Sekunde war ich mir nicht mehr sicher, dass ich damit richtiglag. »Haben Dorit, Bob und die andern auch das Gefühl, verfolgt zu werden?«
    Merle schüttelte den Kopf. »Und wenn das gar nichts mit dem Tierschutz zu tun hat?«, fragte sie. »Wenn …«
    In diesem Augenblick läutete das Telefon. Es war Tilo, der wissen wollte, warum ich so fluchtartig das Haus verlassen hatte. Ich erklärte es ihm kurz und bündig, und er hörte zu und stellte keine weiteren Fragen. Seine absolute Diskretion war einer der Gründe dafür, dass ich ihn beim Kennenlernen auf Anhieb ins Herz geschlossen hatte.
    Doch sein Anruf hatte noch einen Grund.
    »Ich möchte dir keine Angst machen«, sagte er, »aber ich glaube, dass der Stalker, der deine Mutter belästigt, seine  Kreise erweitert. Er hat mir eine

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