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Der Schattenprinz

Der Schattenprinz

Titel: Der Schattenprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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legte er sich ins Gras und sah zu, wie sich am blauen Himmel Wolken zusammenballten.
    Ein Adler segelte mit ausgebreiteten Schwingen hoch im Aufwind, scheinbar reglos, während er mit der warmen Luft aufstieg.
    Ein Alpenschneehuhn flatterte heran, die Federn noch gefleckt und teils weiß - eine perfekte Tarnung, da noch immer hier und dort ein wenig Schnee lag. Tenaka betrachtete den Vogel. Im Winter war sein Gefieder reinweiß vor dem Schnee, während er im Sommer grau und braun gefleckt war, so daß er auf den Felsen hocken konnte - das Abbild eines Steins. Das Gefieder war sein einziger Schutz.
    Das Schneehuhn flog auf, und der Adler stieß herab wie ein Pfeil. Aber er flog gegen die Sonne, und sein Schatten fiel auf das Schneehuhn, das gerade noch ausweichen konnte, als die Klauen zuschlagen wollten. Der gefleckte kleine Vogel floh ins Gebüsch.
    Der Adler ließ sich, ganz gekränkte Würde, auf einem Ast in Tenakas Nähe nieder. Der Nadirkrieger lehnte sich zurück und schloß die Augen.
    In der Schlacht hatten sie großes Glück gehabt, und die Strategie würde nicht noch einmal wirken. Sie hatten sich eine Atempause verschafft, mehr nicht. Ceska hatte die Legion ausgeschickt, um einigen Rebellen das Fürchten zu lehren - hätten sie gewußt, daß es um Tenaka Khan ging, hätten sie eine andere Taktik verfolgt. Jetzt wußten sie es … Jetzt würden sich Ceskas konzentrierte Fähigkeiten gegen Tenaka richten.
    Wie viele Männer würde Ceska jetzt gegen sie aufbringen?
    Da war der Rest der Legion - viertausend Mann. Etwa zehntausend einfache Soldaten. Die Pikenträger von Drenan, bei der letzten Zählung zweitausend. Aber erschreckender als alles andere waren die Bastarde. Wie viele hatte er wohl erschaffen? Fünftausend? Zehntausend?
    Und wie mußte man sie gegen normale Männer aufrechnen? Ein Bastard gegen fünf? Selbst dann waren diese Bestien fünfundzwanzigtausend Soldaten wert.
    Ceska würde kein zweites Mal den Fehler begehen, die Rebellion in Skoda zu unterschätzen.
    Müdigkeit legte sich wie ein Leichentuch auf Te-naka. Sein erster Plan war so einfach gewesen: Ceska töten und sterben. Jetzt wirbelten die Verwicklungen seines Vorlebens in seinen Gedanken herum wie Nebelfetzen.
    So viele waren tot, so viele würden noch sterben.
    Er ging zurück zu seinem Feuer und legte Holz nach; dann legte er sich daneben und wickelte sich in seinen Mantel. Er dachte an Illae und sein Zuhause in Ventria. Wie schön waren diese Jahre gewesen.
    Dann erschien Renyas Gesicht in seinen Gedanken, und er lächelte. Sein Leben lang hatte er Glück gehabt. Er war traurig und einsam gewesen, aber er hatte Glück gehabt. Eine so hingebungsvolle Mutter wie Shillat zu haben, das war Glück.
    Oder einen Mann wie Ananais zu finden, der ihm zur Seite stand. Oder beim Drachen zu sein, Illae zu lieben, Renya zu finden .
    Ein so günstiges Schicksal war ein Geschenk, das die Einsamkeit und den Schmerz, zurückgewiesen zu werden, mehr als wettmachte. Tenaka begann zu zittern. Er legte noch mehr Holz nach, legte sich wieder hin und wartete auf die Übelkeit, von der er wußte, daß sie kommen würde. Zuerst setzten die Kopfschmerzen ein, helle Lichter, die in seinen Augen flackerten. Er atmete tief und versuchte, vor dem Ansturm Ruhe zu finden. Der Schmerz wurde stärker und wühlte mit feurigen Krallen in seinem Kopf.
    Vier Stunden lag zerrte der Schmerz furchtbar an ihm. Dann ließ er nach, und Tenaka schlief ein …
    Er war in einem dunklen Gang, der bergab führte und in dem es eiskalt war. Zu seinen Füßen lagen die Skelette mehrerer Ratten. Er trat über sie hinweg, und die Skelette bewegten sich, die Knochen klapperten in der Stille. Sie huschten davon in die Dunkelheit. Tenaka schüttelte den Kopf und versuchte, sich daran zu erinnern, wo er war. Vor ihm hing ein Toter in Ketten; sein Fleisch war verwest.
    »Hilf mir!« bat der Mann.
    »Du bist tot. Ich kann dir nicht helfen.«
    »Warum willst du mir nicht helfen?«
    »Du bist tot.«
    »Wir alle sind tot. Und niemand will uns helfen.«
    Tenaka ging weiter, auf der Suche nach einer Tür. Der Gang führte ständig abwärts. Dann erweiterte er sich zu einer Halle mit hohen Säulen, die sich ins Nichts emporschwangen. Schattenhafte
    Gestalten erschienen mit schwarzen Schwertern in den Händen.
    »Jetzt haben wir dich, Fackelträger«, sagte eine Stimme.
    Sie trugen keine Rüstung, und das Gesicht des Anführers kam ihm bekannt vor. Tenaka zermarterte sich das Hirn, sich an den

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