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Der Schattensucher (German Edition)

Der Schattensucher (German Edition)

Titel: Der Schattensucher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timo Braun
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bekämpft. Verhandlungen schienen mir der weisere Weg zu sein. Ich konnte mit dem Anführer der Gruppe aushandeln, dass wir auf einen Vernichtungsschlag verzichten, wenn die Gruppe von nun an jede Aktivität gegen Briangard einstellt. Außerdem wurde verabredet, dass dieser Mann uns bei der Entlarvung des Betrügers Linus behilflich sein wird.«
    Er bat Nadal um eine Erklärung und Levin musste sich noch einmal sämtliche Vorwürfe anhören. Am Ende vergaß Nadal nicht zu ergänzen: »Wir hatten beschlossen, diesen Mann zu beauftragen, weil er uns unter dem Namen Schattensucher als der fähigste Dieb und Betrüger in Alsuna bekannt war. Unzählige Bürger der Stadt wurden bereits von ihm beraubt. Die Stadtwache hat auf seine Ergreifung einen Betrag von fünfhundert Makel ausgesetzt. Ihn würde nichts Geringeres als die Todesstrafe erwarten.« Damit richtete Nadal zum ersten Mal einen von Genugtuung erfüllten Blick auf Levin.
    Eine Diskussion brach aus, vornehmlich zwischen den Gelehrten. Dass Nadals Aussage Levins Schuld endgültig besiegelte, war unumstritten. Die verbleibende Frage lag in der Höhe der Strafe.
    »Es ist nicht erkennbar, dass der Beschuldigte eine todeswürdige Tat hier auf Briangard begangen hat. Er hat niemanden ermordet und auch keine Absicht dergleichen gezeigt. Was er in Alsuna verbrochen hat und welche Strafe darauf steht, darf für uns nicht relevant sein. Die angemessene Strafe für seine Verbrechen ist ein lebenslanger Verbleib im brianischen Verlies«, argumentierten die einen.
    »Zu keiner Zeit hat der Erbauer seinen Anspruch widerrufen, Herrscher über ganz Alsuna zu sein. Ein Mann, der sowohl in Alsuna als auch auf Briangard schuldig geworden ist, muss vom Erbauer für beides gerichtet werden. Die Todesstrafe, die ihm in Alsuna zusteht, muss auch hier gelten«, sagte die zweite Gruppe.
    Jason war in den Hintergrund getreten und hielt sich aus der Diskussion heraus. Levin hatte vollends resigniert und beschlossen, das Urteil abzuwarten. Während die Gelehrten debattierten, bemühte er sich, seinen Blick möglichst in eine neutrale Richtung zu lenken. Thanos war darin geübt, in seine Seele zu blicken. Und Levin war sich sicher, dass Thanos dort nicht allzu viel finden würde, was ihn milde hätte stimmen können.
    Schließlich hob der Erbauer die Hand und brachte die Diskussion augenblicklich zum Verstummen. Alle schauten ehrfürchtig in seine Richtung, Levin blickte zu Boden. Eine lange Stille setzte ein. In wenigen Augenblicken würde alles vorbei sein, niemand würde mehr ein Wort darüber verlieren, welches Urteil angemessen sei.
    Und dann ertönten aus dem Dämmerlicht die kargen Worte: »Er muss sterben.«

40. Kapitel
    Alsuna, Jahr 296 nach Stadtgründung
    Es war die Nacht, in der sich alles entschied.
    Seit zwei Tagen lag Alvin im Stroh, mit jeder Stunde glaubte er von Neuem, das Fieber würde ihn vollends auffressen.
    Er schien der Decke entgegenzuschweben und sich gleichzeitig immer weiter von ihr zu entfernen. Da waren diese Bretter mit den dunklen Figuren, die nicht über die Linien springen konnten. Sie bewegten sich und waren doch immer gleich. Redete er gerade oder waren andere Leute da? Redete jemand in ihm? Sein Kopf, sein elender Kopf drückte! Wenn er doch bald zerbersten würde! Alles staute sich in ihm und presste, presste gegen seine Augen. Ob sie bald herausfielen?
    Gut, dass er allein war, sagte ihm die Stimme des verlorenen Bewusstseins von irgendwoher. Gut, so hast du es gewollt. Keiner, der dich ansieht und dir ein Fläschchen bringt. Nur du und dein elendes Pressen. Lass es weiterpressen.
    Es presste weiter – unendliche Stunden, vielleicht auch nur Sekunden. Es presste alle Sinne aus ihm heraus, bis er bald nicht mehr sehen, nicht mehr hören, nur noch fühlen konnte. Und was er fühlte, war nichts als das Pressen. Vielleicht brüllte er, aber nein, das konnte nicht sein, sonst wäre der Bauer ja gekommen, sagte ihm wieder das immer leisere Bewusstsein.
    Vor seinen Augen wurde die schwarze Fläche ausgerollt. Ein Schwamm wischte alle hellen Flecken weg. Jetzt war er beim Nichts angelangt. Und jetzt entschied sich, ob es noch schwärzer werden würde oder ob er die Fläche gestalten konnte. Zuerst wechselte es sich ab: Bilder fingen an zu entstehen und wurden sogleich vom schwarzen Nichts aufgesogen. Immer von Neuem setzte er Bilder auf die Fläche, doch keines blieb bestehen.
    Dann merkte er, dass er die falsche Schlacht schlug. Er ließ die Fläche schwarz

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