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Der Schattensucher (German Edition)

Der Schattensucher (German Edition)

Titel: Der Schattensucher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timo Braun
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halten zu können.
    Ich habe heute fast meinen Beutel im Regen gelassen … , stand da. Es folgten ein paar verwischte Zeilen … meine Fläschchen mit dem Granulat und meinen Ölvorrat gerettet. Nicht auszudenken, wenn etwas davon beschädigt worden wäre. Hier in der Scheune ist es zwar kalt, aber trocken. Tagsüber verstecke ich die Sachen unterm Stroh.
    Levin las ein Stück weiter, doch Thanos schien zum ersten Mal mit seinen Gedanken abzuschweifen. »Warte mal, warte mal«, sagte er und hob die Hand. »Lies das von vorhin noch einmal.«
    »Das mit dem Beutel?«
    »Ja.«
    » … meine Fläschchen mit dem Granulat und meinen Ölvorrat gerettet. «
    »Halt. Das reicht. Ist das zu fassen!«, rief Thanos. Er schien noch mehr überwältigt von seinen eigenen Gedanken und machte immer größere Augen.
    »Ich verstehe dich nicht.«
    »Das Granulat. Er hat es in die Scheune mitgenommen.«
    »Von welchem Granulat spricht er?«
    »Meskanglas. Ist das zu fassen! Levin, mach dich sofort bereit! Es ist noch nicht zu spät.«

53. Kapitel
    Levin galoppierte so schnell, dass ihm der Wind um die Ohren pfiff. Die Häuser und Straßen flogen an ihm vorbei. In dieser Nacht schoss er durch das Herz von Alsuna, ohne der Stadt die geringste Aufmerksamkeit zu schenken. Er dachte nicht über den Weg nach, allein die Instinkte führten seine Zügel. Auf seiner Haut war es eisig kalt, aber sein Inneres kochte und tobte und er drängte das Pferd, noch schneller zu galoppieren.
    Er fegte die Straße am Fluss entlang, leistete sich einen Wettlauf mit der Strömung und kam schließlich kurz nach Mitternacht auf dem Platz an, wo vor zwei Wochen eine Menge Blut vergossen worden war. Als er das Haus erreichte, ließ er das Pferd anhalten, band es an einen Holzpfahl und ging einige Schritte auf den Steg hinaus. Alles war so ruhig geworden. Die Stadtwachen hatten Türen und Fenster mit Brettern zugenagelt, den Platz hatte man von den Spuren der Schlacht gereinigt.
    Mein letzter Besuch in der Dunkelheit , murmelte er.
    Er streifte sein Oberteil ab, trat an den Rand des Stegs und sprang kopfüber ins Wasser. Die unerträgliche Kälte umklammerte ihn, er machte schnelle Bewegungen, um sie abzuschütteln. Er durfte nicht zögern. Geradewegs tauchte er auf das Loch im Gewölbe zu. Ein bisschen war es im Mondlicht zu erkennen. An den Steinen drückte er sich durch das Loch, dann war er gänzlich in der Finsternis.
    Der Wasserpegel konnte nicht bis zur Decke der Halle reichen, das wusste er. Wenigstens einen Meter Luftraum würde es geben. Er ruderte in die Richtung, von der er glaubte, dass sie zur Decke führte. Das Wasser schien nicht enden zu wollen. Seine Lunge verlangte nach Sauerstoff. Dann, endlich, erreichte er die Oberfläche, streckte den Kopf hoch und schnappte hektisch nach Luft. Mit den Armen griff er nach oben, um das Gewölbe über sich zu betasten.
    Er musste ans andere Ende der Halle. Mit dem Kopf über Wasser schwamm er unter der Decke entlang, merkte, dass es eine ordentliche Strecke war und musste dabei allerlei hölzerne Gegenstände aus dem Weg räumen. Schließlich erreichte er die Wand am Hallenende. Noch immer nichts als Dunkelheit. Er versuchte sich zu erinnern, wo die drei Körper gelegen hatten. Irgendwo unter ihm, nicht weit von der Wand entfernt.
    Dann atmete er tief ein, hielt die Luft an und tauchte hinab. Mit schnellen Zügen versuchte er die Distanz zum Boden zu verkürzen. Er hätte die Augen schließen können, ohne dass es einen Unterschied gemacht hätte. Das Schwarz um ihn herum war so finster, dass er es fast hätte greifen können. Je tiefer er tauchte, umso dunkler erschien es ihm – fast, als tauche er der Finsternis in die Arme.
    Zum letzten Mal siehst du mich heute und dann nie wieder , dachte er. Mich wirst du nicht bekommen und sie auch nicht.
    Seine Hände stießen gegen etwas Festes. Es fühlte sich an wie Metall. Er tastete weiter und erkannte einen Topf und andere Gefäße. Offenbar hatte er den Labortisch erreicht. In seinem Kopf begannen Bilder lebendig zu werden. Auf einmal sah er all die Gegenstände vor sich, die jetzt vom Wasser umgeben waren. Er sah den Labortisch mit den Instrumenten und Gefäßen, er sah die Meskanwaffen, die kreuz und quer auf dem Boden verteilt lagen, die Regale an den Wänden. Alles war faulig, tot und für immer an diesen Ort gebannt.
    Anhand des Tisches konnte er sich nun leicht orientieren. Er tauchte weiter bis zum Boden, tastete sich an den Steinplatten entlang, griff

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