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Der Schattensucher (German Edition)

Der Schattensucher (German Edition)

Titel: Der Schattensucher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timo Braun
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Soldaten? Sie mussten ihn doch zwischen den Hütten suchen. Da waren nur aufgescheuchte Bauern, Knechte, ein paar Kinder. Irritiert blickte er zum Wehrgang zurück. Er erschrak. Eine ganze Horde bewaffneter Wächter rannte auf der Mauer entlang, begleitet von hysterischem Hundegebell. Manche schauten in den Hof, manche auf der anderen Seite zum Fluss hinunter. Sie schienen den Eindringling überall zu vermuten.
    Was sind das für Wachen?! , fragte er sich empört. Unten brennt die Scheune nieder und sie verstärken ihre Posten auf der Mauer. Als wäre ich ein feindliches Heer, das mit Rammböcken ankommt.
    Er wollte rasch weiterklettern, ehe der Brand gelöscht war und man ihn sehen würde. Da hörte er das laute Rufen eines Wächters. Als er sich umdrehte, sah er den Mann, der offensichtlich das Seil auf dem Dach des Türmchens entdeckt hatte und nun in Levins Richtung zeigte. Die anderen Wächter riefen jetzt auch und versuchten etwas in dem Qualm zu erkennen.
    »Da hängt einer!«
    »Holt ihn euch!«
    »Ich sehe nichts!«
    »Wartet!«
    Levin sah nur benommen zu. Er wusste nicht, ob er weiterklettern oder loslassen sollte. Nein, er war viel zu hoch. Weit unter ihm war nur ein steinernes Dach. Und zum Turm klettern? Es war zu weit. Sie wussten genau, wo er war. Wie gelähmt verharrte er auf der Stelle.
    »Das wird er nicht überleben!«, rief jemand. Was würde er nicht überleben?
    Er musste nicht lange auf die Antwort warten. Von der Mauer ertönte das Schnalzen der Armbrustsehnen, kurz darauf zischten ihm Pfeile um die Ohren. Er zuckte zusammen, machte sich klein, wusste aber, dass er nicht in dieser Position bleiben konnte. Ein Pfeil nach dem anderen rauschte an ihm vorüber. Einer würde mit Sicherheit treffen.
    Kurz entschlossen zückte er sein Messer, setzte es unterhalb seines Fußes an und schnitt das Seil durch. Sofort spürte er, wie die Spannung im Seil nachließ und er abstürzte. Instinktiv fuhr er die Beine aus. Nur noch mit den Händen hielt er das Seil fest, das nun mit voller Wucht in Richtung des Turmes schwang. Was in den nächsten Momenten geschah, konnte er nur flüchtig wahrnehmen. Er hätte wenig Überlebenschancen gehabt, wenn sein Körper rücklings gegen den Turm geschleudert und er abgestürzt wäre. Doch es kam anders. Er brachte seine Beine rechtzeitig in Position, drehte sich, sah die Wand des Turmes auf sich zurasen und fing sich im Moment des Aufpralls mit den Beinen ab. Ein brennender Schmerz schoss durch seine Glieder, die Beine knickten zur Seite und der Rest des Körpers prallte mit einer Schulter voran gegen den Turm – doch er hielt fest.
    »Was ist?!«
    »Wo ist er?«
    »Ich glaube, er hängt noch«, hörte er von der anderen Seite.
    »Na los, schießt ihn ab!«
    Kurz darauf prasselten Pfeile gegen die Wand des Turmes, einer schlug knapp über ihm ein, prallte ab und fiel gegen seine Brust. Der Rauch und der Pfeilregen machten ihn benommen und verhinderten jeden nüchternen Gedanken. Doch angetrieben von irgendeinem Instinkt begannen seine Glieder, seinen Körper in Bewegung zu setzen. Er beugte sich vor und zurück, fing zu schwingen an und erreichte eine immer größere Schaukelbewegung. Die Schüsse wurden gezielter, doch jetzt war er kaum mehr zu treffen. Seine Sinne kehrten langsam zurück. Er verstärkte den Schwung und versuchte sich zu orientieren. Ja, ein paar Meter weiter musste es sein. Ganz trübe sah er die Steinfläche. Ein letztes Mal schwang er vor, zurück und wieder vor. Dann ließ er das Seil am höchsten Punkt los, flog einige Meter durch die Luft und landete mit einer Rolle auf dem flachen Steinboden, der eigentlich ein Dach war.
    Die Meskanhalle. Sie stand so nahe am Turm und war so hoch, dass er sie gerade noch erreicht hatte. Eine weite Fläche erstreckte sich vor ihm und er wusste augenblicklich, in welche Richtung er rennen musste.
    »Da hinten! Auf der Halle!«, hörte er die Männer. »Lasst ihn nicht entkommen!«
    Wieder flogen ihm Pfeile nach. Neben ihm, hinter ihm prasselte es hölzern auf dem Boden. Er machte große Sprünge, näherte sich schnell dem Rand des Daches und als er den Absatz erreicht hatte, schaute er nicht nach unten, sondern nach vorne, als wollte er einfach weiterrennen. Seine Beine bewegten sich fort, als er in die Tiefe stürzte, das Rauschen des Flusses hörte und in den Fluten der Stilla versank.

11. Kapitel
    Alsuna, Jahr 295 nach Stadtgründung
    »Ihr! Ihr allein tragt die Schuld! Ihr habt uns getäuscht! Ohne Euch wäre

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