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Der Schattensucher (German Edition)

Der Schattensucher (German Edition)

Titel: Der Schattensucher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timo Braun
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des Flurs, der zu den Gemächern des Grafen führte. Sein dunkelgrauer Anzug mit der tiefen Kapuze hüllte ihn ein. So konnte er alles um sich herum beobachten, ohne selbst bemerkt zu werden.
    Jetzt war es eine Stunde vor Mitternacht.
    Es war einfach gewesen. Durch die Passage an der Kaserne war er in den Innenhof gelangt; die Tür hatte er angelehnt. Er hatte sich von einem Schlupfwinkel zum nächsten zum Palast geschlichen, war vom Garten aus durch ein Fenster, das er tagsüber offen gelassen hatte, in den Keller gestiegen, von dort einen Kaminschacht hinauf in ein Zimmer im dritten Stock, dann hatte er sich mit lautlosen Schritten die Galerie entlang bis auf die andere Seite gearbeitet, während die Wache ahnungslos umherging. Jetzt stand er in seinem sicheren Versteck, eine Wache ging vor den Gemächern auf und ab und schien in dieser Nacht keine Besonderheiten zu erwarten.
    Levin schon. Immerzu schaute er in Richtung der Galerie, von wo sie kommen mussten, wenn sie zu Thanos wollten. Einen anderen Weg, außer vielleicht noch den durch die Meskanhalle, gab es nicht. Doch die Halle wurde über Nacht abgesperrt.
    Als fünf Minuten vergangen waren, wurde er nervös. Als sich die Zeit verdoppelt hatte, begann er nachdenklich zu werden. Wenn sie nicht über diesen Weg in den Palast gekommen waren, dann musste es einen Weg geben, den er noch nicht kannte. Eines stand fest: Durchs Labor waren sie auf jeden Fall gegangen, denn das Gemach des Grafen hatte nur diese Tür ins Labor, wie man ihm gesagt hatte.
    Verflucht, das hätte mir auch früher einfallen können! , schimpfte er sich.
    Wenn der Graf ungestört sein wollte, dann war auch der Beobachtungsposten beim Labor unbesetzt. Warum war er nicht sofort dort hingegangen?
    Er blickte sich um, wartete, bis die Wache um die Ecke verschwunden war, huschte aus seinem Versteck, rannte zur Galerie und duckte sich unter das Geländer. Es war ungewohnt, mit Wachen zu spielen, die er kannte. Aber es war ein Vorteil. Auf der anderen Seite der Galerie spazierte der Wächter, der bald seine Umrundung beendet hatte und die Nebenräume untersuchte. Als es so weit war und er in einer der Türen verschwand, stieg Levin auf das Marmorgeländer, sprang hoch und krallte sich in der Unterkante der nächsthöheren Galerie fest. Bedrohlich schwankte er in der Luft. Er wusste, dass er leicht zu sehen gewesen wäre, wenn es nicht Nacht gewesen wäre. Nur die Fackeln an den Wänden gaben Licht.
    Er klammerte sich an die Streben des Geländers, zog sich hoch und hörte auf einmal, wie ein Wächter näher kam. Das war der Posten im vierten Stockwerk. Er blieb hinter dem Geländer versteckt und wartete. Der Wächter machte vor ihm halt und schaute flüchtig in die Halle hinunter. Die Zeit schien ewig zu dauern, Levin schmerzten die Hände. Sein Gewicht zog ihn unerbittlich nach unten in Richtung Halle. Endlich setzte der Wächter seinen Weg auf der Galerie fort. Levin kletterte vollends das Geländer hinauf und eilte mit sachten Schritten in die Gegenrichtung. Unbemerkt erreichte er die Tür zum Kaminzimmer, öffnete sie leise und verschwand in dem düsteren Raum.
    Drinnen zündete er sich eine Kerze an und blickte sich um. Jetzt, wo er an den Wachen vorbei war, wurde seine innere Unruhe spürbar. Seine Hände zitterten, sein Atem ging schneller. Ich darf nicht zu spät sein! In dieser Nacht muss ich Darius treffen und Bericht erstatten.
    Schnell war ihm klar, wo er zu suchen hatte. Er ging zum Kamin, fand nach kurzem Abtasten die Kerbe, mit der er die Holzplatte anheben konnte, und sah kurz darauf in einen zwei Meter breiten Schacht hinunter. Etwa vier Meter weiter unten war der Boden. Offenbar war der Kamin zu keinem anderen Zweck errichtet worden, denn an der oberen Seite endete der Schacht nach einem halben Meter.
    Vorsichtig stieg er hinein, eine Holzleiter machte es ihm leicht. Bald war er unten, durch ein kleines Fenster fiel Licht herein. Ein enger Gang mündete von der linken Seite in den Schacht, vermutlich führte er zum Posten hinter der Bücherwand. Doch Levin interessierte sich nur für das Fenster. Als er hindurchschaute, erblickte er, wie erwartet, das ihm vertraute Labor. Eine geschickte Lösung , dachte er. Das Fenster war hinter dem Regal in die Wand gelassen, auf dem die Glasfiguren standen. Es fiel kein bisschen auf, wenn man im Labor war. Dagegen ließ sich vom Beobachtungsposten aus jeder Teil des Labors bestens erkennen.
    Links neben Levin hing eine Glocke. Sofort wusste er

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