Der Schattensucher (German Edition)
Pflaster. Er überquerte den alten Marktplatz im Galopp. Unruhig prasselte der Regen in den offenen Brunnen. Es ging weiter die breite Hauptstraße Richtung Süden hinab. Er hatte freie Bahn und nur hier und da sah er am Straßenrand ein paar einzelne Leute. Unzählige Häuser, von denen ihm die meisten bekannt waren, schossen an ihm vorbei. Wieder drehte er sich um.
Nun schwirr doch endlich ab! Du hast nichts in dieser Stadt verloren.
Allmählich spürte er, wie das Pferd nachließ.
Na los! Lass mich jetzt nicht im Stich. Ich schenke dir auch bald die Freiheit.
In kurzer Zeit hatten sie die Mitte der Stadt erreicht und Levin sah ein, dass er seinen Verfolger so nicht abhängen würde. Er musste sich etwas überlegen, bevor die Straße Richtung Westen in die Hauptstraße mündete.
Warum eigentlich nicht? , sagte er zu dem Gedanken, der ihm durch den Kopf schoss. Es würde die Sache abrunden. Riskant war es. Aber was blieb ihm anderes übrig?
Seine Entscheidung war gefallen.
Er riss das Pferd herum, als er die Einmündung erreichte, und ritt durch das Bürgerviertel Richtung Weststadt. Wie erwartet blieb ihm sein Verfolger beharrlich auf den Fersen. Nach einigen Minuten hatte er das Bürgerviertel durchquert und erreichte die Flusspromenade. Er jagte an der Stilla entlang bis zur nächsten Brücke, überquerte sie und ritt entschlossen ins Kaufmannsviertel hinein.
Der arme Sallas hat nicht den Hauch einer Ahnung, für was ich sein gutes Haus missbrauche. Ein echter Glücksfall, dass ich die Rittersonne bei ihm gefunden habe.
Die breiten Straßen und die Laternen machten ihm die Orientierung leichter. Ein paar Ecken musste er hinter sich bringen, dann sah er das wuchtige Haus von Sallas auf sich zukommen. Er drehte sich zu seinem Verfolger um – ein letztes Mal.
Erst auf den letzten Metern vor dem Haus ließ er das Pferd abrupt langsamer werden, ritt nahe ans Tor heran und donnerte mit der Faust mehrmals dagegen.
»Macht schnell!«, rief er. »Ein Wächter der Brianer ist hinter mir her!«
Ein Flügel wurde geöffnet, ein Kopf streckte sich heraus und schaute zu Levin, dann zu dem zweiten Reiter, der auf das Haus zukam. »Himmel, Ihr habt recht! Brianer im Anmarsch! Sofort die Schützen!«
Es wurde laut im Hof, oben auf dem Dach erschienen Männer. Augenblicklich zügelte Levins Verfolger sein Pferd. In ausreichendem Abstand blieb er stehen und sah ratlos zu dem Haus hinüber. Dann machte er rasch kehrt, als ihm die ersten Pfeile entgegenflogen. Levin atmete tief durch, als er das Pferd um die Ecke verschwinden sah.
»Danke, Ihr habt mich gerettet.«
26. Kapitel
Der Tumult am brianischen Hof war grenzenlos. Der Regen hatte aufgehört und die Menschen waren aus ihren Häusern gekommen. Die Nachricht machte die Runde, dass er wieder hier gewesen sei. Bis zu den Gemächern sei er vorgedrungen, um ein Haar hätte er den Erbauer erschossen. Bei manchen wurde ein Messerangriff daraus, andere sprachen von einem Kampf und erzählten, dass der Erbauer sich gegen den Angreifer habe wehren müssen. Und einige fragten die Soldaten besorgt, ob es dem Erbauer gut gehe, ob er noch lebe und ob man den Teufel schon gefasst habe.
Jason marschierte schnurstracks zwischen der lärmenden Menge im Hof hindurch auf das Innentor zu. Er ignorierte jeden, der ihn ansprach, ob Bauer oder Soldat.
Jetzt gab es nichts Wichtigeres als seine Besprechung mit dem Erbauer. Als er an seinem Stellvertreter vorbeikam, befahl er, alle verfügbaren Männer zu versammeln, die ganze Waffenausrüstung und sämtliche Pferde bereit zu machen.
Er setzte einen finsteren Blick auf, und dies bewirkte, dass ihm eilig das Palasttor geöffnet wurde, ohne dass er etwas sagen musste. Wenig später riss er die Tür zum Empfangssaal auf, marschierte hinein und zog die Blicke des Erbauers, Normans und dreier Berater auf sich.
»Herrlichkeit, soeben ist der Mann zurückgekehrt, der den Eindringling verfolgt hat.«
»Und?!«, fragte er Erbauer erwartungsvoll.
»Der Eindringling fand Unterschlupf im Haus des Kaufmanns Sallas. Unser Mann wurde angegriffen und musste schleunigst umkehren. Er kam gerade noch mit dem Leben davon.«
»Sallas«, sagte einer der Berater. »Dann ist es also wahr, dass wir es mit einem Ritter von Alsuna zu tun haben.«
»Herrlichkeit, ich habe keinen Zweifel, dass es sich um denselben Mann handelt, der Euch schon einmal nach dem Leben trachtete.«
»Und was macht Euch da so sicher?«, fragte der Erbauer.
»Es ist seine Art,
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