Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition)

Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition)

Titel: Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dane Rahlmeyer
Vom Netzwerk:
Boden hinauf, indem sie sich an den Türklinken der Kabinen entlanghangelte. Was war passiert? Die Zähne des Fressers mussten die hinteren Gasballons durchbohrt haben und platzen lassen. Der mechanische Fisch war durch das fauchende Loch in der Wand nicht zu sehen – dafür konnte sie beobachten, wie das Schiff unerbittlich, Klafter um Klafter, an Höhe verlor. Die Windrose war zum Untergang verdammt.
    Wir werden sterben , erkannte Kriss. Wenn sie nicht im brennenden Schlund des Monsters landeten, dann würden Regenbogenhaie oder andere Räuber sie verschlingen – oder das Meer selbst. Aber ihr Körper kämpfte sich weiter voran, trotz aller Schmerzen, trotz aller Hoffnungslosigkeit.
     
    Schweiß stand dem Kapitän auf der Stirn, während er sich an den Sprechrohren festhielt. Das Brückenfenster der Windrose zeigte nicht länger den Ozean, sondern starrte hinauf zum Roten Mond. Die Ruder reagierten nicht mehr, der Fresser musste zusammen mit den hinteren Ballons auch deren starres Holzskelett beschädigt haben, genau wie die Seilwinden, welche die Höhen- und Seitenruder am Heck mit den Steuerrädern verbanden. Bransker hatte das Bild viel zu klar vor Augen: wie die Gondel mit der Spitze schräg nach oben stand, während die verbliebenen vorderen Gasballons versuchten ihre Last zu tragen. Die Nadel des Höhenmessers sank und sank, jeden Augenblick zeigte sie einen Klafter weniger.
    »Ballast abwerfen!«
    Der Maat, der sich an einem Haltegriff an der Wand festklammerte, gehorchte und kappte die betreffenden Leinen an der Wand der Brücke. Der Effekt war zu gering; ohne weiteren Auftrieb würde das Heck der Gondel bald von den Wellen verschluckt werden, zusammen mit dem Maschinenraum – Bransker stellte sich vor, wie das Wasser durch die Schlote in die Kessel geriet, blitzartig verdampfte und dabei vielleicht das halbe Schiff auseinander riss. Der nächste Angriff des Ungeheuers würde vielleicht die vorderen Ballons vernichten und dann würden sie fallen wie ein Amboss. Die Windrose war verloren, so oder so.
    Dass ein fliegender Fisch sein stolzes Schiff so einfach besiegt hatte – es war fast zum Lachen. Aber nur fast. Er dachte daran, dass in alter Zeit die Kapitäne mit ihren Schiffen untergegangen waren. Aber bis es soweit war, hatte er die Pflicht, so viele Seelen wie möglich zu retten.
    »Beiboote ins Wasser!«, krächzte Bransker mit heiserer Kehle. »Alle Mann von Bord!«
     
    Während das Lampenlicht wie im Sturm flackerte, stemmte sich Kriss weiter gegen die Schwerkraft, Tür für Tür, bis zu Lian an der Treppe. Das Schiff um sie herum schien mit ihr zu leiden; über seine Todeswehen hinweg erklang die Stimme des Kapitäns durch die Sprechrohre und befahl den Matrosen, die Beiboote zu Wasser zu lassen.
    Lian, mit der Linken an das Geländer geklammert, streckte Kriss die freie Hand entgegen. Sie konnte ihn fast erreichen!
    »Weiter!«, feuerte er sie an. »Du hast es gleich geschafft! Nur noch ein kleines Bisschen!«
    Kriss strengte jeden Muskel an, ihre Fingerspitzen berührten seine Fingerspitzen. Sie ließ die Türklinke los, drohte für einen Moment, zu fallen – da legte sich Lians Hand um ihre und hielt sie fest. Er versuchte ein aufmunterndes Lächeln und wollte etwas sagen, als sich der Schiffsfresser wieder gegen die Windrose warf. Kriss kämpfte um ihr Gleichgewicht, während sie sich an Lian klammerte, der sich wiederum am Geländer festhielt. Irgendwo brach Holz; Kriss sah einen menschlichen Umriss an einem Bullauge vorbeifliegen. »Mann über Bord!«, rief jemand. Lian zog sie ans Geländer. Sie umschloss das Gusseisen so fest, dass es weh tat.
    »Doktor Odwin! Herr Berris!«
    Kriss und Lian rissen den Blick die fast senkrecht stehende Treppe hinauf, von wo die leiernde Stimme ertönt war. Neskos bleiches Gesicht hing dort. »Großer Weltengeist, Euch ist nichts geschehen!«
    » Noch nich’!«, gab Lian gepresst zurück. »Wirf uns ’n Seil runter oder –!«
    »Hat keinen Zweck«, sagte Nesko. »Wir evakuieren das Schiff! Versucht, nach draußen zu kommen! Beeilt Euch, das Heck wird jeden Moment untergehen!« Damit war er auch schon wieder verschwunden.
    Kriss spähte an den aufragenden Stufen vorbei. Das Loch in der Wand lag keine zwei Klafter von ihnen entfernt, das schräge Deck hinauf.
    »Bereit?«, fragte Lian.
    Sie nickte hastig; was blieb ihr anderes übrig?
    Lian stieß sich als erster von der Treppe ab. Er machte einen Satz auf die andere Seite des Flurs und hielt

Weitere Kostenlose Bücher