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Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition)

Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition)

Titel: Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dane Rahlmeyer
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einzelnen Wolke, die ihren Schatten auf das Meer warf.
    »Soll das heißen, die Insel ... fliegt?«, fragte Dorello, zu gleichen Teilen argwöhnisch und verblüfft.
    Kriss schreckte zusammen, als sie ein brummendes Geräusch hörte. Es kam von Ruhndor. Der General lachte – es klang verwirrend menschlich.
    »Natürlich!«, sagte er. »Wie sonst konnte sie all die Jahrtausende versteckt bleiben, Herr Hauptmann?«
    Dorello schien nicht ganz überzeugt. »Aber die Energien, um so etwas zu bewerkstelligen –!«
    »Großer Weltengeist«, hauchte der Maat hinter ihm.
    »Steuermann! Bringt uns über die Wolke!«
    »Zu Befehl, General!«
    Nur ein paar Herzschläge vergingen – und dann sahen sie die Insel in der Mittagssonne. Es gab niemanden auf der Brücke, den der Anblick nicht gefangen nahm.
    In ihre Wolke gebettet wie auf ein weißes Kissen, hing Dalahan am Himmel. Ein Stück Land, fast doppelt so groß wie die Heimat der Kinder der Erde und annähernd kreisförmig, als hätten zwei Gotteshände sie aus dem Boden gehoben. Erdbrocken hatten sich von ihrem unregelmäßigen Rand gelöst. Wie der Wolkenmantel wurden auch sie von unsichtbarer ælonischer Energie gehalten. Kriss überlegte, ob es eine ebenso unsichtbare Schutzhülle gab, welche die Insel vor den Stürmen des Verbotenen Meeres schützte.
    Zu ihrer Überraschung war ein Großteil von Dalahan grün. Die Morgenstern flog dicht über zugewuchertes Land hinweg. Früher mochte es mal Ackerland gewesen sein, doch nach zweitausend Jahren war es verwildert und zu einem wahren Urwald geworden. Wenn sie genau hinsah, konnte sie hier und da Ruinen erkennen, die wahrscheinlich die Überreste von Bauerndörfern waren.
    In der Mitte der Insel lag eine Stadt. Sie breitete sich vor ihnen aus wie ein Meer von Gebäuden. Die meisten von ihnen waren schon vor langer, langer Zeit eingestürzt.
    Die Architektur war Kriss nicht bekannt. Die meisten Bauwerke bestanden aus weißem, rotem, gelbem und braunem Stein. Sie waren stufenförmig, mit ausladenden Balkons auf jedem Stockwerk. Schlingpflanzen hatten ihre Mauern erobert, sie bedeckten Springbrunnen und Laternenpfeiler und verwandelten überlebensgroße Statuen von Herrschern und Helden in Dinge, die Ähnlichkeit mit Orrms Volk hatten. Viele der Standbilder waren umgestürzt und lagen zerbröckelt auf den Straßen, deren Pflaster Gras und Bäume gesprengt hatten. Vögel nisteten auf flachen Dächern und Brücken, die sich zwischen den Häusern spannten – als die Morgenstern die Stadt überquerte, warfen sie sich kreischend in den Himmel. Kanäle, die sich in geometrischen Mustern quer durch die Stadt zogen, waren über die Ufer getreten und hatten hier und da Teiche und kleinere Seen gebildet.
    Die ganze Stadt erinnerte Kriss an einen verwahrlosten Friedhof. » Dalahan gehört den Toten. « Es stimmte: Der Schauplatz von tausend Legenden war nicht mehr als ein fliegendes Grabmal. Es war ein ernüchternder und auch trauriger Gedanke.
    »Die Seuche scheint ganze Arbeit geleistet zu haben«, sagte Dorello.
    Kriss horchte auf. Sie wussten von der Seuche – aber nicht, dass Dalahan am Himmel hing?
    »Wo sind die ganzen Knochen?«, fragte Lian beklommen. »’s muss doch was von den Leuten hier übrig geblieben sein.«
    »Was auf den Straßen lag, haben verwilderte Tiere fortgeschafft. Oder der Wind.« Kriss unterdrückte einen Schauer. »Der Rest liegt wahrscheinlich in den Gebäuden.« Sie stellte sich die zum Tode verurteilte Bevölkerung vor, die nach Heilung flehte. In ihren letzten Tagen musste jedes Haus zum Hospital geworden sein – und schließlich zu einer Gruft.
    Wie mochte das Leben auf der Insel gewesen sein, als Dalahans Kultur in ihrem Zenit gestanden hatte? Welche Lieder hatten die Menschen hier gesungen? Wie hatten sie ausgesehen, welche Kleidung hatten sie getragen und welche Sprache gesprochen? Wie viele ihrer Aufzeichnungen waren noch erhalten geblieben, in Büchern, Schriftrollen und Memogrammen?
    Sie vergaß ihre Gedanken für einen Moment, als sie unter einem Netz aus Pflanzen die Formen riesiger Insekten ausmachte, mit bläulich schimmernden Metallhäuten und transparenten Flügeln. Ein Dutzend davon stand auf einem freien Platz, der von fensterlosen Gebäuden umringt war. Der Lufthafen von Dalahan.
    Lians Blick ging in die gleiche Richtung. »Seh’n aus wie Veribas’ Flieger – nur größer!«
    Kriss nickte. Sie hatte dasselbe gedacht.
    Nicht weit vom Lufthafen entdecken sie das Wrack eines

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