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Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition)

Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition)

Titel: Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dane Rahlmeyer
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hielt seine Hand, spürte, wie sich seine Muskeln unter den Schmerzen eisenhart verkrampften. »Ihr bringt ihn um!« Das gleichzeitige Echo ihrer eigenen Stimme, das aus der Kugel erklang, verwirrte sie für einen Moment.
    »Nein«, sagte die Baronin. »Ich erinnere ihn nur daran, wo er hingehört!« Sie blinzelte, als ein Stück Mörtel vor ihren Augen zu Boden fiel.
    Wie lange noch, bis die Insel unterging? Alles drängte Kriss zu fliehen, aber das würde sie nicht, nicht ohne Lian. »Madame, bitte! Kommt zur Vernunft und lasst ihn gehen oder wir werden alle sterben!«
    Lian gab einen unterdrückten Schrei von sich. Kriss spürte seine Schmerzen am eigenen Leib.
    »Ich habe nicht vor, mit dieser Insel unterzugehen«, rief die Baronin über das Beben hinweg. »Lian und ich kehren zurück zum Schiff. Aber ich fürchte, du wirst nicht mitkommen, Kind. Eure kleine Romanze endet hier!« Sie blickte über die Schulter, die Treppe hinab. »Soldaten, zu mir!«, rief sie.
    Aber ihre Soldaten konnten sie nicht hören. Ihre Körper lagen kreuz und quer durch das Gewölbe im Herzen der Insel verstreut. Keiner von ihnen hatte das geheime Wort gewusst, das die gläsernen Wächter eingefroren hätte, und so hatten diese einen nach dem anderen ausgelöscht, wie ihre Schöpfer es ihnen vor über zwanzig Jahrhunderten befohlen hatten.
    Als der letzte der Soldaten gefallen war, stapfte ein Großteil der Wächter über die Leichen hinweg, zurück an ihre angestammten Plätze und verharrten dort regungslos.
    Doch die Wächter, denen die Männer der Baronin die Augen ausgeschossen hatten, tobten weiter durch das Gewölbe, blind und rasend vor Zorn. Ihre Fäuste zerschmetterten die verbliebenen Obelisken, bis nur noch Scherben übrig waren und Schleier weißer Energie, die durch die Luft geisterten, so flüchtig wie Gedanken.
    Ihre Artgenossen sahen dem ungerührt zu. Sie waren nicht darauf abgerichtet worden, ihresgleichen anzugreifen. Keiner von ihnen konnte den Untergang von Dalahan verhindern.
    Alle ælonische Kraft, die noch verblieben war, um die Insel in der Luft zu halten, befand sich nun in den hauchdünnen Adern aus Kristall, die quer durch den Erdboden Dalahans verliefen. Und ihre Ladung wurde schwächer. Und schwächer.
     
    Die Verzweiflung gab ihr Kraft. Kriss sprang über Lian hinweg. Mit einem Kampfschrei, der sie selbst verblüffte, warf sie sich auf die Baronin. Lians Peinigerin riss die Augen auf. Zusammen fielen sie zwei, drei Stufen hinab, doch die ganze Zeit krallte sich Baronin Gellos an der schrecklichen Kugel fest. Kriss lag auf der Frau, versuchte nach dem Ding zu greifen, doch die Baronin trat sie zurück. Kriss schlug gegen die Wand, kam wieder auf die Beine, genau wie Baronin Gellos. Das Beben wurde immer schlimmer. Kriss hörte Stein knirschen, Mörtel und Staub regneten unablässig auf sie herab.
    Sie wagte einen neuen Angriff, aber diesmal war die Baronin vorbereitet. Ihre rechte Hand zuckte vor wie eine Totenkopfviper, mit langen Fingernägeln umklammerte sie Kriss’ Hals und drückte zu. Kriss ächzte, spürte, wie sich das Blut in ihrem Gesicht staute. Ihre Finger versuchten, sich aus dem Würgegriff zu befreien. Sie trat nach der Frau vor ihr, aber die Baronin schlug sie gegen die nächste Wand. Grelles rotes Licht blitzte auf, dann folgte für einen Moment Dunkelheit.
    »Soldaten!«, rief die Baronin abermals, ohne eine Antwort zu erhalten.
    Kriss ließ die Hand der Baronin los, versuchte wieder, nach der Kristallkugel zu greifen. Vergeblich.
    Die Baronin schlug sie erneut gegen die Wand. Kriss biss sich fast die Zunge ab, als sie zusammen mit dem aufschreienden Schmerz die Zähne aufeinander presste. Sie spürte Blut ihren Hinterkopf hinab rinnen, warm und dick. Ein Nebelschleier schien das Treppenhaus und das Gesicht der Baronin einzuhüllen.
    »Du hättest mir geben sollen, was ich verlangt habe, Kind«, sagte Baronin Gellos. Möglich, dass ihr Bedauern echt war. »Jetzt werdet ihr beide hier st–!«
    Ein besonders heftiges Beben erschütterte die Insel. Reflexartig ließ die Baronin Kriss los, kämpfte um ihre Balance. Kriss ballte eine zitternde Faust. Sie schlug zu und traf die Frau in die Brust. Die Baronin knallte gegen die Wand und ihre Hand ließ die Kugel los. Über das Beben hörte Kriss ein gläsernes pling-pling-pling , als das Gerät die Stufen hinab fiel. Unter Schmerzen rappelte sie sich auf, die Welt schien um sie herum Karussell zu fahren und ihre Beine waren wie aus Gummi.

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