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Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition)

Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition)

Titel: Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dane Rahlmeyer
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hungrige Mäuler und fraßen die Überreste steinerner Helden, während der Erdboden unter ihnen grollte und ächzte und stöhnte und grausame Winde über die Insel fegten. Es war, als sei Dalahan lebendig geworden und als hätte es sich geschworen, die Flüchtlinge mit sich in den Tod zu reißen.
    Als das Schiff kurz darauf die Ankertaue kappte, standen Kriss und Lian in der offenen Tür und sahen zu, wie die Insel zerbrach und vom Meer verschlungen wurde; ein Traum, getötet von menschlicher Dummheit und Gier. Die Wasserfontänen, die die Erdmassen dabei aufschleuderten, erreichten fast den Kiel der Kompassnadel , während sich das Luftschiff weiter hinauf in den Himmel kämpfte ...
     
    Das Schiff hielt Kurs nach Westen, zurück nach Miloria. Zurück nach Hause.
    Am Abend des ersten Tages ihrer Heimreise, als Kriss die Kabine betrat, die sie sich mit Lian teilte, fand sie ihn am Bullauge vor. Er sah hinaus auf das Meer und bemerkte erst nach einem Moment, dass sie zurück war. Er drehte sich zu ihr und strahlte über beide Ohren. »Ich bin frei!«, sagte er. »Ich hatt’ ganz vergessen, wie das is’. Ich kann machen, was ich will, gehen, wohin ich will. Kriss, ich bin frei!«
    Und er küsste sie. »Danke«, sagte er. Und sie küsste ihn zurück, glücklich darüber, dass er glücklich war.
    »Was ist mit dem Ding in deinem Bauch?«, fragte sie.
    »Ich weiß nich’.« Er zuckte unbesorgt mit den Achseln. »Schätze, es löst sich irgendwann auf. Oder ’s landet früher oder später da, wo alles landet, was ich mal runtergeschluckt hab.«
    Zum ersten Mal fanden sie den Mut sich auszusprechen und Kriss erzählte Lian, wie sie sich in ihn verliebt hatte, obwohl sie es erst nicht hatte wahrhaben wollen. Und Lian berichtete ihr davon, wie Baronin Gellos ihn bei seinem versuchten Einbruch erwischt und ihn mit vorgehaltener Pistole gezwungen hatte, den ælonischen Spion hinunterzuschlucken, der fortan jeden seiner Fluchtversuche mit Schmerz vereitelt hatte.
    Erst am Morgen des zweiten Tages traute sich Kriss ihn zu fragen: »Wohin wirst du gehen, jetzt, wo du frei bist?«
    Er sah sie an, plötzlich seltsam schüchtern. »Na ja, ich dacht’ ... ich mein’ ... ich würd’ gern bei dir bleiben.« Und zögernd fügte er hinzu: »Das heißt, wenn du das noch willst.«
    Sie lächelte. »Manchmal bist du wirklich schwer von Begriff.« Den Rest des Tages sprachen sie nicht viel. Sie waren zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt.
     
    Kurz nach ihrem Aufbruch von Dalahan, bevor die Kompassnadel zwischen den Wolken eingetaucht war, hatte Kriss der Heimat der Kinder der Erde nachgesehen, bis diese hinter dem Horizont verschwunden war. Ihr war ein Stein vom Herzen gefallen, als sie gesehen hatte, dass kein Rauch mehr von ihr aufgestiegen war. Auch der Dschungel schien unangetastet zu sein. In Gedanken hatte sie Orrm und seinem Volk Lebewohl gesagt und gehofft, dass die Morgenstern das letzte Schiff gewesen war, dass sich je auf ihre Insel verirrte.
    Lian und sie hatten mit den Matrosen vereinbart, niemandem von den Kindern der Erde zu berichten. Lorgis hatte nur gegrinst: »Wir sind doch nich’ irre, Doktor! Wenn wir irgendwem davon erzählen, steckt man uns doch in die Klapsmühle!«
    »Und wir sind immerhin lange genug eingesperrt gewesen«, hatte Barabell hinzugefügt.
     
    Als die Tür zum Frachtraum der Morgenstern aufgeflogen war, waren die Matrosen sofort auf die Beine gesprungen.
    »Doktor!«, hatte Lorgis halb überrascht, halb ungläubig gerufen, als er Kriss gesehen hatte. Wie vielen seiner Kameraden war auch ihm der Schrecken deutlich ins Gesicht geschrieben gewesen. Niemand hatte gewusst, was vor sich ging und wieso die Insel plötzlich erbebte.
    »Keine Zeit für lange Erklärungen!«, hatte Kriss gesagt. »Kommt!«
    Es waren nur noch sechzehn Graujacken übrig gewesen; die Matrosen waren ihnen um neun Mann überlegen. Kriss hatte die Spannung in der Luft fast körperlich spüren können. Die Leute von der Windrose waren bereit gewesen, auf Ruhndors Leute loszugehen, trotz deren Waffen. Kriss hatte die beiden Parteien auseinander gehalten. »Ihr habt später noch Zeit, Euch die Köpfe einzuschlagen! Das Schiff wartet!« Innerlich hatte sie gebetet, dass es stimmte, dass die Kompassnadel tatsächlich noch warten und nicht ohne die Baronin abheben würde. »Aber erst werft ihr eure Waffen weg!«, hatte sie den Graujacken befohlen, während jenseits der Palastmauer eine Statue wie ein gefällter Baum gestürzt

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