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Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition)

Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition)

Titel: Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dane Rahlmeyer
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sich vor ihnen auf, jeder bis an die Zähne bewaffnet. Unter ihnen waren die Frau mit dem kantigen Gesicht und dem Zopf, und der glatzköpfige Mann mit der mehrfach gebrochenen Nase, die sie zuletzt beim Kap der Bösen Vorahnung gesehen hatten. Die Nervosität war ihnen allen ins Gesicht geschrieben. »Ich sagte, Hände hoch!«
    Kriss und Lian taten wie ihnen geheißen, während der Vorhof des Palastes unter ihren Füßen wackelte. Jenseits der Mauern sah Kriss die Spitzen der Stufenhäuser in sich zusammenfallen.
    »Stehenbleiben!«, rief die Graujacke. »Was ist passiert? Wo sind Ruhndor und der Hauptmann?«
    »Sie sind tot!«, sagte Kriss.
    »Und das sind wir bald alle, wenn wir nich’ abhauen!« Panik lag in Lians Stimme.
    Die Graujacken sahen einander an. »Ihr kommt mit an Bord!«, entschied ihr Anführer.
    »Seid ihr taub?«, rief Lian. »Die verdammte Insel geht jeden Moment unter, zusammen mit uns!«
    »Es gibt ein Luftschiff!«, sagte Kriss so hastig, dass sie fast über die eigenen Worte stolperte. »Es kann uns von hier wegbringen, aber –!«
    »Wo?« Die Obergraujacke richtete die Pistole auf sie.
    »Aber wir führen euch erst dorthin, wenn ihr die Gefangenen freilasst!«, stellte Kriss klar.
    Sie, Lian und die Mannschaft der Morgenstern schreckten gleichermaßen zusammen, als hinter ihnen eine Wand zusammenbrach.
    »Ich habe gefragt, wo!« Die Obergraujacke richtete ihre Waffe auf Lian.
    Kriss begegnete dem Blick des Mannes ohne zu blinzeln. »Wenn ihr ihn erschießt, dann müsst ihr mich auch erschießen, denn ich werde nichts sagen. Wenn ihr leben wollt, dann lasst die Gefangenen frei und kommt mit uns. Ihr könnt euch natürlich auch auf eurem Schiff verbarrikadieren und darauf hoffen, dass die Trümmer der Insel es nicht im Meer begraben. Aber selbst wenn ihr den Untergang übersteht, werdet ihr ohne Antriebe auf dem Verbotenen Meer treiben, bis ans Ende eurer Tage. Und bis ihr das Luftschiff gefunden habt, ist es längst zu spät. Wir –«, sie stoppte, als ein weiterer Teil des Palastes in sich zusammenstürzte, »– wir sind eure einzige Chance, das hier zu überleben!«
    Die Blicke der Graujacken waren düster.
     
    Der Wald war gerettet. Doch die fliegende Insel war zum Untergang verurteilt.
    Orrm hatte sich mit einer Schar seines Volkes auf der Spitze des Turmes versammelt. Durch das Fernrohr, das Kriss hier in ihrer Eile zurückgelassen hatte, beobachtete der Älteste, wie die Wolken, die Dalahan bislang vor den Augen der Welt verborgen hatten, vom Wind zerrissen wurden und den Blick freigaben auf die nackte Erde, die einen Großteil der Insel ausmachte. Die Bäume und Häuser auf ihrer Oberfläche wirkten wie dünnes Moos auf einem braunen Felsen. Orrm sah die Ränder der Landmasse erbeben, während die Insel allmählich sank. Erdbrocken, so groß wie Häuser, stürzten ins Meer und schlugen dabei turmhohe Fontänen auf. Dalahan zerfiel, Stück für Stück. Der Anblick bekümmerte Orrm. Ein Teil von ihm hatte geglaubt, die Insel würde ewig existieren. Doch mehr als das sorgte ihn der Gedanke an Krisstenja Odwin. Er hoffte, dass sie am Leben war, auch wenn er fürchtete, sie niemals wiederzusehen.
    Erschrockenes, fast ehrfürchtiges Schweigen überkam seine Artgenossen, als Dalahan bald darauf endgültig entzwei brach. Unfähig, sich länger gegen die Schwerkraft zu wehren, schlugen seine Überreste auf dem Ozean ein. Orrm und die anderen sahen die Flutwellen, die sich langsam, aber unaufhörlich auf dem Meer ausbreiteten und letztlich auch ihre Insel erreichen würden. Doch dies war nicht die erste Tsunami, welche ihre Heimat erlebte, und es würde auch nicht die letzte sein. Welches seltsame Treibgut die Wellen wohl in den kommenden Tagen an Land spülen würden? Möglicherweise würde sein Volk zum Hüter der letzten Überbleibsel von Dalahans Kultur werden.
    Orrms Blick ging hinauf zum Himmel und fand dort einen weißen Fleck zwischen den Wolken. Das Luftschiff hatte die Insel kurz vor ihrem Niedergang verlassen und floh nach Westen.

Zurück
    Auch Jahre später noch war die Erinnerung klar wie Kristall. Sie brauchte nur die Augen zu schließen, und wieder rannte sie zusammen mit Lian und den anderen um ihr Leben, während die namenlose Stadt um sie herum starb. Häuser stürzten in sich zusammen, Staubwolken hüllten die Menschen auf ihrer Flucht ein. Zusammenbrechende Triumphbögen und kippende Statuen drohten sie zu erschlagen, Schluchten klafften in den Straßen auf wie

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