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Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition)

Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition)

Titel: Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dane Rahlmeyer
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die aus dem Blätterdach hervorragte. Irgendein auffälliges Landschaftsmerkmal, ein Berg oder eine Lichtung. Doch alles, was sie sahen, waren Bäume, Bäume und noch mehr Bäume, gelegentlich durchbrochen vom blauen Band eines Flusses. Ob sie hier richtig waren oder nicht, dafür gab es nicht den geringsten Anhaltspunkt.
    Aber Kriss hatte auch nicht geglaubt, dass es so einfach werden würde. Trotzdem war sie sicher, dass sie heute Dalahan einen gewaltigen Schritt näher kommen würden. Sie wünschte sich nur, ihre Zuversicht irgendwie auf den Kapitän und seine Mannschaft übertragen zu können.
    »Es kann allerdings auch sein, dass man es von hier oben gar nicht erkennen kann«, überlegte sie laut. »Kapitän, ich glaube, es ist das Klügste, wenn wir uns unten umsehen!«
    Die Luftschrauben kamen auf Branskers Befehl hin zum Stehen. Ankertaue wurden abgeschossen und verkeilten sich in den Bäumen unter der Windrose.
    Kriss war auf den Landgang vorbereitet, seit sie gestern Abend die Oase hinter sich gelassen hatten. Lian hatte ihr geholfen, Ausrüstung für eine Erkundungstour durch den Dschungel zusammenzustellen: Rucksäcke mit Wasserflaschen und Proviant, Zelte, Pistolen, Feuerwerkskörper, mit denen sie dem Schiff ein Signal senden konnten – und nicht zuletzt Säbel, um sich einen Weg durch das Dickicht zu bahnen.
    »Glaubt nicht, dass ich Euch ohne Eskorte runterlasse«, hatte der Kapitän gebrummt. »Laufen mir zu viele Viecher da unten rum. Kriechschleim, Nebelpanter, Flederkreischer. Kann nie vorsichtig genug sein.«
    Er hatte Kriss und Lian drei seiner Matrosen zur Seite gestellt. Einen bronzehäutigen Riesen namens Lorgis, der mit seinem rechten Auge schielte und offenbar ständig beweisen musste, was für ein harter Kerl er war; eine pausbäckige Frau mit ironischem Funkeln in den Augen, die sich als Barabell vorstellte und anscheinend schon seit Tagen auf der gleichen Zuckerwurzel herumkaute – und zu guter Letzt Nesko, einen schüchternen Jungen in Lians Alter mit strohblonden Haaren, Aknenarben und Leierstimme. Die drei behielten ihre Luftfahrerkleidung an: Kniehosen, knopflose Hemden, festes Schuhwerk an den Füßen und die sackartigen Mützen auf dem Kopf.
    Das Fallreep war aus dieser Höhe nutzlos, also wurde eine Strickleiter herabgelassen. Kriss wurde flau im Magen, als sie daran hinab sah. Es ging wenigstens fünf Klafter abwärts. Die Rufe der Waldtiere klangen in ihren Ohren. Ein nervenzerreißendes Durcheinander von Pfeifen und Keckern, Röhren und Kreischen.
    Lian kletterte kühn die Strickleiter hinab, als hätte er sein Leben lang nichts anderes gemacht. Kriss hörte die Taue unter der Belastung ächzen und erbleichte.
    »Höhenangst, Doktor?«, fragte der Matrose Lorgis und schielte sie belustigt an.
    »Einfach nicht nach unten sehen!«, leierte der Junge namens Nesko. »Das ist der Trick!«
    Er hatte leicht reden!
    Der Vogel pfiff aufmunternd auf Kriss’ Schulter. Also gut. Sie nahm all ihren Mut zusammen und setzte den ersten Fuß auf die Leiter, dann den zweiten. Und beließ es erst einmal dabei. Mit ihren Pudding-Knien wäre sie ohnehin nicht viel weitergekommen. Wieder eine Sache, auf die sie hundert Jahre in der Universität nicht vorbereitet hätten. Aber wenn sie es bis nach Dalahan schaffen wollte, durfte sie sich von solchen Lappalien nicht aufhalten lassen. Also holte sie tief Luft, kniff die Augen zusammen – und kletterte hinab, Sprosse für Sprosse. Warmer Wind streichelte ihre Wangen. Sie spürte den Flügelschlag des Vogels neben sich und roch den Atem des Waldes, den Geruch von Feuchtigkeit, Humus und lebenden und toten Pflanzen.
    Und siehe da: bald setzte sie auch schon den ersten Fuß auf das Unterholz. Kriss öffnete ungläubig die Augen. Lian stand vor ihr. »Ehrlich gesagt, ich hab mit dem Kapitän um fünf Xenni gewettet, dass du kneifst.«
    »Ich hoffe, du hast verloren«, sagte sie kühl.
    Er lächelte. »Eigentlich nich’.«
    Bald darauf gesellten sich die Matrosen zu ihnen, ihre Säbel in Händen. Kriss legte den Kopf zurück. Durch das Blattwerk war kaum etwas von der Windrose auszumachen. Die herabbaumelnde Strickleiter würde ihr einziger Wegweiser sein.
    »Also, Madame Doktor«, Lorgis sprach, als wären seine Kiefer zusammengewachsen. »Wo geht’s lang?«
    Kriss horchte tief in sich hinein. Jede Richtung war so gut wie die andere, aber wahrscheinlich würde nur eine sie zum Ziel führen. Sie drehte sich um. »Da entlang«, sagte sie so

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