Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition)
die Echse mit ihren kurzen Armen versuchte, nach dem Vogel zu schlagen, als eine Hand sie ergriff. Lian war bei ihr und strengte sich an, sie wieder auf die Beine zu bekommen.
Umi schwirrte um die Echse wie ein zorniges Insekt, hackte und schlug auf sie ein. Blut lief über grünblaue Schuppen. Sein mechanischer Angreifer machte das Tier nur noch zorniger; schließlich sprang es auf ein Bein – und schlug mit dem Schwanz gegen den Vogel.
»Nein!«
Kriss sah Umi gegen einen Baum schlagen und dann leblos zu Boden sinken. Rote Augen funkelten sie an; das Ungeheuer brüllte, Speichel flog aus seinem Maul. Wieder hetzte es den beiden Menschen nach. Weder Stock noch Stein hielten es auf und mit jedem seiner schnellen Schritte verloren Kriss und Lian mehr und mehr von ihrem Vorsprung. Irgendwo weit hinter sich hörte Kriss Neskos schmerzerfüllte Schreie.
»Da rein!«, rief Lian atemlos. Ein ausgehöhlter Baumstamm lag vor ihnen. Kriss begriff, sie löste die Schnallen ihres Rucksacks und ließ ihr Gepäck von sich abfallen wie einen Panzer. Sie warf sich zu Boden, kletterte in den Stamm.
Lian folgte ihr nicht.
»Lian!« Durch das Loch am Ende des Stamms sah sie zuerst nur seine Beine vorbeieilen, dann die der Echse. Dann erschien Lian wieder, einige Schritte entfernt. Pistole und Säbel in den Gürtel gesteckt, sprang er nach einem niedrigen Ast und hielt sich daran fest. Nur einen Herzschlag bevor das Maul der Mörderechse zuschnappte, konnte er seine Beine hochziehen. Kriss hörte ihn erschrocken ächzen.
Sie selbst hielt den Atem an und machte sich in ihrem Versteck so klein sie konnte. Sie versuchte, nicht an Umi zu denken, an die Luftfahrer, die wahrscheinlich längst tot waren, und dass auch sie tot sein würde, wenn das Monster sie entdeckte. Es würde nicht durch das Loch passen, dafür war dieses zu eng und Kriss zu tief drinnen. Aber es konnte warten, sie aushungern lassen. Oder das Holz, so dick es auch war, mit seinen Krallen zu Sägemehl verarbeiten. Nur ein Mucks von ihr, ein einziges Geräusch ...
Aber noch hatte das Ungetüm sie nicht bemerkt. Es schlich noch immer um den Baum herum, auf dem Lian Zuflucht gesucht hatte; Rinde zersplitterte, als es mit seinen dolchbewehrten Füßen gegen den Stamm trat. Es schnaubte frustriert, als ihm klar wurde, dass es nicht klettern konnte, dazu waren seine Vorderarme zu schwach.
Lian hockte auf dem Ast; er hielt sich mit der linken Hand fest und hieb mit dem Säbel nach dem Reptil. »Verzieh dich, du schessk verdammtes Mistvieh! Na los!«
Die Echse duckte sich unter der Klinge hinweg und donnerte ihren Schwanz zornig brüllend gegen den Baum. Kriss erschrak, als Lian für einen Moment ins Wanken geriet. » Korf !« Aus Reflex klammerte er sich an den Stamm. Sein Säbel fiel und blieb mit der Spitze im weichen Boden stecken.
»Lian!«, rief Kriss.
Das war ein Fehler.
Die Echse wirbelte herum, entdeckte sie in ihrem Versteck. Und jagte auf sie zu.
» Korf!«, hörte sie Lian fluchen. »Nein! Bleib hier, du Mistvieh! Bleib hier, verdammt noch mal!«
Aber die Echse ignorierte ihn, sie riss das Maul auf und ließ Kriss in einen tiefroten Rachen blicken.
Ihr Herzschlag setzte einen Moment aus; so schnell sie konnte, kroch sie tiefer in den Stamm hinein, während Lian weiterhin versuchte, die Echse auf sich aufmerksam zu machen. Heißer Aasgestank stob Kriss entgegen, als das Ungeheuer sein Maul in den Stamm schob. Seine Kiefer schnappten keine Handbreit vor ihrem Gesicht auf und zu, so weit es die Enge des Stamms zuließ. Der Drang zu schreien war übermächtig, aber Kriss war wie gelähmt. Sie hörte das Scharren von Krallen auf Holz; der ganze Stamm erbebte, während das Ungeheuer versuchte, tiefer in ihr Versteck einzudringen. Sie sah seine Nüstern beben und dachte daran, dass diese Tiere für ihren Geruchssinn berühmt waren und dass man im Kiradianischen Reich verurteilte Kriminelle mit ihnen in die Arena gesteckt hatte. Danach waren von den Kriminellen meist nur blutige Brocken übrig geblieben ...
Zuerst hielt sie es für Donner. Ein Schuss krachte. Das Echsenmaul zuckte, brüllte ihr ins Ohr, so dass sie halb taub wurde. Die Bestie zog den Kopf aus dem Stamm und heulte auf. Kriss sah eine frische Wunde in ihrem Rücken – sie rauchte noch. Doch das Ungeheuer war nicht tot ...
... nur sehr, sehr wütend. Lian sah zu, wie das Echsenvieh ihn wieder ins Visier nahm. Seine Augen schienen zu brennen, wahnsinnig vor Zorn.
Gut so. Hauptsache,
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