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Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition)

Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition)

Titel: Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dane Rahlmeyer
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hergestellt hatte, er hatte sich große Mühe mit ihm gegeben. »Wohin bist du gegangen?«, fragte sie.
    Lian zuckte mit den Achseln. »Ich war mal hier, mal dort. Hab ’n paar nich’ ganz saubere Arbeiten für andere gemacht. Schmiere gestanden und die Gendarmen abgelenkt. Wenn’s mir irgendwo zu langweilig wurde oder einer zu viel’ dumme Fragen gestellt hat, bin ich weitergezogen, immer der Nase nach.« Er schien Sehnsucht nach dieser Zeit zu verspüren.
    »Und du warst die ganze Zeit allein?«
    Er nickte. Seine Hand strich über die Federholzpaneele. »Vor zwei Jahren hab ich dann von ’ner schrulligen Baronin und ihrer Kunstsammlung gehört. Ich dacht’, es wird ’n Kinderspiel, ich hatt’ immerhin ’ne Menge von ehemaligen ... Arbeitgebern gelernt. Hab mich leider geirrt.«
    »Aber die Baronin hat dich nicht den Gendarmen übergeben.«
    »Nein. Hat sie nich’. Sie hat was in mir gesehen. Ich bin immer noch nich’ sicher, was.« Sein Blick verlor sich in der Wüste jenseits des Schiffs.
    »Vielleicht war sie einsam«, sagte Kriss.
    »Kann sein. Auf jeden Fall hat sie mir Manieren beigebracht. Oder ’s wenigstens versucht.« Lian grinste. »Den ganzen Benimm-Krempel. Mit dem Hungern war’s erst mal vorbei. Und mit dem Freisein«, fügte er leiser hinzu.
    »Bist du gar nicht dankbar dafür? Dass du ein Dach über dem Kopf hast und zu essen – ein Zuhause?«
    »Doch«, sagte er. Aber aus irgendeinem Grunde glaubte sie ihm nicht.
    Schweigen kehrte ein und blieb für eine lange Zeit. Nur das Pfeifen des schlafenden Vogels und das Rauschen der Palmen draußen waren zu hören. Kriss begann die Kälte zu spüren, die die Nacht mit sich brachte.
    »Vielleicht triffst du sie irgendwann wieder«, sagte sie, als ihr die Stille zwischen ihnen unangenehm wurde. »Deine Eltern, meine ich.«
    Er kratzte sich am Hinterkopf. »Besser nich’. Sie haben klar gemacht, dass sie mit mir nix zu tun haben wollen – und ich will nix mit ihnen zu tun haben.« Der Klang seiner Stimme erzählte jedoch eine andere Geschichte.
    »Willst du denn gar nicht wissen, wo du herkommst?«
    »Wozu? Ich weiß, wer ich bin. Mehr brauch’ ich nich’.«
    Kriss beschloss, das Thema ruhen zu lassen. »Lian«, sagte sie. »Warum ist dir das so wichtig? Die Insel zu finden?«
    »Isses nich’. Nur Madame.«
    »Nein, du willst es genauso. Warum? Es steckt mehr dahinter als ›Ruhm und Ehre‹, richtig?«
    Lian antwortete nicht und legte wieder die Hand auf den Bauch. Es kam Kriss vor, als würde er eine Narbe oder eine Verwachsung betasten und sich wünschen, sie würde bald verheilen.
    Gerade, als sie ihn darauf ansprechen wollte, klopfte es an der Tür. Der Vogel sah sich mit blinzelnden Kristallaugen um.
    »Der Käpt’n will Euch sprechen, Doktor«, meldete ein Matrose durch die Tür.
    Kapitän Bransker erwartete sie im Navigationsraum. Der Schein der Öllampen brachte die Messinginstrumente zum Glänzen.
    »War ein gutes Stück Arbeit«, eröffnete er.
    Kriss versuchte gar nicht erst, ihre Aufregung zu zügeln. »Aber Ihr habt es geschafft?«
    Bransker tippte mit einem dicken, braunen Finger auf die vor ihm ausgerollte Karte. Auf einen Punkt im Westen, auf der anderen Seite des Kontinents. »Das Herz des Smaragdwalds. Bei günstigem Wind eine Tagesreise.«
    Kriss musste sich zurückhalten, nicht zu jubeln. Der Vogel trällerte vor Begeisterung. »Gute Arbeit, Kapitän!«
    Er verbeugte sich steif. »Mein Vergnügen, Doktor.«
    Seine Matrosen schaufelten eine Ladung Kohle nach der anderen in die hungrigen Flammen. Ankertaue wurden eingeholt, Kolben und Pleuelstangen setzten sich schnaufend in Bewegung, die Luftschrauben erwachten zu neuem Leben – und die Windrose trat die Reise zum Smaragdwald an.
    Sie war nicht das einzige Schiff mit diesem Kurs.

Der Smaragdwald
    Die Windrose glitt über einem Meer aus Grün dahin. Die Baumwipfel des Dschungels leuchteten smaragdfarben im Sonnenlicht; Moosäffchen und Mamageie nahmen Reißaus vor den röhrenden Luftschrauben des Schiffs.
    »Nichts«, brummte der Kapitän, mit schlecht versteckter Ungeduld. »Wäre natürlich einfacher, wenn wir wüssten, wonach wir suchen!« Er sah zu Kriss und Lian, die bei ihm auf der Brücke standen.
    »Wir werden es wissen, wenn wir es sehen«, sagte Kriss. Der Vogel auf ihrer Schulter trällerte zuversichtlich.
    Sie flogen schon seit geraumer Zeit über dem Urwald dahin, ohne etwas entdeckt zu haben. Kriss wusste nicht, was sie erwartet hatte. Eine alte Ruine,

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