Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition)

Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition)

Titel: Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dane Rahlmeyer
Vom Netzwerk:
geflüstert.
    Kriss ließ sich davon nicht ins Bockshorn jagen. Sie vertraute dem Kapitän, seiner Besatzung und seinem Schiff. Sie konnte es fühlen, Dalahan war zum Greifen nahe. Jede Nacht träumte sie von der Insel. Und von Bria. Jedes Mal bat Kriss sie, auszuhalten. Hilfe war unterwegs. Kein halber Tag mehr und sie waren an ihrem Ziel.
    Wenn nichts schief ging.
    Natürlich hatte nicht nur sie die Anspannung der Matrosen bemerkt. »Zeit, dass der Haufen auf andere Gedanken kommt«, hatte Kapitän Bransker beschlossen und eine kleine Feier anberaumt. »Seid natürlich herzlich eingeladen, Doktor. Aber bringt Eure stärksten Nerven mit.«
    »Gehst du auch hin?«, hatte Kriss Lian gefragt.
    »Klar. Du nich’?«
    »Doch, natürlich!« Jetzt schon!
    Schon seit geraumer Zeit hörte sie Musik und das Poltern tanzender Füße vom unteren Deck. Sie sog ein letztes Mal die frische Luft ein, dann schloss sie das Bullauge und zog sich um. Für den heutigen Anlass hatte sie beschlossen, zur Abwechslung wieder ein Kleid zu tragen. Nur für sich, natürlich.
    Zu guter Letzt nahm sie die Brille ab und verstaute sie in der Kleidtasche. Ob Lian schon auf sie wartete?
    Der provisorische Tanzsaal war eigentlich ein großer Lagerraum neben der Kombüse. Die Matrosen hatten ihn so gut wie leergeräumt und die Kisten und Tonnen und Säcke daraus in andere Räume verteilt oder dort auf den Gängen platziert und vertäut, wo niemand Gefahr lief, über sie zu stolpern.
    Auf den Feiern, die Kriss kannte, war es immer recht gesittet zugegangen. Ihr Freundeskreis setzte sich im Großen und Ganzen aus Gelehrten zusammen – Menschen, die sich eher beim Gespräch oder mit einem guten Buch amüsierten. Daher war sie nicht ganz vorbereitet auf das, was auf sie zukam, als sie die Tür öffnete.
    Der Raum war zum Bersten gefüllt mit Matrosen, deren Lachen und Grölen die Wände wackeln ließ. Pfeifenqualm lag zum Schneiden dick in der Luft; darunter mischte sich der klebrig-süße Geruch von Zuckerwurzelbier. Kriss erkannte Lorgis und Barabell, die sich, von ihren Kameraden angefeuert, im Armdrücken maßen (und Barabell gewann, wie es aussah). Mehrere Stimmen schmetterten einen nicht ganz feinen Shanty, begleitet von einer kleinen Kapelle mit Drehorgel, Quetschharmonika und Klirrleier. In der Mitte der »Tanzfläche« drehte sich Nesko mit einer jungen Luftfahrerin. Seine Wangen leuchteten rot – ob vor Alkohol oder Aufregung konnte Kriss nicht sagen.
    Sie schob sich zwischen den Matrosen hindurch. Diejenigen, die sie in all dem Trubel wahrnahmen, nickten ihr gut gelaunt zu oder zogen sogar ihre Mützen vor ihr. Kriss grüßte jeden einzelnen zurück, auch wenn sie die wenigsten beim Namen kannte. Jemand drückte ihr im Vorbeigehen ein Glas Gewürzwein in die Hand. Sie bedankte sich höflich und stellte es ungesehen auf einem Fass ab, während sie unablässig an Männern und Frauen vorbeispähte, die meist ein bis zwei Köpfe größer als sie waren.
    Keine Spur von Lian. Ihre Schultern sanken herab. Sie dachte daran, wie sie kurz nach ihrem Ablegen vom Kap der bösen Vorahnung in ihrer Kabine zusammengesetzt hatten, um über Veribas’ letztem Hinweis zu brüten ...
     
    Kapitän Bransker hatte als nächstes As-Quindar ansteuern lassen, eine Stadt weiter südlich, um Inspektionen am Schiff vorzunehmen und außerdem die Vorratskammer, Kohlelager und Wassertanks aufzustocken. Schließlich konnte niemand sagen, wohin sie der letzte Schritt ihrer Reise verschlagen würde. Möglich, dass sie eine ganze lange Zeit fernab der Zivilisation verbringen würden.
    Durch das Bullauge sah Kriss die pastellfarbenen Türme von As-Quindar in der Nachmittagssonne leuchten. Doch so gern sie auch den legendären Gewürzmarkt der Stadt besucht hätte oder den Grünen Tempel von Goh, ihr blieb keine Zeit dafür. Es bestand die Gefahr, dass die Morgenstern das Kap längst erreicht hatte – oder ihnen sogar schon einen Schritt voraus war!
    Und so saßen Lian und sie auf dem Boden, vor sich ausgebreitet die Nabandi-Schriftzeichen aus dem Haus des Schläfers, die Kriss mittlerweile auf Papier übertragen hatte. Sie war glücklich, wieder mit Lian gemeinsam zu rätseln, so wie zuvor. Sie hatte es vermisst – und sie glaubte, dass es ihm genauso gegangen war.
    »Die Zeichen stehen für die Silben Ni , Gu , Ong und Bem «, erklärte sie und schlug ihr »Handbuch prä-ælonischer Sprachen Ulgrais« auf. »Davon abgesehen, dass man aus ihnen hunderte von Wörtern

Weitere Kostenlose Bücher