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Der Schatz des Blutes

Der Schatz des Blutes

Titel: Der Schatz des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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sie aus fünfzig Schritten Entfernung erkennen konnte. Alle Köpfe wandten sich nach ihm um, wenn er vorüberging.
    Suleiman beobachtete die Prinzessin, die den Mann noch nicht gesehen haben konnte. Sie war eine faszinierende junge Frau, diese Frankenprinzessin. Paradoxerweise genoss sie großes Ansehen unter den Einheimischen, unter Suleimans Volk, das den Anblick der Ferenghis mit ihren sonnenverbrannten Gesichtern und ihrer arroganten Haltung, ihren schweren Kettenpanzern und ihren langen Schwertern kaum ertragen konnte.
    Doch Alice war unter Rechtgläubigen geboren worden, und obwohl sie Christin war, sprach sie fließend Arabisch und verhielt sich in der Öffentlichkeit, wie es sich für eine Moslemin geziemte, indem sie ihr Gesicht sittsam verhüllte und weite Übergewänder trug, an denen niemand Anstoß nehmen konnte.
    Er hatte Gerüchte gehört, dass ihre eigenen Leute der Meinung waren, dass die Prinzessin Schande über sie brachte, doch er hatte noch nichts gesehen, was darauf hindeutete. Auch heute war sie verschleiert und trug ein Moslemgewand aus einem blauen Stoff, das mit goldenem und grünem Faden bestickt war und sie von Kopf bis Fuß verhüllte – bis auf ihre Augen, die aufblitzten, als sie sah, dass der blonde Hüne auf den Marktstand zukam.
    Ein einziger Blick verriet Suleiman, dass der Franke nicht ahnte, dass die Prinzessin überhaupt hier war. Der Mann, der bequeme Wüstenkleidung trug anstatt der erdrückenden Ferenghirüstung und nur mit einem Schwert bewaffnet war, das an einem Schultergurt hing, schlenderte gemächlich vor sich hin und kaute an einem Stück Fleisch, während er sich umschaute. Das Einzige, was seinem Blick entging, war das Gesicht der jungen Frau, die sich jetzt aufgeregt vorbeugte und ihn durch eine Lücke zwischen zwei hängenden Teppichen musterte.
    Suleiman sah, wie sie gebieterisch mit den Fingern schnippte und ihren Diener auf die Straße schickte, um den Hünen zu ihr zu holen. Der hochgewachsene Franke runzelte die Stirn, packte die Scheide seines langen Schwertes und folgte dem Ruf, anscheinend ohne zu ahnen, wem er sich gegenübersehen würde.
    Gebückt betrat er den Teppichstand, und seine Verwirrung und Überraschung, als er sich dann aufrichtete und die Prinzessin entdeckte, waren beinahe komisch anzusehen.
    Suleiman, der schon im Begriff gewesen war, von seiner Plattform hinunterzusteigen, blieb, wo er war, und sah und hörte weiter zu.
    »Bruder Stephen«, begrüßte die Prinzessin den jungen Mann. Sie legte ihren Gesichtsschleier ab und lächelte ihm zu. »Was für eine angenehme Überraschung. Ich hätte wirklich nicht erwartet, Euch auf dem Markt anzutreffen. Hätte mich jemand gefragt, so hätte ich gesagt, dass ihr auf Patrouille in der Wüste seid und den Banditen einen Schrecken einjagt.«
    Es war nicht zu übersehen, dass der Mann, dessen Gesicht rot angelaufen war, verblüfft war und sich beklommen fühlte. Der Teppichhändler arbeitete sich etwas dichter an die beiden heran, um hören zu können, was er wohl sagen würde.
    »Prinzessin«, murmelte er und stotterte beinahe vor Nervosität. »Verzeiht mir. Ich wusste nicht, dass Ihr …«
    »Was, dass ich hier bin?« Die Prinzessin lachte. »Wie hättet Ihr das wissen sollen? Bis vor einer Stunde wusste ich es ja selbst nicht. So etwas nennt sich Zufall.« Sie zögerte. »Ich wollte gerade eine Kleinigkeit zu mir nehmen. Darf ich Euch einladen? Es wäre mir ein großes Vergnügen.«
    Wieder klatschte sie in die Hände und befahl ihrem Diener, eine Erfrischung für sie aufzutragen. Erst dann schien ihr einzufallen, wo sie sich befand, und sie sah sich nach Suleiman um, der sofort vortrat und den hünenhaften Franken mit einem Lächeln begrüßte. Auf die Frage der Prinzessin hin, ob es ihr gestattet sei, hier etwas zu essen, winkte er ab und bot ihr selbst eine Erfrischung an. Doch davon wollte Alice nichts wissen; es reichte, so sagte sie, dass er es ihr gestattete. Sie habe selbst Speisen und Getränke dabei, weil sie eigentlich vorgehabt habe, unter freiem Himmel zu speisen. Sie sei ihm sehr dankbar.
    Suleiman verneigte sich erneut und ließ sie mit ihrem unerwarteten »Gast« allein.
    Bis das Essen aufgetragen war, stand St. Clair beklommen da und betrachtete die Teppiche, die überall um ihn herum aufgestapelt lagen oder an Querstangen aufgehängt waren, sodass sie wie Wände wirkten. Seine Augen huschten hin und her und sahen sich alles an – außer Alice.
    »Herrliche Teppiche, nicht

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