Der Schatz des Blutes
beobachten und herauszufinden, was sie entdecken. Die Antwort, Mylord, ist, dass sie nichts finden. Was aber noch erstaunlicher ist – wenn auch nicht überraschend, falls Ihr versteht, was ich meine –, ist, dass sie zudem gar keine Ahnung haben, wonach sie suchen sollen. Sie sollen den jungen Mönchskrieger beobachten, und das tun sie. Sie wissen jedoch nicht, warum. Ich habe in den letzten drei Tagen mit einem halben Dutzend von ihnen gesprochen. Sie haben alle dasselbe gesagt: Sie haben nichts gesehen und nichts entdeckt.«
»Das heißt also, dass nicht nur Alice ihr Geld und ihre Zeit verschwendet hat, sondern ich ebenso? Ist es das, was du mir sagen willst?«
»Ganz und gar nicht, Mylord. Ich habe nur gesagt, dass ich keine Antwort auf Eure Frage gefunden habe.«
»Aber du hast etwas anderes gefunden.«
»Vielleicht. Ich glaube schon, aber es kann ja sein, dass Ihr anderer Meinung seid. Jedenfalls habe ich eine interessante Entdeckung gemacht.«
»Eine interessante Entdeckung, aber nicht die, mit der ich dich beauftragt hatte. Ich verstehe. Muss ich dir Bakschisch geben, damit du damit herausrückst? Spuck es aus, Mann.«
Der Besucher ließ sich durch den Unmut des Bischofs nicht beeindrucken. Er öffnete den Behälter, zog ein schmutzig aussehendes Tüchlein heraus, wischte sich damit über die Nase, steckte es zurück und zog geziert die Nase kraus.
»In diesen Stallungen geht etwas vor.«
Der Bischof riss ungläubig die Augen auf.
»Natürlich geht dort etwas vor! Es lebt eine ganze Mönchsbruderschaft darin, mit ihren Pferden.«
»Nein, nicht nur das. Etwas Seltsames.«
»Seltsam … verstehe. Betreiben die Mönche dort ein Bordell?«
»Möglich. Vielleicht treiben sie es auch mit den Pferden. Man kann es nicht sagen. Ich bin nicht dicht genug herangekommen, um etwas zu sehen – wenn auch dichter als alle anderen. Diese Mönche sind ein merkwürdiger Haufen. Die Männer, die sie Sergeanten nennen, wohnen in Häusern, die vor dem Eingang zu den eigentlichen Stallungen stehen; nur die Mönche selbst leben in den Stallungen. Und es gibt nicht viel Verbindung zwischen ihnen … den Mönchen und den Sergeanten, meine ich. Ich glaube zwar, dass sie alle Mönche sind, und nach allem, was ich weiß, sind alle Mönche gleich. Diese aber nicht.«
»Gar nichts weißt du, und das meiste von dem, was du glaubst, ist ein Irrtum. Zum einen sind sie Ritter und Sergeanten – Edelmänner und ihre Gefolgsleute –, zum anderen sind sie jetzt Mönche und Laienbrüder. Ein guter Grund für die Trennung. Jetzt sag mir doch bitte, was du glaubst, was dort vor sich geht.«
»Ich sage doch, dass ich es nicht weiß, aber es ist auf jeden Fall merkwürdig. Es hat so ausgesehen, als gäbe es im Inneren eine Tür, die niemand durchschreiten darf, der nicht zu den neun Rittern gehört. Und dahinter habe ich Geräusche gehört, als grübe sich jemand in den Felsen.«
»Als grübe sich jemand in den Felsen. Ist dir bewusst, dass diese Stallungen teilweise in den Tempelberg gehauen sind? Stellen wir uns also einmal vor, dass die Mönche gern ihre Unterkunft verbessern möchten. Die einzige Möglichkeit, sie zu vergrößern, ist, in den Felsen zu graben. Würdest du dem zustimmen?«
»Aye, vielleicht, aber –«
»Ich weiß, ich weiß … aber du hast den Verdacht, dass es dort nicht mit rechten Dingen zugeht. Dann sag mir doch, was es ist. Diese Tür zum Beispiel, die nur die Ritter durchschreiten dürfen, wo ist sie?«
»Im Inneren … im dunkelsten Teil ihrer Unterkunft, an der Rückwand der Höhle.«
»Du meinst die Unterkunft der Ritter? «
»Aye, die Höhle ist zweigeteilt, ein Bereich ist für die Pferde, der andere für die Mönche.«
»Und die Sergeanten, sagst du, leben außerhalb der Höhle?«
»Aye, einige von ihnen arbeiten zwar in den Stallungen, aber sie wohnen nicht dort. Sie haben eine Art Kasernengebäude errichtet, das an die Mauer angrenzt.«
»Es leben also nur die Ritter in den Stallungen – warum ist es dann merkwürdig, dass nur die Ritter diese Tür benutzen, wenn doch außer ihnen niemand dort lebt? Bist du nicht auf den Gedanken gekommen, dass dort vielleicht ihre Latrine ist?«
»Das ist sie nicht, Mylord. Die Latrinen befinden sich auf der anderen Seite. In der Stallhälfte herrscht ein Kommen und Gehen, doch es befindet sich immer ein Ritter in der Nähe dieser Tür. Er ist zwar nicht eindeutig als Wache dort postiert, doch jedes Mal, wenn sich einer der Sergeanten dieser Tür bis
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