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Der Schatz des Blutes

Der Schatz des Blutes

Titel: Der Schatz des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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Studierzimmer, wo er ihn zum Sitzen einlud. Er selbst lehnte sich an die Tischkante.
    »Vielleicht habt Ihr das vergessen – oder vielleicht habt Ihr es auch nie gelernt, obwohl ich das bezweifle: Die wichtigste Voraussetzung für eine Todsünde, die Voraussetzung, ohne die es gar keine Sünde geben kann, ist der Vorsatz. Und die Absicht zu sündigen beinhaltet zwei Dinge: das eindeutige Wissen, dass eine gewisse Handlungsweise in einer Todsünde resultieren wird, und die auf diese Erkenntnis folgende, bewusste Entscheidung, diese Sünde dennoch zu begehen. Versteht Ihr, was ich Euch gerade gesagt habe?«
    St. Clair schüttelte langsam den Kopf. Warmund seufzte und sprach langsam und betont weiter.
    »Ich sage Euch als Erzbischof von Jerusalem, dass ich keine Sünde in Euch finden kann, Bruder Stephen. Ihr habt keine Schuld auf Euch geladen. Ihr habt keinen Einfluss auf diese Träume. Sie kommen ohne Euren Willen über Euch, und daher seid Ihr weder einer bösen Absicht noch der Sünde schuldig.«
    Der Erzbischof sah dem jungen Mann direkt in die Augen.
    »Ich glaube, dass Eure Pein daher rührt, dass Ihr glaubt, ein Sünder zu sein. Also hört mir gut zu, mein Sohn: Das seid Ihr nicht. Glaubt mir, ich bin fest überzeugt, dass diese Träume auch wieder nachlassen werden … nicht sofort, und nicht schnell, sondern langsam, aber sicher. Betet Gott um Seinen Beistand an und begebt Euch in Seine Hände. Er wird Euch nicht im Stich lassen. Nun geht in Frieden und grüßt Bruder Hugh von mir.«
3
    H
    UGH, BRUDER STEPHEN ist wieder da.« Payn Montdidier zögerte, als er das verständnislose Gesicht seines Freundes sah, dann fügte er hinzu: »Bruder Stephen. Du hast doch gesagt, ich soll es dich wissen lassen, wenn er … von seinem Gespräch mit dem Patriarchen zurückkommt.«
    »Mit dem Patriarchen?«
    Hugh de Payens, der den Kopf über eine alte Landkarte gebeugt hatte, war mit seinen Gedanken völlig woanders. Doch dann erhellte sich seine Miene.
    »Ah, Bruder Stephen, ja natürlich. Bitte schicke ihn doch sofort zu mir, Payn.«
    Payn ging gehorsam davon, und de Payens wandte sich erneut seinem Dokument zu und fuhr mit der Fingerspitze über die Linien auf der antiken Karte.
    Kurz nachdem Stephen St. Clair heute Morgen zum Palast des Patriarchen aufgebrochen war, hatten sie die Antwort erhalten, auf die sie so lange gewartet hatten. Doch sie war nicht aus Anjou gekommen. Der Boden unter ihren Füßen hatte sie preisgegeben, als die beiden Brüder, die während der Morgenschicht in den Tunneln arbeiteten, zu einem älteren Tunnel durchgebrochen waren, der oberhalb ihres eigenen Schachtes verlief. Der Durchbruch war reiner Zufall gewesen – plötzlich hatte sich ein Riss in der Decke ihres Schachtes aufgetan, durch den Schotter und Staub gerieselt waren. Sobald die Sicht wieder einigermaßen frei war, hatten die Mönche das Loch vorsichtig untersucht, und es war sofort klar gewesen, dass dies eine Entwicklung von großer Bedeutung war.
    Hugh war gleich davon ausgegangen, dass sie auf einen der Tunnel gestoßen waren, die auf der Karte eingezeichnet waren, über der er immer noch brütete. Graf Fulk von Anjou hatte sie ihnen mitgebracht, als er Jerusalem vor einigen Jahren besucht hatte, eine originalgetreue Kopie eines weiteren uralten Dokuments aus den Ordensarchiven. Allerdings nicht so alt wie die darauf abgebildeten Tunnel, denen man nachsagte, sie seien in der Zeit nach der Flucht der Hebräer aus Ägypten angelegt worden.
    Graf Fulk, der fünfte seines Namens, war nicht nur Ratsmitglied im Orden der Wiedergeburt, sondern er war dazu einer der mächtigsten Adelsherren in ganz Frankreich. Er hatte sich während seines Aufenthalts in Jerusalem – angeblich eine private Pilgerfahrt zu den heiligen Stätten – für alle Welt sichtbar für die Arbeit der Armen Soldaten interessiert. Einmal war er sogar mit de Payens und St. Clair auf Patrouille geritten, um sich mit eigenen Augen ein Bild von der Arbeit des Ordens zu machen.
    Danach hatte er die Mönchsritter begeistert gelobt. Er hatte darauf bestanden, zum Ehrenmitglied des Ordens ernannt zu werden, und den Brüdern dafür eine jährliche Unterstützung von dreißig Pfund in Silber aus seinem Privatvermögen zugesagt. Sein Beifall war von großem Nutzen für das Ansehen des Ritterordens gewesen.
    Hugh verdrängte die Erinnerung an Fulks Besuch und konzentrierte sich wieder auf die Gegenwart. Wie der Zufall es wollte, war er der Erste gewesen, den Gondemare und

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