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Der Schatz des Blutes

Der Schatz des Blutes

Titel: Der Schatz des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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Jugend Respekt verdient, denn er war der eigentliche Nachfolger seines Vaters, des gestrengen und weithin angesehenen Sir Stephen St. Clair, der im Jahr 1066 mit William dem Bastard in England gelandet war.
    William hatte mehr von seinem Vater an sich als all seine Brüder – seine gewaltige Statur und seine Kraft, seinen Charme und seine Intelligenz und sein einzigartiges Können im Umgang mit jeder beliebigen Waffe.
    Er war schon in jungen Jahren gegen die Seldschuken in Outremer in den Krieg gezogen und hatte sich den Ruf eines unerschrockenen, furchterregenden Kriegers erworben – bis ihn bei einer unbedeutenden Schlacht vor den Toren der syrischen Stadt Damaskus ein Seldschukenpfeil niedergestreckt hatte. Danach war er anderthalb Tage in der Wüste gelegen, wo ihn schließlich sein treuer Diener Cedric gefunden hatte. Dieser war zwar kein Soldat, doch er war William schon ein Leben lang treu, und er war unter großer Lebensgefahr in die Wüste aufgebrochen, um die Leiche seines Herrn zu begraben.
    Niemand hatte je sagen können, wie nah William dort im Wüstensand dem Tod gewesen war. Es stand jedoch fest, dass er ihm in der Folge noch näher gekommen war, denn seine Schulterverletzung hatte sich entzündet. Monatelang war er, betreut von einem arabischen Arzt, den Cedric gefunden hatte, dem Tod näher als dem Leben gewesen Als er endlich auf dem Weg der Besserung gewesen war, hatte der Arzt Cedric davon überzeugt, dass es das Beste sei, wenn er seinen Herrn heim nach England brachte.
    Mit einem Teil des Goldes, das William von zu Hause mitgebracht hatte, hatte Cedric die Überfahrt nach Zypern bezahlt und dort ein seetüchtiges Schiff gefunden, das auf dem Heimweg nach Marseille war. Die Reise war furchtbar langwierig gewesen und hatte sie von Zypern nach Kreta, Sizilien, Sardinien und Korsika geführt, bis sie schließlich in Südfrankreich gelandet waren, von wo sich William in die Champagne begab, um seinen entfernten Verwandten, den Grafen Hugh zu besuchen.
    Zufälligerweise war er genau rechtzeitig dort eingetroffen, um die Weihe seines Neffen Stephen mitzuerleben, dem er noch nie begegnet war – und der nur drei Jahre jünger war als er selbst.
    Natürlich habe er die Absicht, irgendwann nach England zurückzukehren, hatte William gesagt, doch vorerst bleibe er lieber noch in Frankreich, wo er in der Sonne essen und trinken und wieder zu Kräften kommen könne.
    Stephen mochte ihn vom ersten Augenblick an. Und er wusste, dass dies auf Gegenseitigkeit beruhte. Doch er war in einer nüchternen Umgebung aufgewachsen, und anfangs hatten ihn das überschwängliche Wesen und die unverblümte Art seines Onkels aus der Fassung gebracht. In seiner Zeit als Soldat hatte er schnell gelernt, dass man dem Lärmen seiner Kameraden am besten aus dem Weg ging, indem man sich für sich hielt. Seinem Onkel wollte er aber gar nicht aus dem Weg gehen, und so gewöhnte er sich an Williams laute Töne.
    Am Tag des Streitgesprächs, das solchen Eindruck auf Stephen gemacht hatte, war Sir William von einem Übungsschwert an der verletzten Schulter getroffen worden, und er sah noch blass und verkrampft aus, als Stephen in das Zimmer trat, wo er gemeinsam mit Graf Hugh bei einem Krug Wein am Kaminfeuer saß.
    Es war spät an einem Winternachmittag gewesen, und der Tag war für diesen Teil Frankreichs ungewöhnlich kalt. Es waren noch zwei Stunden bis zum Abendessen im großen Saal. Normalerweise wäre Sir William noch draußen auf dem Übungsplatz gewesen und Graf Hugh hätte mit der Verwaltung seines Anwesens zu tun gehabt. Doch Sir Williams schmerzende Schulter hatte beide zur Programmänderung gezwungen – und sie genossen die unerwartete Unterbrechung ihres Alltags.
    Der Graf nickte Stephen zu, als dieser eintrat, und lud ihn ein, sich zu setzen und sich Wein einzuschenken. Als der junge Mann dankend ablehnte und stehen blieb, legte Graf Hugh den Kopf zur Seite und musterte ihn.
    »Stimmt etwas nicht? Du siehst unglücklich aus. Möchtest du mit mir sprechen?«
    Stephen zuckte verlegen mit den Schultern.
    »Ja, Mylord, aber es hat Zeit. Ich wusste nicht, dass Onkel William hier ist. Ich komme später wieder …«
    »Nein, lass uns jetzt darüber reden. Ich vermute, dass es etwas mit deinem Studium der Ordenslehre zu tun hat. Wenn dem so ist, hat Williams Meinung genauso viel Gewicht wie die meine. Habe ich Recht mit meiner Vermutung?«
    Er sah Stephen nicken und nickte ebenfalls.
    »Nun gut. Worüber machst du dir solche

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