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Der Schatz des Blutes

Der Schatz des Blutes

Titel: Der Schatz des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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verleihen.
    »Warum solltet Ihr auch? Ihr seid noch nie hier gewesen.«
    Da St. Clair die Anwesenheit des Eunuchen fast vergessen hatte, hatte er nicht mit einer Antwort gerechnet. Daher brauchte er einen Moment, um zu begreifen, dass Ishtar die vage Andeutung, er könne schon einmal hier gewesen sein, nicht überraschte. Er sah den Alten scharf an.
    »Gibt es hier denn noch andere Bäder?«
    »Ha!« Es war eher ein Bellen als ein Lachen, doch St. Clair konnte sehen, dass der Alte belustigt war. »Das kann man wohl sagen. Es gibt noch sechs separate andere Bäder.«
    »Welches habe ich denn dann benutzt?«
    Ishtar fixierte ihn mit ausdruckslosen Augen.
    »Heute, Ferenghi , benutzt Ihr dieses hier. Achmed, den ich Euch schicken werde, wird Euch massieren. Ich werde draußen auf Euch warten und Euch zurückbringen, wenn Ihr fertig seid.«
    Der Alte verneigte sich und entfernte sich ohne jedes weitere Wort.
    Weniger als eine Stunde später kehrte er gebadet, massiert, eingeölt und parfümiert in das Audienzgemach der Prinzessin zurück. Sie war von ihren Hofdamen umringt und mit einer Aufgabe befasst, zu der sie ballenweise leuchtend bunte Stoffe brauchte, die sich als wahrer Farbenrausch überall im Raum verteilten. Als sie ihn hinter Ishtar eintreten sah, entließ sie die Frauen, die mit Stoffen beladen davonhuschten, und erhob sich, um ihn erneut willkommen zu heißen
    Er nickte höflich, versuchte jedoch nicht, ein Gespräch zu beginnen, denn das war nun an ihr. Sie winkte ihn zu einem Diwan und setzte sich neben ihn, sodass ihm jetzt ihr Parfum wieder in die Nase stieg. Es schnürte ihm die Kehle zu und wühlte sein Blut auf.
    »Ah, endlich kann ich mich Euch nähern.«
    Sie hielt inne, doch er verkniff sich jede Reaktion, und schließlich lächelte sie.
    »Bravo! Ich hatte damit gerechnet, dass Ihr bei diesen Worten zurückweichen würdet, doch Ihr habt kaum mit der Wimper gezuckt. Und doch vermute ich, dass Euch die Nähe einer Frau inzwischen noch nervöser macht, jetzt, da Ihr tatsächlich ein Mönch seid. Habe ich Recht?«
    Er fragte sich, was sie wohl vorhatte, nickte jedoch.
    »Aye, Mylady, Ihr habt Recht.«
    »Und doch habt Ihr jahrelang als Ritter gelebt, bevor es Euch in den Sinn gekommen ist, Mönch zu werden. Gewiss hat es Euch doch damals nicht an Frauen gemangelt?«
    Er beschloss, dass dies eine Feststellung war, keine Frage, und so zuckte er nur mit den Achseln.
    »Nun?«
    Es war doch eine Frage gewesen, und die Prinzessin wünschte eine Antwort. Er überlegte kurz, dann sagte er: »Meine Mutter ist gestorben, als ich noch ein Kleinkind war, und ich hatte keine weiblichen Verwandten, Mylady. Ich bin in einem ungewöhnlichen Haushalt groß geworden, in England, wo man uns immer noch als die normannischen Invasoren hasst, die das Land vor nicht einmal fünfzig Jahren erobert haben. Es war ein Haushalt, in dem es zwar keine Frauen gab, in dem jedoch uralte Werte hochgehalten wurden. Meine Erziehung war auf diesen Werten aufgebaut. Während meiner ganzen Kindheit stand ich unter der Aufsicht einer Gruppe weiser, gläubiger und gelehrter Männer.«
    Er hielt einige Atemzüge inne, bevor er fortfuhr.
    »Sie haben mich vieles gelehrt, wofür ich ihnen dankbar bin. Doch keiner von ihnen hatte Erfahrung im Umgang mit Frauen. Und so ist mir diese verwehrt geblieben.«
    Abermals hielt er inne, stirnrunzelnd jetzt und gedankenverloren.
    »Glücklicherweise war ich nicht nur ein guter Schüler, sondern ich besaß dazu alles, was ein guter Soldat braucht, und so wurde ich früh zum Ritter geschlagen. Dann bin ich als sehr, sehr junger Mann in die Welt hinausgezogen, weil ich darauf brannte, für die Dinge zu kämpfen, die man mich gelehrt hatte. Das war wohl das Ende meiner Jugend. Ich habe schnell festgestellt, dass ich wenig mit meinen Kameraden gemeinsam hatte und noch weniger mit den Frauen in ihrem Gefolge.«
    St. Clair sprach weiter, als hätte er völlig vergessen, dass er eine Zuhörerin hatte.
    »Mein erstes Jahr in der Fremde war eine Zeit der unangenehmen Entdeckungen. Am schnellsten habe ich den Unterschied zwischen der Welt der Ideen und Ideale erkannt, in der ich aufgewachsen war, und der wirklichen, brutalen Welt, in der die meisten Menschen leben. Meine Kameraden waren nicht das, was ich mir unter Rittern vorgestellt hatte. Sie waren Barbaren, den es an den Grundzügen dessen mangelte, was man mir als das Verhalten eines Christen beigebracht hatte. Überall herrschte Gottlosigkeit, Heuchelei,

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