Der Schatz des Blutes
war Prinz Bohemond von Antiochien, der aus Italien eingetroffen ist, um den Thron seines Vaters zu besteigen. Er macht hier Halt, um sich seine Verlobte, Prinzessin Alice, abzuholen. Wo seid Ihr gewesen, dass Ihr das nicht wisst?«
St. Clair zuckte mit den Achseln.
»Ich war auf Patrouille und habe mich mit Briganten vergnügt. Bin erst seit gestern zurück. Der junge Mann sieht ja sehr beeindruckend aus. Er soll Prinzessin Alice heiraten, sagt Ihr?«
»Aye, sobald es sich einrichten lässt, denn er hat ein Königreich – oder zumindest ein Fürstentum – zu ordnen. Es ist schon viel zu lange ohne Regenten.«
Der Ritter richtete den Blick auf seine Männer, dann salutierte er St. Clair mit erhobener Hand und widmete sich wieder seinen Pflichten. St. Clair blieb noch eine Minute stehen und sah zu, wie der andere Mann seine Truppe in Bewegung setzte, doch seine Gedanken waren anderswo. Sein Kopf war voller Gedanken an die Prinzessin und ihre bevorstehende Hochzeit. Er stellte unerwartet fest, dass er eine wachsende Abneigung gegenüber dem edelblütigen jungen Mann empfand, der ihr Ehemann werden sollte. Tief in seiner Brust bildete sich ein Kloß aus Neid und Frustration, der seine Signale bis in seine Lenden aussandte und ihm Bilder ins Gedächtnis rief, an die er sich lieber nicht erinnert hätte.
Zögernd verweilte er noch ein wenig und kämpfte gegen die unvernünftige und lächerliche Versuchung an, der Parade zum Königspalast zu folgen. Schließlich drehte er sich abrupt um und schritt davon. Zu seiner Überraschung waren die Straßen jetzt so gut wie leer.
Er war noch bemüht, die Gedanken an die Prinzessin aus seinem Kopf zu vertreiben, als er den eingezäunten Bereich vor den Stallungen des Pferdehändlers Hassan erreichte. Er blieb stehen, um die drei Tiere zu bewundern, die dort standen, ein Schimmel, ein Falbe und ein bildschöner Apfelschimmel. Alle drei waren Hengste und zeigten den klaren Körperbau und das unverwechselbare Hechtköpfchen der rein gezüchteten Araber. Er fragte sich, was sie wohl wert sein mochten, und lächelte reumütig, als ihm einfiel, dass selbst das am wenigsten wertvolle der drei Pferde schon vor seinem Eintritt in den Mönchsorden für ihn unbezahlbar gewesen wäre.
»Sie sind herrlich, nicht wahr, Lord St. Clair?«
Er fuhr herum und sah sich einem Mann gegenüber, den er zwar erkannte, den er aber nicht einordnen konnte. Und es verblüffte ihn so, in seiner eigenen Sprache angeredet zu werden, dass er es versäumte, die Anrede zu verbessern, die der Mann benutzt hatte. Jetzt fiel ihm wieder ein, woher er den Mann kannte, und er griff nach dem Päckchen in seinem Gürtel. Dann sprach er auf Arabisch.
»Ihr seid der Mann, den man Nabib nennt und der für Hassan arbeitet, nicht wahr?«
Der andere Mann neigte elegant den Kopf und antwortete in derselben Sprache.
»Ich habe die Ehre, Allah sei gepriesen. Was kann ich für Euch tun?«
»Gar nichts. Ich überbringe nur eine Botschaft.« Er streckte die Hand mit dem Päckchen aus. »Ich wurde gebeten, dies Eurem Herrn bei seiner Rückkehr zu überbringen. Sein Vetter Hassan schickt es ihm.«
Der andere Mann zog die Augenbrauen hoch, ließ sich aber sonst nichts anmerken.
»Sein Vetter Hassan? Hassan, der Krieger?«
St. Clair nickte.
»Der Krieger. Ich bin ihm in der Wüste begegnet, in der Nähe von Jaffa, und er hat mich gefragt, ob ich das Päckchen mitnehmen würde.«
Der Hauch eines Lächelns zuckte im Mundwinkel des Arabers, doch er neigte nur erneut den Kopf.
»Dann muss es von großer Bedeutung sein, wenn ein Schiitenkrieger es einem Ferenghi zur Aufbewahrung gibt. Ihr könnt Euch unserer fortwährenden Dankbarkeit gewiss sein, Lord St. Clair.«
»Nicht Lord St. Clair, Nabib. Ich bin nur noch ein gewöhnlicher Mönch, den man Bruder Stephen nennt.«
Wieder nickte Nabib.
»Der Prophet lehrt uns, dass wir andere nicht geringschätzen sollen, indem wir ihren Worten keinen Glauben schenken. Doch ich muss Euch etwas sagen. Es mag ja sein, dass Ihr Bruder Stephen heißt, aber kein Ferenghi , der Hassan, den Schiiten seinen Freund nennen darf, könnte jemals gewöhnlich sein. Nehmt unseren Dank entgegen und geht mit Gott, mein Freund.«
Als er den Marktstand des Arabers verließ, war St. Clair im ersten Moment versucht, über den Markt zu schlendern und in seiner Vorliebe für Süßigkeiten zu schwelgen. Je mehr er jedoch versuchte, sie zu vergessen, desto stärker drängte sich die Prinzessin in seine
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