Der Schatz des Blutes
stets verlässlicher Freund, der Hugh und Godfrey schmerzlich fehlte, wenn er nicht bei ihnen war, obwohl das selten der Fall war.
In dem Jahr, das auf Hughs Weihe folgte, erlebten die drei jungen Männer die sorgloseste Zeit ihres Lebens, und obwohl ein Großteil ihres Tages ihren Pflichten gehörte, fanden sie irgendwie stets Zeit füreinander.
Theoretisch und aller semantischen Unmöglichkeit zum Trotz hatte das Triumvirat noch ein viertes Mitglied, was auch keiner der jungen Männer geleugnet hätte, während sie gleichzeitig auf den Unterschied hingewiesen hätten, der den vierten jungen Mann von ihnen trennte.
Sir Hugh de Payens hatte einen Gefährten namens Arlo, der von Geburt her eigentlich ein Bediensteter war. Aber die beiden waren schon als Kinder so unzertrennlich gewesen, dass Arlo ein fester Bestandteil von Hughs Leben war und dieser ihn zunächst als Spiel- und später als Klassenkameraden an seinen Gedanken und Tätigkeiten teilhaben ließ, ihn lesen und schreiben lernen ließ und ihn später, als sie beide erwachsen wurden, zu seinem Knappen, Leibwächter und Waffengenossen machte.
Arlos Vater Manon diente Baron Hugo de Payens ebenfalls schon sein Leben lang, und Arlo war keine drei Monate nach Hugh und keine zweihundert Schritte von ihm entfernt geboren worden. Vom Tag seiner Geburt an war es abgemachte Sache gewesen, dass Arlo, der aufgrund seines Geburtsortes ebenfalls den Namen de Payens tragen durfte, dem zukünftigen Sir Hugh genauso dienen würde wie sein Vater dem Baron. Seitdem waren sie – als Kinder wie als Erwachsene – unzertrennlich und genossen jenes einzigartige gegenseitige Vertrauens- und Loyalitätsverhältnis, das in den besten Fällen zwischen einem Herrn und seinem Gefolgsmann entsteht. Sie kannten sich so gut, dass oftmals jedes Wort zwischen ihnen überflüssig war, weil sie beinahe wie ein Mann dachten, und die beiden anderen Mitglieder des Trios akzeptierten Arlo fraglos als einen Teil von Hugh.
Der Orden der Wiedergeburt war das einzige Thema, das für sie tabu war, wenn Arlo in Hörweite war – eine Entwicklung, auf die Hugh nicht gefasst gewesen war, als er zum ersten Mal mit dem Orden in Berührung kam. Es war der einzige Aspekt, der ihm an seinem neuen Status nicht gefiel, weil es bedeutete, dass er nach achtzehn Jahren absoluter Gemeinsamkeit zum ersten Mal gezwungen war, Geheimnisse vor Arlo zu haben. Die Tatsache, dass er die Notwendigkeit der Geheimhaltung verstand und für gerechtfertigt hielt, änderte nichts daran, dass er dies bedauerte. Doch ihm blieb keine andere Wahl als zu akzeptieren, dass Arlo kein Mitglied des Ordens war und es auch niemals sein würde – und dass er nichts daran ändern konnte.
Sein Dilemma löste sich schließlich auf höchst unerwartete Weise.
Hugh war fest davon überzeugt gewesen, dass Arlo nichts von den Vorgängen ahnte. Dann jedoch kam ein Tag, an dem Hugh Arlo im Lauf eines Nachmittags nicht nur einmal, sondern dreimal ausschließen musste, und er ärgerte sich, dass es ihm nicht möglich war, dabei weniger offensichtlich vorzugehen. Noch am selben Abend sprach Arlo das Thema auf seine übliche, direkte Weise an. Es war ein kühler Abend; sie saßen zu zweit in der Nähe der Stallungen am Feuer. Arlo schärfte Hughs Schwert, während sich Hugh die Klinge eines langen, spitzen Dolches vorgenommen hatte.
Arlo sprach, ohne von seiner Tätigkeit aufzublicken.
»Du hattest heute viel zu tun, nicht wahr? Ständig unterwegs, und dabei hast du den ganzen Tag die Stirn gerunzelt und dir auf die Zunge gebissen.«
Hugh erstarrte, und er fragte sich, was wohl jetzt kommen würde, doch Arlo ließ ihm keine Gelegenheit, etwas zu sagen, sondern beeilte sich weiterzusprechen.
»Jeder erlebt manchmal solche Tage.«
Jetzt richtete er sich auf und lehnte den Schwertknauf an sein Knie, bevor er sich Hugh zuwandte.
»Du bist verärgert und bestürzt. Das kann ich sehen … Jeder kann es sehen. Aber es wird immer schlimmer, seit du vor ein paar Monaten dieser Zusammenkunft beigewohnt hast …«
Er verstummte und nahm das Schwert wieder in die Hand, um die Klinge auf Rostflecken zu untersuchen.
»Weißt du auch, warum ich damals nicht dabei war?«
Er richtete den Blick gerade noch rechtzeitig auf Hugh, um zu sehen, wie dieser vor Erstaunen über diese Frage blinzelte, und fügte hinzu: »Natürlich weißt du das. Weil ich nicht eingeladen war, deshalb. Und obwohl ich damals gar nicht darüber nachgedacht habe, war ich froh darüber
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