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Der Schatz des Blutes

Der Schatz des Blutes

Titel: Der Schatz des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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… oder ich wäre froh gewesen, wenn es mir in den Sinn gekommen wäre. Ich wäre bei einem solchen Anlass völlig deplatziert. Ich hätte ein schlechtes Gefühl dabei, mit großen Augen unter euch Rittern in euren herrlichen Kleidern zu sitzen. Genauso, wie du ein schlechtes Gefühl dabei hättest, mit den Küchenjungen und uns anderen in der Küche zu sitzen und zu essen, was wir manchmal essen …«
    Hugh sah ihn stirnrunzelnd an.
    »Ich bin mir nicht sicher, ob ich verstehe, was du mir sagen willst, Arlo.«
    »Warum denn nicht, es ist doch offensichtlich.«
    Arlo atmete abrupt aus.
    »Wir sind Freunde, Hugh, aber vor allem anderen sind wir in Wirklichkeit auch Herr und Diener – du der Sohn des Barons und ich der Sohn seines Bediensteten. Ich verliere das nie aus dem Blick, du aber manchmal schon, und das solltest du nicht. Niemals. Nun bist du also ein Mann, und dich beschäftigen neue Dinge, Dinge, die ich nicht erfahren darf. Und das bestürzt dich. Ich kann manchmal sehen, wie du dir deswegen Gedanken machst, so wie heute. Nun, das solltest du nicht, denn ich tue es ja auch nicht. Und ich will gar nicht wissen , was es ist, das du so geheim halten musst. Ich weiß, dass es nichts Böses ist, denn das läge dir nicht. Aber ich weiß auch, dass ich nicht darüber nachdenken sollte, weil es mich einfach nichts angeht, und damit bin ich ganz zufrieden …«
    Er hielt erneut inne und sah Hugh direkt an.
    »Ich bin glücklich mit dem, was ich tue. Ich habe genug zu tun, ich weiß, wie ich es tun muss, ich kann es im Schlaf, wenn ich muss … Verstehst du, was ich meine?«
    »Aye.«
    Hugh begann zu lächeln.
    »Du meinst, ich soll mich um meine Angelegenheiten kümmern und sie für mich behalten und dich den deinen überlassen. Ich verstehe.«
    »Gut, weil du dir gleich einen Finger abschneidest, wenn du nicht allmählich hinsiehst.«
    Von diesem Abend an war Hugh weniger elend zumute, wenn er Arlo etwas verschweigen musste.
     
    ALS ES ENDLICH SO WEIT WAR, dass Godfrey Hughs Schwester Louise heiratete – Godfrey war inzwischen fast einundzwanzig und hatte sich Zeit damit gelassen, in den Hafen der Ehe einzulaufen –, hatten sich die anderen längst damit abgefunden, und es war ihnen kaum noch einen Kommentar wert.
    Obwohl sie eine Frau war, stand Louise ihnen allen nah, und sie wussten, dass ihre Heirat mit Godfrey am Vertrauensverhältnis des Triumvirats nichts ändern würde.
    Womit jedoch niemand rechnete, war, dass Payn etwa zur gleichen Zeit Lady Margaret St. Clair heiratete.
    Payns Wunsch hatte sich erfüllt, und er war ihr vorgestellt worden, als sie mit ihrem Vater anlässlich von Hughs Weihe zu Besuch gewesen war. Zwar war Payn von ihr viel hingerissener als sie von ihm, doch er hinterließ einen guten Eindruck – so gut, dass Lady Margaret in der Folge nichts unversucht ließ, um ihren Vater zu einem weiteren Besuch in der zivilisierten Welt der Champagne zu überreden.
    Sir Stephens Frau war vor Jahren gestorben, und schon bei der Geburt seiner einzigen Tochter war er ihren Launen und Wünschen gegenüber machtlos gewesen. Doch diesmal war er nicht in der Lage, ihr den Gefallen zu tun, denn seine Verpflichtungen gegenüber dem König von England – William Rufus, dem Sohn Williams des Eroberers – hinderten ihn daran. Aber dann schien es, als hätten sich die Umstände mit ebendiesen Pflichten verschworen, und St. Clair sah sich gezwungen, Margaret allein in die Champagne zurückzuschicken – ob er es wollte oder nicht.
    Sie traf im Frühsommer 1091 in Begleitung eines beachtlichen Gefolges wieder in der Baronie Payens ein und brachte dem Baron einen dicken Brief ihres Vaters mit. Baron Hugo war so anständig, sich sein ungutes Gefühl angesichts der unerwarteten Rückkehr der jungen Dame nicht anmerken zu lassen und sie mit offenen Armen willkommen zu heißen.
    Als seine Frau und seine begeisterte Tochter mit ihr verschwunden waren, um ihr ihr Quartier zu zeigen und ihr Gefolge bei ihren eigenen Dienstboten unterzubringen, setzte sich der Baron nieder, um den Brief seines Freundes zu lesen. Er umfasste sechs Bogen schweres Schafshautpergament – sorgfältig gegerbt, geglättet und geschmeidig gemacht – und war mit großer Präzision verfasst.
     
    York
    Am fünften Tag im Juni, Anno Domini 1091
    An Baron Hugo de Payens in der Grafschaft Champagne
     
    Ich grüße Dich , mein Freund ,
    wenn Dich dieser Brief erreicht , wird ihn mein größter und kostbarster irdischer Besitz begleiten , meine

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