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Der Schatz des Blutes

Der Schatz des Blutes

Titel: Der Schatz des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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kurzem aus türkischer Gefangenschaft befreit wurde. Ich hatte gar nicht gewusst, dass er sich im Heiligen Land aufhielt, geschweige denn, dass ihn die Muselmanen in ihrer Gewalt hatten. Er ist vor Jahren in die Picardie heimgekehrt, und ich war davon ausgegangen, dass er dort geblieben ist. Jedenfalls habe ich seitdem nichts mehr von ihm gehört … Doch wenn die Nachricht wahr ist, muss er schon seit einiger Zeit wieder hier sein. Jahrelang hat mich seine Frau, meine Schwester Louise, verlässlich über alles informiert. Aber seit Jahren habe ich schon nichts mehr von ihr gehört. Und jetzt stelle ich fest, dass ich nicht einmal weiß, ob sie noch lebt. Habt Ihr –?«
    De Payens sah den jüngeren Mann an und beantwortete sich seine Frage dann selbst.
    »Nein, das habt Ihr nicht. Ihr seid zu jung. Doch Ihr werdet feststellen, dass die Zeit umso schneller verstreicht, je älter Ihr werdet. Bis vor zwei Tagen war mir nicht bewusst, dass fast achtzehn Jahre verstrichen sind, seit ich zum ersten Mal nach Outremer gekommen bin. Zwar bin ich in der Zwischenzeit zu Hause gewesen, doch es ist sieben Jahre her, seit ich das letzte Mal von meiner Schwester gehört habe.«
    Arlo de Payens, der den beiden Rittern folgte, hörte ihm lächelnd zu, während de Beaufort seinem Herrn mit großen Augen jedes Wort von den Lippen ablas.
    Sir Hugh de Payens war zwar aus vielen Gründen berühmt, doch Freundlichkeit und Redseligkeit gegenüber Fremden gehörten nicht dazu. Im Gegenteil, er war berüchtigt, weil er rüde, schweigsam und wenig mitteilsam war, ein Mann der hohen Prinzipien, der dunklen Stimmungen und der Unnachgiebigkeit, der am liebsten mit sich selbst allein war – und der mit Nachdruck dafür sorgte, dass man ihn in Ruhe ließ.
    Dass er tatsächlich mit de Beaufort über persönliche Dinge redete, war ausgesprochen ungewöhnlich.
     
    NATÜRLICH WAR DE PAYENS nicht immer so unfreundlich oder misstrauisch gewesen.
    Es war ein allmählicher Prozess gewesen, der sich über mehr als ein Jahrzehnt karger Lebensbedingungen und brutaler Lektionen hinzog. Doch Arlo wusste, dass die Veränderung eigentlich an jenem Tag im Jahr 1099 ausgelöst worden war, an dem Jerusalem fiel – am fünfzehnten Juli, Hughs neunundzwanzigstem Geburtstag.
    Von diesem Tag an war Hugh ein anderer Mensch gewesen. Nach der Rückkehr von seiner bis heute unerklärten, dreiwöchigen Flucht in die Wüste war seinen Waffenkameraden rasch klar geworden, dass sich de Payens drastisch verändert hatte. Das hatte sich innerhalb von Tagen überall herumgesprochen und bei vielen Rittern große Bestürzung und Verunsicherung darüber ausgelöst, wie sie weiter mit diesem Mann umgehen sollten, den sie so gut zu kennen glaubten.
    Sie hätten sich die Fragen sparen können, denn de Payens hatte einfach jeden Umgang mit ihnen abgebrochen, nachdem er beschlossen hatte, dass er nichts mehr mit diesen selbst ernannten »Christenkriegern« und ihrer blutrünstigen Verlogenheit zu tun haben wollte. Seit dem Moment seiner Rückkehr von seinem mysteriösen Ausflug lebte Hugh de Payens in einem selbst gewählten Exil des Schweigens, umringt von anderen, die er jedoch ignorierte, es sei denn, die Pflicht verlangte von ihm, dass er als Teil der Armee agierte. Während er vor seinem Verschwinden durchaus die übliche Geselligkeit gepflegt hatte, sprach Hugh de Payens jetzt mit niemandem mehr. Wenn ihn jemand anredete, reagierte er, indem er sich einfach abwendete und wortlos davonging.
    Einmal hatte ein Ritter, der für seine Intoleranz und sein aufbrausendes Gemüt bekannt war, sich dieses beleidigende Verhalten verbeten und de Payens von hinten an der Kehle gepackt. Hugh war herumgefahren und hatte ihm mit einem gezielten Fausthieb gegen die Stirn das Bewusstsein geraubt. Als es Abend wurde und sich der andere Ritter so weit erholt hatte, dass er sich einredete, einfach nur überrumpelt worden zu sein, nahm er den Streit wieder auf, indem er Hugh mit gezogener Klinge entgegentrat und damit gegen jedes Militärgesetz verstieß. De Payens hatte ihn unverzüglich entwaffnet und sein Schwert zerbrochen. Dann hatte er den Mann so gründlich durchgeprügelt, dass er jeden Zweifel daran ausräumte, wie wenig ratsam es war, sich dem Ritter aus Payens ungefragt aufzudrängen.
    Danach verbreitete sich schnell das Gerücht, de Payens sei verrückt geworden und spräche nur noch mit seinem Knappen – außer bei der Ausübung seiner Ritterpflichten, die er vorbildlich erfüllte. Dabei

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