Der Schatz des Blutes
bezeichneten, das Land jenseits des Meeres.
Es war sein natürlicher Rang gewesen, der ihm das Kommando über diese Truppe eingebracht hatte; man hatte ihn nicht zum Befehlshaber ernannt, und doch gab es keinen unter ihnen, der Einspruch eingelegt hätte.
Auch nach siebzehnjähriger Besetzung waren Reisen innerhalb des Königreichs Jerusalem noch so gefährlich wie eh und je, denn vom dreißig Meilen westlich an der Küste gelegenen Joppe bis Jerusalem und weiter bis Jericho, etwa halb so weit in die andere Richtung, wimmelte es in den Hügeln vor Briganten und Banditen, deren Beute die Reisenden – grundsätzlich Franken und meistens Pilger – waren, die auf den Straßen zwischen den heiligen Stätten hin und her reisten. Daher war es nur vernünftig zu warten, bis eine Reise – und wenn sie noch so wichtig war – aus Gründen der Sicherheit in einer großen Gruppe unternommen werden konnte. Dies war eine solche Gruppe, die allerdings durch einen seltsamen Zufall ausschließlich aus Rittern und Waffenknechten bestand und keine Pilger oder Kaufleute umfasste. Doch selbst unter diesen Berufskriegern herrschte einstimmige Dankbarkeit, dass sie sich unter Hughs Kommando in der Gesellschaft eines Veteranen befanden, der genau wusste, was er tat.
Hugh ritt eine Weile schweigend neben Sir Julian her.
Ohne sich umsehen zu müssen, war er sich sicher, dass Arlo dicht hinter ihm ritt, wie es seit vier Jahrzehnten seine Gewohnheit war. Dennoch hatte er ein ungutes Gefühl. Ihre Reise nach Jericho war ungeplant gewesen, und in Outremer hing das Überleben davon ab, dass man jede Reise sorgfältig plante.
Doch vor ein paar Tagen war ein Mann gekommen, der Hugh de Payens suchte, um ihm eine Nachricht von seinem ältesten Freund Godfrey St. Omer zu überbringen. Diesem Boten zufolge – dem Hugh auf den ersten Blick als schlitzäugigem Heuchler misstraut hatte, der in der Hoffnung auf Profit jede Lüge erzählen würde – befand sich St. Omer in der Obhut des unlängst gegründeten Ordens der Hospitalritter in ihrem Nebenhospiz in Jericho, wo er sich von den Gräueltaten erholte, die ihm in der Sklaverei der Moslems angetan worden waren.
Das war eine erstaunliche Nachricht gewesen, denn Hugh hatte seit Jahren nichts mehr von Godfrey gesehen oder gehört. Deshalb war seine erste Reaktion, dass diese Nachricht gefälscht sein musste.
St. Omer war im Jahr 1107 nach elfjähriger Abwesenheit auf das Familiengut in der Picardie zurückgekehrt. Dort hatte er sich mit dem Einverständnis des Grafen Hugh de Champagne zur Ruhe gesetzt, um an der Seite seiner kranken Frau Louise weilen zu können. Hughs jüngere Schwester war an einer schweren Lähmung erkrankt, während Godfrey in Palästina weilte.
Doch das war nun schon Jahre her, und Hugh war fest davon überzeugt, dass Goff durch den Orden der Wiedergeburt mit seinem alten Freund und Schwager Kontakt aufgenommen hätte, wenn er vorgehabt hätte, nach Outremer zurückzukehren – daher auch sein instinktives Misstrauen gegenüber dem Boten aus Jericho.
Nach genauerer Überlegung hatte er jedoch begriffen, dass sein Argwohn unlogisch war, denn der Mann hätte ja gar keine Grundlage für seine Geschichte gehabt, wenn Godfrey nicht in Jericho gewesen wäre. Also hatte er Arlo aufgetragen, sich reisefertig zu machen und eine geeignete Gruppe zu finden, mit der sie so bald wie möglich aufbrechen konnten.
Graf Hugh selbst war vor einem Jahr in die Champagne zurückgekehrt, daher erwarb sich Hugh seine Reiseerlaubnis bei Lucien de Troyes, dem Abgesandten des Grafen im Heiligen Land. Als Ordensbruder kannte de Troyes Godfrey St. Omer gut, sodass die Erlaubnis prompt erteilt worden war, obwohl de Troyes selbst mitten in den Vorbereitungen für seine baldige Abreise nach Frankreich steckte.
»Nun, Sir Hugh, darf ich fragen, was Euch in solcher Eile nach Jericho führt?«
De Baufort drehte sich im Sattel zur Seite, um de Payens anzusprechen, doch als sein Begleiter, plötzlich aus seinen Gedanken gerissen, seinen Blick mit einem Ruck seines Kopfes erwiderte, hob er rasch die Hand.
»Vergebt mir, ich war nur neugierig. Ich wollte nicht in Euch dringen, aber Ihr habt gesagt, Ihr hättet diese Reise nicht geplant gehabt.«
De Payens schüttelte den Kopf und tat de Beauforts Entschuldigung mit einer Handbewegung ab.
»Ich fühle mich nicht bedrängt. Ich habe die Nachricht erhalten, dass sich ein alter Freund in der Obhut des Hospitals in Jericho befindet, nachdem er erst vor
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