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Der Schatz des Blutes

Der Schatz des Blutes

Titel: Der Schatz des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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Freund, aber ich habe es vermutet, nachdem ich nichts mehr von ihr hörte. Sie hat doch immer so gern Briefe geschrieben. Ich wusste, dass nur der Tod oder eine schwere Krankheit sie davon abhalten konnte, mir zu schreiben. Wo liegt sie begraben? Hast du sie in die Champagne gebracht?«
    St. Omers Kopfschütteln war kaum zu sehen.
    »Nein, sie ruht in unserem Garten in der Picardie. Dort hat sie sich immer gern aufgehalten. Hast du … weißt du von deinem Vater?«
    »Nein? Was ist mit ihm? Ist er ebenfalls tot?«
    »Aye … kurz nach deiner Rückkehr hierher. Ohne … ohne deine Mutter hatte er keinen Lebenswillen mehr …«
    Hughs Mutter war gestorben, während er im Languedoc studierte. Bei ihrer Beerdigung war er über den Zustand seines Vaters erschrocken gewesen, wohl, weil er im Inneren bereits begriff, dass der Baron kein Interesse am Weiterleben mehr hatte. Nun war er tatsächlich tot.
    »Dann ist William jetzt Baron?«
    »Aye.«
    »Was hat dich denn wieder nach Outremer verschlagen? Fühlst du dich kräftig genug, um darüber zu reden, oder sollen wir dich schlafen lassen?«
    »Ich bin … müde. Vergib mir, mein Freund … aber morgen werden wir weiterreden … und übermorgen.«
    Als Hugh aufgestanden und an die Trage getreten war, um es ihm möglichst angenehm zu machen, schlief St. Omer schon. Arlo holte eine zusätzliche Decke aus dem Wagen und legte sie um den Schlafenden. Danach hatten auch er und Hugh sich schlafen gelegt.
     
    ALS SIE ST. OMER am folgenden Abend gemeinsam mit den anderen Kranken aus Jericho im Hospital abgeliefert hatten, war es schon sehr spät, sodass ihnen keine Zeit mehr zum Reden blieb.
    Am nächsten Tag hatte Hugh Dienst, sodass Arlo St. Omer allein besuchte und sie sich über Belanglosigkeiten unterhielten, wenn dem Ritter nach Reden zumute war.
    Doch am Abend danach kehrte Hugh gemeinsam mit Arlo zu ihm zurück. Er war hocherfreut zu sehen, dass es St. Omer schon viel besser ging. Seine Stimme war viel kräftiger, und seine Gesichtsfarbe war frischer als bei ihrer letzten Begegnung. An diesem Abend konnten sie sich schon viel flüssiger unterhalten.
    »Du wolltest mir erzählen, wie du wieder nach Outremer gekommen bist«, begann Hugh grinsend. »Aber dann bist du eingeschlafen.«
    St. Omer lächelte zurück, ein Schatten seines früheren respektlosen, unbändigen Grinsens.
    »Verzeih mir, denn ich wollte gar nicht aufhören, aber mein Körper hat mir einfach den Dienst versagt. Das geschieht heute Abend nicht, das verspreche ich dir. Zumindest vorerst nicht.«
    »Ich hoffe nur, du hast Arlo gestern nicht den Rest der Geschichte erzählt?«
    »Nein, Arlo und ich haben nur geplaudert. Aber ich fürchte, ich bin in seiner Gegenwart ebenso eingeschlafen.«
    »Mach dir deswegen keine Gedanken, schließlich bist du krank. Aber ich bin neugierig auf deine Geschichte. Was ist passiert? Warum bist du zurückgekommen? Ich hätte nie gedacht, dass du das tun würdest.«
    St. Omer verzog das Gesicht und schüttelte beinahe unmerklich den Kopf.
    »Es hatte mit der Situation zu tun, über die wir uns unterwegs schon unterhalten haben. Ich konnte einfach nicht zur Ruhe kommen. Von der Stunde meiner Rückkehr an habe ich mich in Amiens deplatziert gefühlt. Als dann auch noch Louise gestorben ist, habe ich jeden Lebenswillen verloren … ähnlich wie dein Vater nach dem Tod deiner Mutter. Ich habe erst begriffen, wie sehr ich meine Frau liebte, als sie krank geworden ist und ich sie verloren habe. Dann hat mich das schlechte Gewissen überwältigt, weil ich so viele Jahre fernab von ihr verbracht und den Ritter gespielt habe, während ich doch an ihrer Seite hätte sein können und mich an ihrer Gesundheit und Schönheit hätte erfreuen können. Ich sage es dir ganz offen, Hugh, ich wäre am liebsten gestorben, und ich dachte, ich würde mich nie von meinem Schmerz und den Schuldgefühlen erholen. Zweimal war ich sogar nahe daran, mich umzubringen. Aber ich konnte es nicht.«
    So unwahrscheinlich es auch gewesen war, hatte Godfrey doch das Familienvermögen geerbt. Seine älteren Brüder waren alle auf die eine oder andere Weise vor ihm gestorben. Er war der Paterfamilias geworden und als solcher auf einmal unfreiwillig verantwortlich für seine ganze Sippe und ihre Besitztümer.
    »Also habe ich Rat und Hilfe … bei einem engen Freund gesucht.«
    Das Zögern am Ende dieses Satzes war kaum spürbar gewesen, doch Hugh hatte den raschen Blick in Arlos Richtung gesehen und wusste daher,

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