Der Schatz des Blutes
–?«
Er brach mitten im Satz ab, denn jetzt kam hinter einem Felsvorsprung keine halbe Meile von ihm und seinen Begleitern entfernt ein zweiter rasender Reitertrupp zum Vorschein, und seine ungestellte Frage beantwortete sich von selbst.
De Payens stellte bereits Berechnungen über Geschwindigkeit, Zeit und Entfernung an.
»Banditen. Sie werden die Pilger erwischen, bevor wir die Hälfte der Strecke bis zu ihnen zurückgelegt haben. Aber wenn wir jetzt reagieren, können wir sie vielleicht ablenken. Sind wir uns einig?«
Er hörte das vertraute Geräusch von Waffen, die aus den Scheiden gezogen wurden, und von Metallhelmen, die zurechtgerückt wurden. Und schon beugte er sich im Sattel vor, gab seinem Pferd die Sporen und wies mit dem Speer auf den Feind, den er jetzt deutlich genug sehen konnte, um ihn zu zählen. Es waren fünfzehn oder sechzehn – sie bewegten sich zu schnell, um es genau zu sagen –, mehr als genug also, um sieben Gegner zu überwältigen. Doch wie die meisten Banditen waren sie undiszipliniert, und sie hatten keinen Hang zu Heldentaten, wenn die Chancen nicht deutlich für sie standen. Deswegen hoffte de Payens, dass sie sich von seinem Anblick und dem seiner Begleiter entmutigen lassen würden.
Er hatte ihre Geschwindigkeit und die Entfernung richtig eingeschätzt, denn die Banditen erreichten ihre Beute lange, bevor de Payens und seine Begleiter für sie zur Bedrohung werden konnten, doch ihr Anblick ließ die Räuber zögern, und die sieben Verteidiger nutzten ihre Unentschlossenheit, um sie in Formation anzugreifen und sie in zwei Gruppen aufzuspalten, und schon lagen zwei von ihnen reglos am Boden.
Die Banditen zogen sich zurück, um sich erneut zu sammeln und einen zweiten Angriff auf die unbewaffneten Pilger zu unternehmen, doch ihre Opfer waren nicht länger hilflos. Die nahenden Retter hatten den Abstand weiter verkürzt, und dann ging alles sehr schnell.
Die Banditen konnten jetzt die hämmernden Hufe der fränkischen Schlachtrösser hören, und ihnen war klar, dass ihre zahlenmäßige Überlegenheit in wenigen Sekunden dahin sein würde. Sie flohen erneut, diesmal endgültig, und gaben ihren Pferden die Sporen. Anscheinend erwarteten sie, dass die Franken die Verfolgung aufgeben und sie entkommen lassen würden. Doch de Payens hatte nicht die Absicht, diese Marodeure ungestraft entwischen zu lassen. Sein Blut kochte, und er nahm die Zügel fester in die Hand und trieb sein Pferd zu noch größerer Geschwindigkeit an. Er wusste, dass ihm seine Begleiter dicht auf den Fersen folgten. Womit er jedoch nicht gerechnet hatte, war, dass sich die anderen sieben Reiter ihnen anschließen würden, sodass sie sich nun fünfzehn Mann stark, Ritter und Knechte, zu einer gewaltigen Pfeilspitze formierten, die ihren Feinden keine andere Wahl ließ als zu fliehen.
Sie jagten sie fast eine Meile weit, bis de Payens begriff, dass es beinahe Nacht war und die Feinde sie mit ihren leichteren Pferden immer tiefer in die Wüste lockten, wo die Banditen den verlorenen Vorteil schnell zurückerlangen würden. Widerstrebend zügelte er sein Pferd und wandte sich mit seinen Begleitern wieder der Stadt zu, die längst hinter dem Horizont verschwunden war.
Die Stimmung unter den Männern war prächtig, die Wiedersehensfreude und die Aufregung der Verfolgungsjagd verflogen nur langsam, und sie ritten bester Laune zurück nach Jerusalem.
Drei der Männer waren tatsächlich Gondemare, Rossal und Bissot, die anderen vier waren Fremde, zwei Ritter mit ihren Waffenknechten, die aus Caesarea kamen. Die sieben Männer hatten sich vor drei Tagen zusammengeschlossen, weil sie wussten, dass nur ein sehr selbstbewusster Gegner sieben bestens gerüstete, berittene Franken angreifen würde. Sie waren erst an diesem Morgen auf die Pilger gestoßen und mit diesen gemeinsam weitergeritten. Kurz bevor Hugh und seine Begleiter sie entdeckten, hatten sie bemerkt, dass die Briganten ihnen folgten.
Von den Pilgern war keine Spur mehr zu finden, doch das überraschte niemanden. Sie hatten sich ja schon in Sichtweite der Stadtmauern befunden, als ihre Retter an ihnen vorbeizogen. Sie hatten gewiss beschlossen, sich sofort in den Schutz der Stadt zu begeben, bevor die Nacht hereinbrach, anstatt im Dunkeln auf die Ritter zu warten und sich zu bedanken. Wer wusste, ob de Payens und seine Männer nicht in den Tod gejagt waren und ob der Feind nicht zurückkehren würde, um sein Werk zu vollenden.
Der jüngere der beiden
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