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Der Schatz des Blutes

Der Schatz des Blutes

Titel: Der Schatz des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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betrifft uns alle, und zwar in mehrfacher Hinsicht. Also müssen wir uns genau jetzt damit befassen.«
    Sein Tonfall war jetzt völlig verändert.
    »Das Königreich Jerusalem muss Siedler anlocken, wenn es wachsen und gedeihen soll. Es braucht Bauern und Kaufleute … nicht nur Soldaten, sondern Bürger, die die nötigen Lebensmittel und Ausrüstungsgegenstände herstellen. Aber diese Siedler, die in der Hauptsache friedfertige Bauern sein werden, werden erst kommen, wenn sie wissen, dass sie unbehelligt reisen können. Sie werden ihre Familien, ihre Frauen und Kinder nicht in ein gefährliches, ungezähmtes Land verpflanzen. Wer das ernsthaft von ihnen erwartet, ist ein Träumer und ein Narr. Doch obwohl er das weiß, weigert sich der König, etwas zu unternehmen, mit der Begründung, dass ihm die Hände anderweitig gebunden sind.«
    Er hielt inne und ließ den Blick von Mann zu Mann wandern.
    »Nun überlegt einmal, was geschehen würde, wenn ich zu Erzbischof Warmund von Picquigny gehen und ihm sagen würde, dass ich gemeinsam mit einigen meiner ältesten Kameraden, allesamt Veteranen und ehrenvolle Kreuzfahrer, des Krieges müde bin. Dass uns das Blutvergießen, das wir mit ansehen mussten, krank macht und wir daher beschlossen haben, dass wir uns aus dem Kriegsdienst zurückziehen, für unsere Sünden Buße tun und uns dem Klosterleben widmen wollen. Dass wir alle seit Jahren hier leben und nur zwei von uns daheim Frauen und Kinder haben, die jedoch nicht ernstlich mit unserer Rückkehr rechnen. Dass wir dieses Land mehr lieben als unsere Heimat, weil es seit zwei Jahrzehnten unseren Körper und Geist nährt, und es daher unser größter Wunsch ist, uns von den weltlichen Dingen zurückzuziehen, indem wir Mönchsgelübde ablegen und den Rest unseres Lebens hier in diesem Heiligen Land, das unsere Seelenheimat geworden ist, im Gebet, in Frieden und in Zurückgezogenheit verbringen. Was glaubt ihr, wie er reagieren würde?«
    »Er würde dich als Verrückten einsperren lassen«, knurrte St. Agnan. »Du bist ein Ritter, kein Soldat. Du eignest dich nicht zum Mönch. Das ist doch so deutlich wie ein weißer Fleck auf einer schwarzen Katze.«
    Ein paar der Männer lächelten über diese Worte, wenn auch unsicher. De Payens antwortete nicht, sondern blickte erneut von einem zum Nächsten und wartete auf weitere Antworten.
    Montdidier hustete und scharrte mit den Füßen, dann hustete er erneut und räusperte sich.
    »Deine Geschichte klingt zwar lächerlich, Hugh, aber er könnte durchaus versucht sein, es zu gestatten … Nur, dass es ihm nichts nützen würde.«
    Hugh blickte mit fragend hochgezogener Augenbraue in St. Omers Richtung, dann wandte er sich wieder Montdidier zu.
    »Warum? Was meinst du damit, Payn? Bitte erkläre es mir.«
    »Nun, der einzige Grund, den ich mir vorstellen kann, warum er sich deine Geschichte anhören könnte, ist, dass wir tatsächlich alle Veteranen sind. Er könnte von unseren Fähigkeiten und unserer Erfahrung profitieren. Wenn wir allerdings Mönche würden, wie du es vorschlägst, dann würde ihm unsere Kampfkraft nichts mehr nützen. Mönchen ist es verboten zu kämpfen; sie dürfen sich nicht einmal Wortgefechte liefern, selbst wenn sie das trotzdem ständig tun. Aber mit Waffen zu kämpfen, wie wir es gewohnt sind? Darauf steht der Kirchenbann.«
    »Da hast du Recht. Der Kirchenbann. Genauso ist es. Wenn er uns als Mönche aufnähme, würden ihm unsere Tapferkeit, unsere Ausbildung und unsere Fähigkeiten nichts mehr nützen. Wir würden ihm genauso wenig nützen wie die Hospitalritter.«
    »Aber die Hospitalritter sind doch sehr nützlich, Hugh«, wandte St. Omer ein. »Sie sind auf ihre Weise unersetzlich.«
    De Payens lächelte.
    »Aye, auch das stimmt, Goff. Das sind sie, nicht wahr? Du weißt das besser als jeder andere von uns. Und der Erzbischof weiß es ebenfalls. Doch er weiß auch, dass die törichten Bewohner Jerusalems erwarten, dass die Hospitalmönche kämpfen wie Ritter.«
    Ein paar Sekunden lang saß Godfrey blinzelnd da, dann fragte er: »Was willst du damit sagen, Hugh?« Seine Stimme war so leise, dass sich alle vorbeugten, um besser zu hören. »Du klingst, als würdest du ganz vernünftig reden, doch alles, was du sagst, ist ein Rätsel.«
    De Payens zuckte mit den Achseln.
    »Nicht, wenn ihr es von einem anderen Standpunkt betrachtet. Warmund von Picquigny, der Patriarch und Erzbischof von Jerusalem, besitzt hier in Outremer die gleiche Macht wie der

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