Der Schatz des Blutes
Papst daheim in der Christenwelt. Er kann Könige, Grafen, Herzöge und Ritter ernennen, und er kann sogar Bischöfe ernennen oder ihres Amtes entheben. Daraus folgt, dass er auch Mönche ernennen kann.«
»Nun, natürlich kann er das, das bezweifelt niemand.«
»Stell dir einen Orden von Mönchskriegern vor, Godfrey. Kämpfende Mönche. Veteranen mönche, die allein Warmund von Picquigny unterstehen. Meinst du nicht, dieser Gedanke könnte ihn reizen?«
Diesmal war die Stille vollkommen, so unvorstellbar war de Payens’ Vorschlag. Und eine Weile schwebte sie beinahe greifbar über ihnen, bevor er fortfuhr.
»Denkt einmal ernsthaft darüber nach, Kameraden, und vergesst sämtliche Regeln, die euch einreden wollen, dass dies niemals geschehen kann. Die Zeiten haben sich geändert, und sie erfordern andere Maßnahmen, andere Grundsätze und andere Lösungen für andere Probleme. Stellt euch also bitte diese Mönchskrieger vor, gläubige Kämpfer, die ein Gelübde ablegen und einzig dem Patriarchen Rede und Antwort stehen … nicht dem König und nicht den Feudalherren. Wären wir solche Mönche, könnten wir uns ganz dem Patrouillieren der Straßen und dem Schutz der Pilger widmen und damit sowohl Warmund als auch König Baldwin von ihrer größten Sorge befreien. Da wir durch ein Armutsgelübde gebunden wären, brauchte uns niemand zu bezahlen, sondern wir würden von der Mildtätigkeit und den Almosen der Kirche leben.«
»Kämpfende Mönche?« Archibald St. Agnans verächtlicher Ton spiegelte die Skepsis aller Versammelten wider. »Kämpfende Mönche? Das ist absolut lächerlich, Hugh. Davon hat die Welt noch nie etwas gehört. Es ist genauso logisch wie kopulierende Jungfrauen.«
Diesmal lächelte nicht ein einziger der Männer über St. Agnans groben Humor, doch de Payens nickte.
»Das ist wahr, Archibald, aber du bist doch Ritter. Daher solltest du besser als jeder Priester wissen, dass es in der Hitze des Gefechtes nicht viel Raum für Logik gibt. Und macht euch keine Illusionen, ein Kampf ist es, über den wir hier reden. Ob es uns gefällt oder nicht, wir werden in einem Kampf um das nackte Überleben unseres ehrwürdigen Ordens eintreten. Um diesen zu gewinnen, werden wir die Schlachten der christlichen Kirche ausfechten müssen – ihre Pilger beschützen, gewiss, und daran kann ich nichts Falsches finden, aber auch ihre Vorherrschaft aufrechterhalten und zumindest dem Anschein nach gutheißen und die Existenz dieses Königreichs Jerusalem verteidigen, obwohl das jeder Logik widerspricht.«
Er verstummte für die Dauer von fünf Herzschlägen, dann sagte er: »Nun hört mir alle gut zu. Niemand hat je von Mönchskriegern gehört, weil es so e twas noch nie gegeben hat . Aber die Idee wird nur so lange lächerlich sein, bis der erste Ritterorden gegründet ist, um den außergewöhnlichen Umständen entgegenzutreten, die dies unumgänglich machen. Warmund von Picquigny besitzt die Macht und die Autorität dazu, und ich glaube, die Umstände sind außergewöhnlich genug.«
»Aber warum sollten wir darüber auch nur nachdenken, Sir Hugh?«
Es war das erste Mal, dass Gondemare das Wort ergriff, und Hugh lächelte ihm zu.
»Weil uns das in die Lage versetzt, die Order des Seneschalls zu befolgen.«
»Was?«, unterbrach ihn St. Agnan rüde. »Du meinst die Ausgrabung des Tempels? Wir waren uns doch vorhin alle einig, dass das unmöglich ist. Warum sollte es jetzt weniger unmöglich sein?«
Doch de Payens hatte mit dieser Frage gerechnet und setzte zu seiner Antwort an, noch ehe die Frage vollständig ausgesprochen war.
»Weil wir mit dem Gedanken spielen, mittellose Mönchskrieger zu werden, mein Freund. Wenn wir das erst sind, werden wir zwar Pferde haben, aber keine Mittel, um sie zu füttern und unterzubringen … genauso wenig wie uns selbst. Daher werden wir den König und den Erzbischof bitten, als Teil unserer Entlohnung mit unseren Pferden in die alten Stallungen oberhalb der Tempelruinen einziehen zu dürfen. Dagegen wird Warmund von Picquigny nichts haben, das verspreche ich euch, wenn er dafür unsere militärische Erfahrung bekommt. Der König wird genauso wenig dagegen haben, eine Truppe verlässlicher Ritter auf seinem eigenen Grund und Boden einzuquartieren. Und wenn wir erst dort untergebracht sind, können wir anfangen, in aller Ruhe zu graben. Das sollte unsere drängendsten Probleme zumindest vorerst lösen.«
»Hugh, der Papst ist auch kein besserer Intrigant als du«, murmelte
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