Der Schatz des Blutes
benutzen werden.«
St. Clair trat vor und drückte die Tür einfach auf. Das überraschte Hugh, der auch hier einen Wachtposten erwartet hatte. Der Ritter trat ein, und der junge Mann folgte ihm durch den engen, gewundenen, spärlich erleuchteten Gang, den er von seinem letzten Besuch noch gut in Erinnerung hatte, bis sie eine kleine, durch einen Vorhang abgetrennte Kammer erreichten, die von einer einzelnen Hängelampe erleuchtet wurde.
Sir Stephen schob den Vorhang beiseite, um den dahinterliegenden Raum zu betreten, und Hugh folgte ihm ausgesprochen zögerlich, denn er wusste, dass das, was er nun sehen würde, keinerlei Ähnlichkeit mit dem haben würde, woran er sich noch erinnern konnte. Und tatsächlich, der Raum war in Dunkelheit gehüllt, und das einzige Licht, das er sah, war das dumpfe Leuchten einer Hängelampe, die sehr weit von seinem Standort entfernt zu sein schien, obwohl das wahrscheinlich Einbildung war.
Hugh blieb auf der Schwelle stehen und beschwor blinzelnd seine Augen, sich schnell an das vorhandene Licht zu gewöhnen. Nach einer Weile begann er, in der Dunkelheit ringsum vage Umrisse auszumachen. Am besten war das schwarz-weiße Schachbrettmuster auf dem Mosaikboden unter seinen Füßen zu erkennen. Doch das meiste von dem, was er sehen konnte, blieb eine Ansammlung verschwommener Umrisse – einer davon, der ganz in seiner Nähe stand, mochte ein schwerer Thronsessel sein.
»Bleibt jetzt hier stehen und bewegt Euch nicht vom Fleck, sonst stoßt Ihr noch mit irgendetwas zusammen und stürzt es um. In diesem Raum befinden sich viele Dinge von großem Wert, und Eure zukünftigen Brüder wären wohl kaum erfreut, wenn etwas davon durch Eure Ungeschicktheit beschädigt oder zerstört würde. Ich muss mich um etwas kümmern und kehre zurück, sobald ich damit fertig bin. Doch ich gehe nicht weit weg. Ich bleibe die ganze Zeit hier, und Ihr werdet hören, wie ich mich bewege. Vielleicht werdet Ihr mich und das, was ich tue, nicht sehen können, doch eigentlich solltet Ihr ja gar nicht hier sein, daher ist das kein Schaden … es sei denn, wie gesagt, Ihr stürzt etwas um, denn das würde uns beide in eine unangenehme Lage bringen.«
Kurz darauf kehrte der Ritter zurück, nahm Hugh an der Hand und führte ihn über eine geräumige Fläche, bis sie zu einer Reihe von Sitzen kamen. Dort ließen sie sich nieder, und St. Clair hörte die Fragen und Antworten ab, die Hugh so sorgfältig gelernt hatte. Es war ein merkwürdiges Gefühl für Hugh, dort in der Dunkelheit zu sitzen und auswendig auf die obskuren Fragen zu antworten, die ihm an den Kopf geworfen wurden. Viele davon – Fragen wie auch Antworten – verstand er gar nicht und wiederholte sie einfach nur wörtlich in dem blinden Vertrauen, dass sich ihm ihre Bedeutung irgendwann erschließen würde, so wie es ihm seine Mentoren versprochen hatten.
Jetzt jedoch, als er hier mit dem kräftigen Ritter, der sein Gönner sein würde, seine Übungen noch einmal durchging, fühlte er sich seltsamer als je zuvor. Er war aufgeregt und nervös, und ihm war genau bewusst, wer und was er genau jetzt war – und dass er nach den mysteriösen Vorgängen der folgenden Nacht nicht mehr derselbe sein würde.
Dann kam ihm zu Bewusstsein, dass St. Claire seit seiner Antwort auf die letzte Frage nichts mehr gesagt hatte. Anscheinend hatte er keine weiteren Fragen, was der Ritter auch sofort bestätigte, indem er sich leise räusperte und dann murmelte: »Ich bin beeindruckt, Junge. Ich glaube nicht, dass ich je einen Schüler erlebt habe, der seine Antworten besser gegeben hat. Viele, die genauso gut waren, ja, aber wenige, wenn überhaupt, die es besser konnten. Ich verstehe, warum Euer Vater zufrieden mit Euch ist. Wenn Ihr es morgen Abend ebenso macht, werdet Ihr mit keinem Teil der Zeremonie Schwierigkeiten haben. Jetzt stellt mir eine Frage, ganz gleich, welche.«
»Ihr meint, über die Zusammenkunft?«
»Ich habe gesagt, ganz gleich, welche.«
»Nun, Mylord, eines wüsste ich gern … Was … was hat die Weihe zu bedeuten? Was ist das?«
»Ha!«, lachte der Ritter bellend auf. »Ich hätte wissen sollen, dass Ihr mir die einzige Frage stellen würdet, die ich nicht beantworten kann. Ich kann es Euch nicht sagen, Junge. Das nicht. Aber morgen um Mitternacht werdet Ihr es sowieso wissen, und dann wisst Ihr auch, warum ich es Euch heute noch nicht sagen konnte. Jetzt fragt mich etwas anderes.«
»Nun, Sir, die anderen Brüder wissen jetzt, dass ich
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