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Der Schatz des Blutes

Der Schatz des Blutes

Titel: Der Schatz des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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Hände, während sein Hirn nach Worten suchte.
    »Mir wurden …« Er hielt inne, runzelte die Stirn, dann begann er von Neuem, indem er den Blick mit frömmelnder Miene zur Decke richtete. »Mir wurden unvorhergesehene und unglaubliche Anweisungen zugetragen, Mylord … Anweisungen, die mir anfangs wie absolute Forderungen erschienen, die sich später aber als unvernünftig und unerfüllbar herausstellten. Sie beinhalteten keinerlei Leitlinien … nichts, was ich als konkret betrachten konnte. Mir wurde bewusst, dass ich zwar moralisch verpflichtet war, diesen Forderungen Folge zu leisten, dass ich jedoch dazu unfähig war und es unter meinen gegenwärtigen Lebensumständen auch bleiben werde. In diesem Bewusstsein bin ich eines Morgens aufgewacht und kann es seitdem nicht mehr abschütteln. Und nun drängt es mich, dies zu ändern.«
    Der Erzbischof hatte beide Augenbrauen hochgezogen.
    »Das ist … beeindruckend, Master de Payens. Und ist es mir gestattet, nach dem Inhalt dieser … Anweisungen zu fragen?«
    »Aye, Mylord, natürlich. Und wenn Ihr sie besser versteht als ich, werde ich dankbar für jedes Licht sein, das Ihr darauf werfen könnt.«
    Er hielt inne, um zu überlegen, dann fuhr er fort.
    »Mir wurde aufgetragen, mein Leben zu überdenken; mir alle wichtigen Ereignisse seit meiner Kindheit noch einmal vor Augen zu führen und dann all meine Erfahrung und mein Können einzusetzen, um große Veränderungen in Jerusalem zu bewirken und die Wahrheit zu enthüllen, die dem Herzen des Königreichs und der Heiligen Stadt Jerusalem zugrunde liegt.«
    Warmund von Picquigny schwieg einige Sekunden lang, und nur die Ausdruckslosigkeit seines Gesichtes verriet seine Unfähigkeit, auf diese erstaunliche Aussage zu reagieren. Schließlich nahm er sich zusammen.
    » Eure Erfahrung und Euer Können, sagt Ihr. Nur das Eure allein.« Er wies mit der Hand auf St. Omer und die anderen. »Und was ist mit Euren Freunden?«
    De Payens zuckte mit den Achseln. Er war sehr zufrieden mit sich. Der Köder war ausgeworfen, und er konnte das Interesse des Fisches spüren, der daran zupfte.
    »Ich habe ihnen von meinem Dilemma erzählt und meine Gedanken mit ihnen geteilt. Sie kamen zu der Überzeugung, dass ich berufen worden war und einen direkten, wenn auch obskuren Befehl erhalten hatte, und sie hatten den Wunsch, mir bei seiner Umsetzung zur Seite zu stehen. Deswegen sind wir hier.«
    »Ich verstehe. Wie viele seid Ihr?«
    »Sieben, Mylord.«
    »Hmm …«
    »Aber wir könnten noch mehr werden. Ich habe es nur meinen engsten Freunden erzählt. Die sechs, denen ich es erzählt habe, haben sich alle entschlossen, sich mir anzuschließen. Doch sie kennen schon die Namen weiterer Freunde, die sie gern zu uns holen würden.«
    »Der Adel würde darin eine Meuterei sehen. Das wisst Ihr doch, oder nicht? Eine Schwächung der Ressourcen.«
    »Wie könnte es das sein, Erzbischof? Selbst wenn sich unsere Zahl verdoppelt, wären wir noch keine zwanzig Ritter. Und wir werden alle langsam alt, nachdem wir unseren Lehnsherren ein Leben lang treu gedient haben. Das kann doch wohl kaum eine Schwächung der Armeen Jerusalems bedeuten.«
    »Dennoch, Sir Hugh, zwanzig Veteranen –«
    »Zwanzig alternde Ritter, Mylord – eigentlich weniger als die Hälfte, und wir haben unsere besten Jahre alle hinter uns.«
    Der Patriarch spitzte die Lippen, schwieg aber, und de Payens sprach weiter.
    »Außerdem, Mylord, muss ich noch einmal darauf zurückkommen, dass Ihr gesagt habt, dass jeder Mönchsorden zusätzlich zum täglichen Gebet seine eigenen Aufgaben hat. Wir haben kein solches Ziel. Aber wir könnten eins haben, wenn sich eines fände, das uns liegt.«
    Seine Stimme, die voller Begeisterung begonnen hatte, nahm einen entmutigten Tonfall an.
    »Ah, aber das Einzige, was wir können, ist kämpfen, und Mönche kämpfen ja nicht.«
    Er lächelte und schüttelte den Kopf.
    »Ah, Mylord, aber wenn es so etwas wie einen Orden von Mönchskriegern gäbe … was für einen Beitrag wir dazu leisten könnten! Das wäre eine Möglichkeit für uns, unserem Gott fromm und sinnvoll zu dienen. Schade, dass so etwas nicht möglich ist. Aber wir können ja etwas anderes lernen. Wir können uns anpassen. Es würde uns nicht an Bereitschaft mangeln, alles anzupacken, was man uns aufträgt.«
    Er verstummte und stellte sich vor, wie sich das Räderwerk im Kopf des Erzbischofs drehte. Als Warmund von Picquigny dann aufstand und die rechte Hand hob, um sie zu segnen,

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