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Der Schatz des Blutes

Der Schatz des Blutes

Titel: Der Schatz des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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logische Frage nach Ursache und Wirkung erscheinen mag, wird von den Mächtigen dieser Welt noch längst nicht so gesehen. Ungeachtet der Tatsache, dass Warmund von Picquigny der Patriarch von Jerusalem und damit der geistliche Führer der Gläubigen in Outremer ist, ist er gezwungenermaßen um ein harmonisches Auskommen mit den ihm ebenbürtigen Machthabern bemüht. Er könnte sich einfach auf das Bewusstsein verlassen, dass er Gottes Stellvertreter im Heiligen Land ist, und tun, was er will. Doch damit würde er wahrscheinlich jeden König, jeden Grafen und jeden anderen mächtigen Adeligen innerhalb seines Einzugsbereiches verärgern. Meiner Meinung nach wäre das unklug. Ich nehme an, dass ihr mir da beipflichtet. Es gibt im Neuen Testament den Spruch, dass der Geist willig ist, das Fleisch aber schwach. Das ist eine simple Tatsache – nur dass das Fleisch, auch wenn es Schwäche gelobt hat, manchmal brutale Stärke an den Tag legen kann. Und genau das muss der Patriarch bedenken.«
    Er lehnte sich zurück und strich sich über den Bart.
    »Er könnte sich natürlich auf die absolute Macht der Kirche berufen und morgen noch ein Dekret erlassen, dass beispielsweise ein Drittel aller Ritter vorerst in den Dienst der Kirche gestellt werden und nur noch ihm als dem Kirchenoberen im Heiligen Land verantwortlich sind. Die Autorität dazu besitzt er, zumindest theoretisch. Und es ist durchaus wahrscheinlich, dass die Mehrheit der Lehnsherren, die von dieser Proklamation betroffen sind, sich ihr unterwerfen würden, weil sie glauben, dass Gott direkt durch seine irdischen Stellvertreter spricht. Doch genauso würde es andere geben, viele andere, die sich gegen die bloße Vorstellung auflehnen und sich gegen etwas wehren, was sie als unangebrachte Einmischung der Kirche sehen – oder einiger zynischer, nur auf das eigene Wohl bedachter Männer, die sich die Interessen der Kirche selbst definieren. Diese ganze Welt der Glaubens- und Auslegungsfragen ist ein Sumpf, in den kein Mensch von gesundem Verstand gern stolpern möchte. Denn ist diese Weigerung erst provoziert und haben die Aufrührer erst Blut geleckt – wer will dann sagen, was für Meutereien noch folgen werden und wie lange es dauern wird, bis sich die Auseinandersetzungen wieder gelegt haben?«
    Niemand antwortete, bis St. Agnan schließlich fragte: »Und was geschieht nun als Nächstes?«
    De Payens zuckte mit den Schultern.
    »Ich habe keine Ahnung. Zuerst wird der Erzbischof den König überzeugen müssen, dass sich die Vorteile seines Vorschlags – seiner Idee, uns zum Gegenschlag einzusetzen – nicht leugnen lassen. Ich gehe davon aus, dass das nicht schwer sein wird. Der König bedarf dringend einer Lösung, um aus der Schusslinie zu kommen. Unser Angebot könnte genau das sein, wonach er sucht. Aber der König ist nicht unsere größte Sorge. Er ist schlau und weiß, was ihm zum Vorteil gereicht. Unglücklicherweise muss man das ebenfalls über die Männer sagen, denen wir unseren Lehnseid geschworen haben. Auch sie verlieren ihren eigenen Vorteil nie aus dem Blick, und unser Vorschlag enthält nichts, was ihnen irgendwie zum Nutzen gereichen würde. Sie können dabei nur verlieren, denn sie müssen den ersatzlosen Verlust unserer Dienste verkraften. Dies sind die Menschen, die Warmund von Picquigny von der Klugheit seiner Idee überzeugen muss. Ich habe nicht die geringste Ahnung, wie er das bewerkstelligen will. Ich weiß allerdings, dass ich ihm viel Glück dabei wünsche.«
    Er hielt inne und nickte dann.
    »Das ist alles, was ich dazu sagen kann. Ich glaube, dass unser Wunsch in Erfüllung gehen wird. Ich weiß nicht, wie diese Erfüllung schließlich aussehen wird, außer dass wir christliche Mönche werden, dass wir von der Kirche leben werden, dass wir dieselben Eide schwören werden, an die wir zum Großteil ohnehin schon gebunden sind, und dass wir in erster Linie, wenn auch nur an der Oberfläche, dem Patriarchen Warmund von Picquigny Rede und Antwort stehen werden.«
    St. Omer hob die Hand.
    »Was ist mit den Stallungen, Hugh? Hast du daran gedacht, danach zu fragen?«
    »Natürlich, und der Erzbischof war einverstanden. Sobald König Baldwin zustimmt und unser Plan Form annimmt, sind die Stallungen unser. Von Picquigny hat nicht eine Sekunde darüber nachgedacht. Warum auch? Diese Stallungen sind seit Jahrhunderten verlassen. Und jetzt werden sie wieder benutzt, auf eine Weise, die ihn und den König nichts kostet. So sei es

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