Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schatz des Dschingis Khan

Der Schatz des Dschingis Khan

Titel: Der Schatz des Dschingis Khan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
Vom Netzwerk:
entfernt von ihr schlief.
    »Na toll.« Muriel seufzte. Sie hasste es, wenn jemand schnarchte. Als sie noch klein war, war sie nach einem nächtlichen Albtraum hin und wieder zu Teresa ins Bett gekrochen, wenn ihre Mutter auf Reisen war. Die Nähe der vertrauten Person hatte ihr das Gefühl von Sicherheit gegeben und sie schnell wieder einschlafen lassen – meistens jedenfalls. Denn wenn sie nicht schnell genug ins Land der Träume zurückgekehrt war, war Teresa vor ihr eingeschlafen und hatte fast augenblicklich zu schnarchen begonnen. So laut und nervtötend, dass Muriel oft kein Auge zugemacht hatte – ein Schicksal, das sie wohl auch in dieser Nacht würde erdulden müssen.
    Muriel zog die Felldecke etwas höher und hauchte ihre kalte Nase an, um sie zu wärmen. Jetzt, da das Feuer heruntergebrannt war, wurde es auch im Zelt empfindlich kühl. Durch den Rauchabzug in der Mitte des Zeltdachs konnte sie einen Stern am Himmel sehen. Offenbar hatten sich die Wolken verzogen und der Wind …
    Der Wind!
    Erst jetzt bemerkte Muriel, dass der Sturm nachgelassen hatte. Außer dem lautstarken Schnarchen von Tojas Vater und den gleichmäßigen Atemzügen der anderen herrschte im Zelt absolute Ruhe. Das unheimliche Heulen des Windes, der durch die Ritzen und Spalten in das Ger eingedrungen war, war ebenso verstummt wie das Knarren der Holzstangen, die die Zeltplane trugen.
    Kein Wind und Sterne. Das konnte nur eines bedeuten: Der Schneesturm war vorüber. Muriel spürte, wie ihr Herz vor Freude einen Sprung machte. Wenn das Wetter sich besserte, konnte sie ihre Reise vielleicht schon am nächsten Morgen fortsetzen und ihren Auftrag bald beenden.
    Ich könnte auch jetzt schon weiterreiten, überlegte sie. Der Gedanke hatte etwas Verlockendes an sich, aber Muriel schob ihn energisch von sich. Im Zelt war es so kalt, dass sie nicht den Wunsch verspürte, unter den wärmenden Fellen hervorzukriechen, um zu erkunden, wie eisig die Luft vor dem Zelt sein mochte. Sie dachte an Ascalon und fragte sich, wie es ihm da draußen wohl ergehen mochte. Mit geschlossenen Augen suchte sie seine Nähe, und als hätte er ihre Sorge gespürt, sandte er ihr sogleich erneut ein beruhigendes Gefühl. Mach dir um mich keine Sorgen , schien er zu sagen. Mir geht es gut.
    Das beruhigte Muriel wieder etwas. Das schlechte Gewissen aber blieb. Ihr wäre wohler gewesen, wenn sie Ascalon in einem warmen und trocken Stall gewusst hätte.
    In diesem Augenblick fing eines der Babys an, zu glucksen und klägliche Geräusche von sich zu geben. Kaum eine Minute später brüllte es aus Leibeskräften. Eine der Frauen setzte sich auf, nahm es an sich und begann es zu stillen.
    Das Geschrei führte kurzzeitig zu einer Unruhe unter den Schlafenden. Muriel sah, wie Tojas Vater sich von der Rückenlage auf die Seite drehte, und atmete auf. Das Schnarchen verstummte.
    Muriel gähnte und schloss die Augen. Das leise Summen, mit dem die Frau ihr Baby beim Stillen im Arm wiegte, war angenehm und begleitete sie noch ein ganzes Stück auf ihrem Weg ins Reich der Träume, wo die Steppe grün und die Luft warm war und sie auf Ascalon mit einer Herde Steppenponys um die Wette galoppierte …

Durch die Steppe

    Am nächsten Morgen erwachte Muriel fröstelnd und mit schmerzenden Gliedern. Sie war es nicht gewohnt, auf dem harten Boden zu schlafen, und glaubte, jeden Knochen in ihrem Körper zu spüren. So warm und weich die Felle auch sein mochten, sie reichten bei Weitem nicht an den Komfort einer Daunendecke und einer Kaltschaummatratze heran.
    Umständlich setzte sie sich auf und stellte fest, dass alle anderen längst aufgestanden waren. Die Frauen hatten das Feuer neu entfacht, das eine angenehme Wärme verströmte, das Ger aber auch mit einem dünnen Rauchschleier erfüllte, der Muriel am Abend nicht aufgefallen war. Es roch nach Verbranntem. Ein seltsamer Geruch, den Muriel nicht einordnen konnte. Eines war sicher: Das Holz, das den großen Kessel beheizte, war es nicht.
    »Du bist wach, wie schön.« Toja kam zu ihr und setzte sich neben sie auf die Felle. »Hattest du einen schönen Traum?«, wollte sie wissen.
    »Ich bin im Frühling über die Steppe geritten«, erwiderte Muriel.
    »Dann war es ein schöner Traum.« Toja lachte. »Und ein gutes Zeichen.« Sie deutete zum Zelteingang, wo Sonnenlicht in dunstigen Streifen in das Ger fiel. »Sieh nur, der Sturm ist vorbei und die Sonne scheint«, verkündete sie mit einem glücklichen Lächeln. »Nun können wir bald

Weitere Kostenlose Bücher