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Der Schatz des Dschingis Khan

Der Schatz des Dschingis Khan

Titel: Der Schatz des Dschingis Khan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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Stimmen oder andere Lebenszeichen zu hören waren, die ihr bewiesen, dass sie nicht ganz so allein war, wie sie sich fühlte.
    Nun zeigte sich, wie gut es war, dass sie in den vergangenen Tagen so oft am Ger des Großkhan vorbeigeschlendert war, denn sie fand den Weg durch das Lager auch im Dunkeln nahezu mühelos. Je näher sie dem Ger kam, desto langsamer lief sie. Aufmerksam spähte sie um jede Ecke und suchte mit den Augen jeden Schatten auf eine mögliche Bewegung ab. Wenn dies die Nacht des Begräbnisses war, musste Baku sich hier irgendwo verstecken – nur wo?
    Vielleicht sollte ich erst einmal nachsehen, ob es wirklich schon so weit ist, überlegte sie und verdrängte hastig den Gedanken, dass sie vielleicht zu spät kam und die Krieger das Lager mit dem toten Khan bereits verlassen hatten. Sie war dem Rundzelt des Großkhan jetzt ganz nahe. Düster und unheilvoll erhob sich das größte und prächtigste Ger des Lagers kaum dreißig Schritte entfernt vor ihr im Mondlicht. Nichts deutete darauf hin, dass hier die Vorbereitungen für ein Begräbnis getroffen wurden. Es war still. Und es war dunkel. Nicht einmal die Fackeln vor dem Eingang, die sonst immer entzündet waren, brannten in dieser Nacht.
    Zu still! Zu dunkel!
    Muriel durchzuckte ein heißer Schrecken.
    Ich komme zu spät, dachte sie, und diesmal ließ sich der Gedanke nicht vertreiben. Sie sind schon fort. In ihrer Verzweiflung schloss sie die Augen und sandte einen Gedanken an Ascalon. Eine Weile geschah nichts, dann hörte sie ihn wie zur Antwort ganz in der Nähe wiehern.
    Er ist hier! Muriel atmete auf. Dann konnte auch der Khan noch nicht weggebracht worden sein … oder sie haben Ascalon hier zurückgelassen.
    Muriel seufzte. Dass Ascalon in der Nähe war, war zwar tröstlich, bedeutete aber gar nichts. Alles war möglich. Sie musste andere Beweise finden. Zögernd ging sie auf das große Ger zu, lauschend, ihre Blicke schweiften wachsam umher.
    Hatte sie sich wirklich getäuscht? Oder …?
    »Schscht! Keinen Laut!« Eine Hand legte sich von hinten auf ihren Mund. Sie wurde zurückgerissen und in den Schatten eines der Rundzelte gezogen. Alles ging so schnell, dass Muriel nicht einmal daran dachte, sich zu wehren. Dann löste sich die Hand und im Mondlicht tauchte Bakus Gesicht vor dem ihren auf.
    »Ojuna!« In seiner Stimme schwangen Überraschung und Ärger mit. »Was in Tengris Namen tust du hier?«
    »Ich … ich habe dich gesucht.«
    »Warum?«
    »Weil … weil ich …« Muriel suchte vergeblich nach einer Erklärung und entschied sich dann kurzerhand für die Wahrheit. »Weil ich weiß, dass der Khan im Sterben liegt.«
    »Du … du weißt es?« Nun klang Baku wirklich überrascht. »Woher?«
    »Ich habe gehört, was dein Vater dir erzählt hat.«
    »Verdammt.« Baku ballte die Fäuste, dann fasste er Muriel bei den Schultern, sah sie eindringlich an und sagte flüsternd: »Du darfst es niemandem erzählen, hörst du? Versprich mir, dass du es keinem sagst.«
    »Warum?«
    »Weil es gefährlich ist. Vater sagt, sie werden alle töten, die davon wissen. Er ist in großer Sorge um mich, weil er mich eingeweiht hat. Auch ich musste schwören, es niemandem zu sagen.«
    »Und dein Vater?«, fragte Muriel.
    »Dem geschieht nichts.« Baku schien sich ganz sicher zu sein. »Einige müssen schließlich den Schein aufrecht erhalten, dass der Khan noch lebt, bis der Feldzug gegen die Tanguten beendet ist.«
    »Aber was tust du hier?«, fragte Muriel weiter, obwohl sie die Antwort schon kannte.
    »Der Khan ist am frühen Abend gestorben«, sagte Baku und senkte die Augen. Obwohl er flüsterte, glaubte Muriel eine Spur von Trauer in seiner Stimme zu hören. »Sie werden ihn fortbringen, wenn alles schläft, und ihn an einem geheimen Ort bestatten. Das will ich sehen. Sonst kann ich es nicht glauben.«
    »Aha.« Muriel spürte, dass Baku noch mehr bewegte, fragte aber nicht weiter nach. »Dann begleite ich dich«, sagte sie.
    »Nein!« Bakus Stimme gewann an Schärfe, obwohl er immer noch flüsterte. »Das darfst du nicht. Es ist zu gefährlich. Du musst zurückgehen.«
    Muriel gab sich trotzig. »Du kannst mir gar nichts befehlen«, sagte sie selbstbewusst.
    »Doch, das kann ich.«
    »Und ich kann nicht lügen«, behauptete Muriel, obwohl das nicht stimmte.
    »Wie?« Baku war verwirrt.
    »Ich kann nicht lügen!«, wiederholte Muriel noch einmal mit Nachdruck. »Wenn Sande-An mich fragt, ob ich dich gesehen habe, muss ich ihr die Wahrheit sagen, und

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