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Der Schatz des Dschingis Khan

Der Schatz des Dschingis Khan

Titel: Der Schatz des Dschingis Khan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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wenn sie dann noch wissen will, wo du bist, muss ich …«
    »Schon gut. Bleib hier!« Baku seufzte. »Aber sei leise! Wenn sie uns entdecken, sind wir beide tot.«
    »Verstanden.« Muriel nickte ernst. Und es war tatsächlich das letzte Wort, was sie für eine lange Zeit sprach.

    Endlos tröpfelte die Zeit dahin, während sie an der Seite von Baku in ihrem Versteck kauerte und darauf wartete, dass der tote Khan fortgeschafft wurde. Neben der Kälte, die langsam unter ihre Kleidung kroch, war die Müdigkeit am schwersten zu bekämpfen. Nach einer gefühlten Stunde fielen Muriel zum ersten Mal die Augen zu. Danach wurden die Abstände immer kürzer. Fast hätte sie alles verschlafen. Ein Glück nur, dass Baku nicht mitbekommen hatte, dass sie eingeschlafen war. Irgendwann stieß er sie mit dem Ellenbogen an und zischte ihr ein »Still jetzt! Sie kommen!« zu.
    Muriel war sofort hellwach. Mit klopfendem Herzen beobachtete sie, wie der Eingang des Gers geöffnet wurde. Obwohl sie keine Fackeln mit sich führten, konnte Muriel erkennen, wie sechs Gestalten aus dem Ger traten. Zwei von ihnen führten eine Trage mit sich, auf der eine von Fellen verhüllte Gestalt zu erkennen war. Lautlos traten die sechs in die Nacht hinaus und verließen das Lager auf dem kürzesten Weg.
    »Komm mit.« Baku gab Muriel ein Zeichen. Wie Diebe folgten sie dem kleinen Trauerzug, der etwas abseits der Rundzelte von etwa fünfzehn Reitern erwartet wurde.
    Muriel atmete auf, als sie sah, dass Ascalon nicht bei den Reitern stand. Ihre Sorge schien unbegründet zu sein. Gemeinsam mit Baku beobachtete sie, wie der tote Khan auf einen Karren gelegt wurde. Einer der sechs, die aus dem Ger gekommen waren, gab dem Anführer noch ein paar Anweisungen, dann drehte dieser sich um und wollte gerade das Zeichen zum Aufbruch geben, als zwischen den Zelten Hufschlag ertönte.
    Ascalon! Muriel glaubte, ihr Herz würde stehen bleiben. Mit angehaltenem Atem beobachtete sie, wie ein siebter Mann Ascalon am Zügel mit sich führte und ihn an den Anführer der Reitergruppe übergab, mit den Worten: »Sein wertvollstes Pferd soll ihn begleiten.«
    Nein! Nein! Muriel ballte die Fäuste. Am liebsten wäre sie aufgesprungen und zu Ascalon gelaufen, aber damit hätte sie vermutlich alles nur noch schlimmer gemacht oder wäre selbst zu Tode gekommen. So riss sie sich zusammen und redete sich im Stillen immer wieder ein, dass alles gut werden würde. Ascalon wusste, was er tat, er war ja ein sehr kluges Tier. Sicher hatte er schon einen Plan. Das ungute Gefühl blieb trotzdem. Und es wurde sogar noch schlimmer, als sie sah, wie sich die Reiter mit dem Khan – und mit Ascalon – entfernten. Gerne wäre sie ihnen sofort gefolgt, aber die Männer, die aus dem Zelt gekommen waren, machten keine Anstalten zurückzugehen, und so konnten auch Baku und sie ihr Versteck nicht verlassen.
    »Worauf warten die?«, flüsterte sie Baku ungeduldig zu. Doch der gebot ihr, mit einer knappen Handbewegung, zu schweigen. Muriel lauschte. In der Stille der Nacht trug der Wind ihr ein paar Gesprächsfetzen zu:
    »... warten, bis sie zurückkommen.«
    »... überfallen sie auf halbem Weg.«
    »... müssen schnell sein.«
    »... keiner darf entkommen.«
    »... fortschaffen …«
    »... den Wölfen überlassen.«
    »... niemand darf wissen, was passiert ist.«
    Mehr musste sie nicht hören, um zu verstehen. Sie war entsetzt, mit welcher Kaltblütigkeit die Mongolen den Tod der Krieger planten. Zum Glück waren es keine tausend oder hunderte, wie es in der Überlieferung zu lesen stand, aber auch die fünfzehn hatten Familie und Kinder und verdienten den Tod gewiss nicht …
    Da war es wieder, dieses Gefühl, es in der Hand zu haben, das Unvermeidliche abzuwenden. Der Wunsch, den Kriegern zu helfen, die nicht wussten, was auf sie zukam. Die nicht ahnten, dass sie des Todes waren. Auch diesmal rang Muriel mit sich. Wie schon so oft war die Versuchung groß, einzuschreiten, den Lauf der Geschichte zu ändern und damit genau das zu tun, was sie auf keinen Fall tun durfte. Muriel presste die Lippen fest aufeinander und zählte leise bis zehn, um der Versuchung zu widerstehen.
    Das war es, was die Zeitreisen wirklich schwer machte. Wölfe, Schneestürme und fremde Kulturen, alles ließ sich irgendwie meistern. Der Wunsch, jemandem das Leben zu retten aber war, obwohl sie die möglichen Folgen kannte, jedes Mal aufs Neue so schwer in den Griff zu bekommen, dass es schon fast an Folter

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