Der Schatz im Silbersee
Wald wieder vom Gebrüll der ergrimmten Krieger. Die zwei noch übrigen Anführer riefen die hervorragenden Krieger zu einer Beratung, bei welcher laute, zornige Reden gehalten wurden.
Das brachte Winnetou auf den Gedanken, sich
hinauszuschleichen, um vielleicht zu erfahren, was die Utahs beschließen würden. Dies wurde ihm gar nicht schwer. Die Roten waren überzeugt, ganz allein zu sein, und hielten also jede Vorsicht für überflüssig. Die zurückgeschlagenen Navajos kamen gewiß nicht wieder, und wenn dies auch geschah, so waren unten am Ausgange des Thales Wachen ausgestellt.
Daß sich mitten im Thale noch viel gefährlichere Feinde als die Navajos befanden, davon hatte man ja keine Ahnung. So hörte Winnetou also alles, was vorgenommen werden sollte. Man wollte noch während der Nacht die Toten begraben; die Klaggesänge konnten für später aufgeschoben werden. Jetzt galt es, vor allen Dingen die gefangenen Häuptlinge zu befreien. Das war sogar noch notwendiger, als morgen die Ankunft Winnetous und seiner berühmten weißen Gefährten abzuwarten. Da diese hinauf nach dem Silbersee wollten, mußten sie unbedingt und auf alle Fälle in die Hände der Utahs fallen. Der Häuptlinge wegen mußte so schnell wie möglich aufgebrochen werden, um dieselben zu befreien. Darum sollten alle nötigen Vorbereitungen getroffen werden, um beim Grauen des Tages den Verfolgungsritt antreten zu können.
Jetzt zog Winnetou sich langsam und vorsichtig zurück. In der Nähe des Versteckes angekommen, sah er mehrere Pferde stehen. Diese Tiere waren während des Kampfes scheu geworden und hatten sich von den andern getrennt; es waren ihrer fünf. Da fiel dem Apachen ein, daß die Gefangenen doch transportiert werden müßten, drei Häuptlinge und ein Krieger.
Dazu waren vier Pferde nötig. Kein Mensch befand sich in der Nähe. Die Tiere scheuten vor ihm nicht, weil er ein Indianer war. Er nahm eins derselben am Halfter und führte es nach dem Verstecke. Dort saß Old Firehand hinter dem Vorhange und nahm es in Empfang. Auf diese Weise wurden noch drei andre hineingeschafft; sie schnaubten zwar ein wenig, wurden aber von Winnetou sehr bald beruhigt.
Im Innern des Versteckes wurde niemand die Zeit lang. Es gab so viel zu erzählen, zu hören und - zu lauschen. Der Hobble-Frank hatte sich, natürlich in völliger Dunkelheit, an der Seite seines Freundes und Vetters niedergelassen. Früher war er nicht von dem dicken Jemmy gewichen und trotz aller scheinbaren Zerwürfnisse mit ihm stets ein Herz und eine Seele gewesen; seit er aber den Altenburger gefunden hatte, war das anders geworden. Droll wollte nicht gelehrt sein und ließ den Kleinen sprechen, ohne ihn jemals zu verbessern; das band den Hobble mit mächtiger Gewalt an ihn. Übrigens dachte Droll, der erfahrene Westmann, nicht etwa gering von dem Kleinen; er schätzte im Gegenteile dessen gute Eigenschaften in vollem Maße und freute sich auch jetzt aufrichtig über seine Heldenthat. Denn daß Frank erst den Häuptling und dann auch den andern Indianer niedergeschlagen hatte, war kein Werk etwa der Tolldreistigkeit, sondern der Überlegung und Geistesgegenwart. Diese That fand allgemeine Anerkennung, und alle hatten sich lobend ausgesprochen, nur einer noch nicht, nämlich der Lord. Jetzt aber holte er das Versäumte nach. Er saß an der andern Seite des Kleinen und fragte diesen: »Frank, wollen wir wetten?«
»Ich wette nich,« antwortete der Gefragte.
»Warum nicht?«
»Ich habe keen Geld dazu.«
»Ich borge es Ihnen.«
»Borgen macht Sorgen, sagen wir in Sachsen. Übrigens is es nich etwa christlich und kontributär-sozial, eenem armen Menschen Geld zu borgen, um es ihm durchs Wetten wieder abzuluxen. Da kommen Sie bei mir schief an die Ecke. Ich behalte mein Geld, ooch wenn ich keens habe.«
»Aber Sie würden vielleicht gewinnen!«
»Fällt mir gar nich ein! Durchs Wetten mag ich nich reich werden. Es ruht kein Segen drauf. Ich habe meine prinzipiellen Grund- und Gegensätze, in denen ich mich nun eenmal nich irre machen lasse.«
»Das ist schade. Ich wollte dieses Mal mit aller Absicht verlieren, als eine Art Belohnung für Ihre Heldenthat.«
»Een jedes Heldentum belohnt sich in seinem Innern ganz von selbst. Man trägt die accusative Anerkennung in seinen eegenen und heiligsten Herzenslokalitäten mit sich herum. Dem Verdienste seine Krone, und den andern nich die Bohne!
Übrigens is es doch wohl een wenigstens multiplizierter Gebrauch, Fürschten und
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