Der Schatz in den Highlands: Eine Liebesgeschichte im Schottland des 19. Jahrhunderts (Love and Passion) (German Edition)
erwiderte:
»Ja, ja, gehen Sie schnell nach Hause. Sie sollten vor Einbruch der Dunkelheit dort sein. Und verlassen sie es heute nicht mehr. Auf gar keinen Fall!«
Ich zögerte und wandte mich an der Tür noch mal verwundert zu ihr um.
»Warum sollte ich am Abend nicht nach draußen gehen?«
»Gehen Sie an Halloween nicht vor die Tür, Mylady«, warnte sie mich erneut.
Richtig, heute war der 31. Oktober. Dass an Halloween die Geister der Verstorbenen auf Erden tanzen, gehörte für mich zu den Erzählungen, an denen kein Körnchen Wahrheit war.
»Ich glaube nicht, dass diese Nacht etwas Besonderes ist«, sagte ich mit Überzeugung. »Das ist doch nur alter Aberglaube!«
Erstaunlich schnell humpelte Maggie Baldwin trotz ihrer Verletzung auf mich zu. Sie reichte mir nur bis zur Brust, trotzdem bohrte sich ihr Blick so fest in meine Augen, dass ich wie gelähmt dastand. Meine Beine waren auf einmal unfähig geworden, sich fortzubewegen.
»Sie sollten nicht über die alten Geister spotten! Halloween ist die Nacht, in der unsere Ahnen ihre Gräber verlassen. Besonders die, deren Leben vor Ablauf der Zeit ein Ende gesetzt wurde.«
Ein eiskalter Schauer lief mir über den Rücken, obwohl es im Raum warm und stickig war. In London betrachtete kein Mensch die Nacht zum ersten November als etwas Besonderes, aber im schottischen Hochland waren die alten Sagen und Legenden allgegenwärtig. Ich konnte mir gut vorstellen, dass ein Mädchen wie Wilma, das das Tal niemals verlassen hatte, an Hexen und Gespenster glaubte.
»Ich werde auf mich aufpassen, Maggie«, antwortete ich. Ich hätte der Alten alles versprochen, denn ich wollte nur noch weg von diesem Ort! Fort von der verfallenen Kate, fort von der uralten Frau, die mir wie die Verkörperung des Bösen persönlich erschien, obwohl sie freundlich zu mir gewesen war.
Ich drehte mich rasch um und stolperte in die Richtung, aus der wir gekommen waren. Hinter mir hörte ich ihr Kichern, und ich befürchtete, den Rückweg nicht mehr zu finden. Zu meiner Verwunderung setzte die Dämmerung bereits ein. Ich hatte nicht bemerkt, dass ich so lange bei Maggie Baldwin gewesen war. Im Wald war es fast völlig dunkel, jeder Baum, jeder Strauch erschien mir gleich, und ich fühlte Panik in mir aufsteigen. Ich stolperte über eine Wurzel und konnte mich gerade noch an einem Baumstamm festhalten. Für einen Moment verharrte ich, atmete tief durch und versuchte, mein pochendes Herz zu beruhigen. Ich durfte mich nicht verlaufen! So groß war der Wald nun auch wieder nicht. Langsam und ruhiger ging ich weiter. Irgendwie schaffte ich es tatsächlich, den richtigen Weg zu finden, und atmete erleichtert auf, als ich die Bäume hinter mir ließ und auf freies Feld trat. Am Horizont war nur noch ein blasser Streifen zu erkennen, als die grauen Mauern von Cromdale House vor mir auftauchten. Nie zuvor war mir die trutzige Burg so sehr als Bollwerk und Schutz erschienen. Erleichtert trat ich in den Hof. Ich hatte gerade die Tür zur Halle erreicht, als diese auch schon von einer aufgelösten Wilma geöffnet wurde.
»Sie sind es, Mylady! Gott sei Dank! Wir machten uns schon Sorgen, als Sie bei Sonnenuntergang nicht zurück waren. Heute ist doch Halloween!« Sie sagte das mit solcher Überzeugung, dass man wirklich glauben konnte, im nächsten Moment würde mich eine düstere Spukgestalt packen und davontragen.
»Bring mir bitte einen heißen Kakao auf mein Zimmer«, sagte ich, ohne auf ihre Bemerkung einzugehen. Allerdings musste ich zugeben, dass die seltsame Begegnung mit Maggie Baldwin und der Weg durch den Wald nicht gerade zu meiner Beruhigung beigetragen hatten. Erst in meinem Zimmer merkte ich, dass meine rechte Hand immer noch fest den Leinenbeutel umklammert hielt. Ich schnupperte daran und meinte, einen Hauch von Lavendel erkennen zu können, der mich unweigerlich an Violet erinnerte.
»Tragen Sie ihn um den Hals«, hörte ich die Stimme der Alten in meinen Ohren.
Ich lächelte und legte das Säckchen in die oberste Schublade der Kommode zu meiner Unterwäsche. Vielleicht würden die Kräuter Motten abhalten, dachte ich, dann wäre dieser faule Zauber wenigstens zu etwas nütze. Mein Verstand weigerte sich, an eine andere Wirkung zu glauben.
In der Nacht frischte der Wind so stark auf, dass er sich bald zu einem richtigen Sturm erhob. Ich fühlte mich an die Nacht, in der Harrison mein Leben gerettet hatte, erinnert. Nur, dass ich mich nun in einem Zimmer befand, dessen Wände fest und
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