Der Schatz in den Highlands: Eine Liebesgeschichte im Schottland des 19. Jahrhunderts (Love and Passion) (German Edition)
haben die Schwärmerei für Reverend Donaldson nicht ernst genug genommen. Auch der junge Mann dachte, es handle sich lediglich um ein kindliches Anhimmeln, eine harmlose Verehrung. Ich war von der Heftigkeit der Gefühle meiner Tochter überrascht.«
»Es war für Carla bestimmt sehr schmerzhaft zu erfahren, dass der Reverend Hunderte von Meilen fortgeht.«
»Es bietet sich ihm eine neue, reizvolle Aufgabe, die er gerne annehmen möchte. Er ist ein ehrgeiziger junger Mann, der es im Leben bestimmt zu etwas bringen wird. Ich denke nicht, dass der Reverend jemals ans Heiraten gedacht hat, und selbst wenn, dann hat er Carla nie in seine Überlegungen miteinbezogen. Für ihn ist sie nur das nette, freundliche Nachbarskind.« Ich nickte und meinte, dass sein Verhalten verständlich sei.
»Carla wird darüber hinwegkommen. Wer weiß, was die Zukunft für sie bringen mag. Vielleicht sehen sich die zwei in einigen Jahren wieder und können ihre Gefühle prüfen. Ein Mädchen in dem Alter verändert sich von Woche zu Woche.«
Mrs. Grindle lächelte mich liebevoll an.
»Sie verfügen über eine gute Menschenkenntnis, Lucille. Es tut mir furchtbar Leid, dass ich eine Zeit lang so abweisend zu Ihnen gewesen bin. Es geschah aus verletztem Stolz, weil Sie die Hand meines Sohnes abgewiesen haben, ohne dass ich dabei an Ihr Glück gedacht habe. Zuerst habe ich Ihnen meine Freundschaft versichert, Sie dann aber sehr enttäuscht, dafür schäme ich mich. Ich hoffe, Sie können mir eines Tages verzeihen?«
Spontan griff ich nach ihrer Hand und drückte sie fest.
»Es gibt nichts zu verzeihen. Ich habe Ihre offene Art vom ersten Tag an geschätzt. Es ist mir lieber, wenn die Menschen mir ihre Meinung ehrlich ins Gesicht sagen, anstatt sich hinter meinem Rücken den Mund zu zerreißen.«
»Sie vermissen Harrison MacGinny sehr, nicht wahr?«
Die Frage, die mehr eine Feststellung war, kam so überraschend, dass ich beinahe meine Tasse fallen gelassen hätte.
»Er war ein guter Verwalter«, antwortete ich leise.
»Er war viel mehr für Sie, Lucille. Ich weiß nicht, was genau vorgefallen ist und warum es nicht zu der Hochzeit gekommen ist, aber das geht nur Sie und Harrison etwas an. Auf jeden Fall merke ich, wie traurig Sie sind. Egal, was geschehen ist, ich meine es ehrlich, wenn ich sage, dass Sie mein Mitgefühl haben.«
Ich schenkte ihr einen dankbaren Blick, denn ich wusste, dass sie es aufrichtig meinte. Ich las in ihren Augen keine Spur von Spott oder Schadenfreude, obwohl ich es verstanden hätte, wenn sie sich über die Trennung froh gezeigt hätte.
Wir plauderten nun noch über ein paar belanglose Dinge, bis das Mädchen wieder meine Kleider brachte. Nur der Saum des Kleides war noch etwas feucht und verschmutzt. Mrs. Grindle bat mich, sie wieder regelmäßig zu besuchen.
»Sofern die Witterungsverhältnisse es zulassen.«
Ich hatte mich gerade angekleidet, als es an der Tür klopfte. Ich sagte »Herein« und glaubte zum zweiten Mal an diesem Tag, unter Halluzinationen zu leiden.
»James!«
»Guten Tag, Lucille.«
Wir standen uns gegenüber und fassten uns an den Händen.
»Wie kommst du hierher?«, fragte ich schließlich. Er grinste breit.
»Wenn ich dich daran erinnern darf: Ich wohne hier! Ich möchte mich bedanken, dass du meine Schwester gerettet hast.«
Verlegen senkte ich den Blick.
»Ich habe sie nur auf den Hof gebracht, James. Sie war keinen Moment in Gefahr.«
»Dr. Craig hat sie gerade untersucht. Er meint, dass Carla einen heftigen Schnupfen bekommen wird, aber sonst sieht er keine Komplikationen. Der Arzt möchte dich auch noch sehen.«
»Das ist wirklich nicht nötig. Ich fühle mich wohl. Aber wie kommt es, dass du hier bist? Ich dachte, deine Reise würde mehrere Monate in Anspruch nehmen?«
James seufzte, ein trauriges Lächeln huschte um seine Mundwinkel.
»Ach, manchmal kann man Geschäfte schneller als erwartet abwickeln. Das war der Fall, und natürlich wollte ich Weihnachten im Kreise meiner Familie verbringen. Ich bin erst heute Vormittag angekommen.«
Ich sagte ihm nichts von meiner Vermutung, dass er zurückgekommen war, weil sich meine Verlobung zerschlagen hatte. James hatte es bestimmt telegraphisch von seinen Eltern erfahren. Jetzt gab es für ihn keinen Grund mehr, seiner Heimat fernzubleiben. Ich freute mich ehrlich, dass er zurückgekehrt war. Gleichzeitig spürte ich, dass ich ihn nach wie vor nicht liebte, jedenfalls nicht in der Art und Weise, wie ich Harrison geliebt hatte. Hatte ...? Nein,
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