Der Schatz in den Highlands: Eine Liebesgeschichte im Schottland des 19. Jahrhunderts (Love and Passion) (German Edition)
in einer Ecke nur einen großen Schatten, im nächsten Moment legte sich ein feuchtes Tuch auf mein Gesicht. Ein Ekel erregender Geschmack drang mir in Nase und Mund. Verzweifelt rang ich nach Luft und trat mit den Füßen kraftvoll nach hinten. Eine Sekunde später spürte ich einen Schlag auf meinen Hinterkopf, es war, als würden tausend Sterne in meinem Schädel explodieren, und dann spürte ich gar nichts mehr.
10. KAPITEL
Eine Kutschfahrt über die schlecht bis gar nicht befestigten Straßen im Hochland ist kein Vergnügen. Noch weniger, wenn man mitten in einer stürmischen, regnerischen Nacht unterwegs ist. Besonders unangenehm wird es, wenn es sich bei der Kutsche um ein antiquiertes Modell ohne jegliche Federung und Polsterung handelt. Ganz einfach scheußlich wird die ganze Sache, wenn man zu einem Paket verschnürt und mit einem Knebel im Mund hilflos von einer Ecke in die andere geschleudert wird.
Ich wusste nicht, wie lange ich mich bereits in dieser Situation befand, als ich langsam wieder zu mir kam. Mein Kopf brannte wie Feuer, es fühlte sich an, als ob sich die Schädeldecke langsam nach oben ablöste. Wenn damit der stechende und klopfende Schmerz verschwinden würde, war es gar kein so unangenehmer Gedanke! In meinem trockenen Mund spürte ich einen ekligen, süßlichen Geschmack. Ob mir deswegen, wegen des Schlages oder durch das Rütteln speiübel war, konnte ich nicht einordnen. Nur mit Mühe gelang es mir, den Würgereiz zu unterdrücken. Jedes Mal, wenn ich auf die andere Seite geschleudert wurde und mir meine Gliedmaßen an dem rauen Holz anschlug, schwappte eine Welle der Übelkeit in meine Kehle. Ich befürchtete, mich übergeben zu müssen, was angesichts der Tatsache, dass ich einen festen, übel schmeckenden Knebel im Mund hatte, sehr beunruhigend war. Wahrscheinlich würde ich an meinem Erbrochenen hilflos ersticken.
Wenn man sich in einer solchen Lage befindet, denkt man nicht über das Warum und Wieso nach. Ich dachte auch nicht daran, wer meine Entführer sein könnten oder wohin die Fahrt ging. Ich existierte nur für den Augenblick und versuchte, so ruhig und flach wie möglich zu atmen.
»Aaahhrg ...«
Ein gurgelndes Geräusch presste sich durch den Knebel, als das Gefährt einen Satz von beinahe einem halben Meter machte – wahrscheinlich hatte ein besonders großer Ast auf dem Weg gelegen – und ich an die Decke geschleudert wurde. Dass ich mir dabei schmerzhaft den Kopf anstieß, war angesichts der Tatsache, dass kein Knochen in meinem Körper mehr heil zu sein schien, eine Kleinigkeit. Durch die geschlossenen Rollos an den Fenstern drang nicht der geringste Lichtschein herein. Folglich musste es mitten in der Nacht sein. Ich konnte das Brüllen des Windes hören und stellte fest, dass durch die Ritzen des Schlages Regen drang. Als ich meine Sinne wieder einigermaßen beisammen hatte, setzte ich meine ganze Konzentration und Kraft ein, um mich in eine Ecke zu rollen. Mit auf dem Rücken gefesselten Händen und verschnürten Fußgelenken war es gar nicht so einfach, die Sohlen fest auf den Boden zu stellen, um mich auf die Sitzbank zu stemmen. Schließlich fand ich eine Position, die mir einigermaßen Schutz davor bot, in der nächsten Kurve wieder in der Kabine herumgeschleudert zu werden. Obwohl der Atem, der meinen Nasenlöchern entwich, kleine, weiße Wölkchen hinterließ, war ich in Schweiß gebadet.
Ich hatte jegliches Zeitgefühl verloren, als die Kutsche plötzlich mit einem Ruck zum Stehen kam. Durch einen Spalt in den Rollos erkannte ich ein schwaches Licht und hörte leise Stimmen. Gleich darauf wurde der Schlag aufgerissen, und ein großer Schatten schob sich in die Öffnung.
»Ah! Sie sind aufgewacht! Gut, ich dachte schon, mein Gefährte hätte etwas zu stark zugeschlagen. Das wäre doch so gar nicht in meinem Interesse gewesen.«
»Was wollen Sie?«
Mit blieb nichts anderes übrig, als diese Worte zu denken, denn durch den Knebel drang nur ein unverständliches Gegurgel.
»Wenn Sie versprechen, nicht zu schreien, löse ich den Knebel. Sie haben sicher Durst, Mylady, oder? Aber ein Laut, und Sie erhalten kein Wasser. Sie werden dann niemals wieder in Ihrem Leben in den Genuss kommen zu trinken. Haben Sie mich verstanden?«
Ich nickte und überlegte fieberhaft. Er saß eindeutig am längeren Hebel. Den Umrissen nach, die hinter dem Schatten deutlich wurden, befanden wir uns in der Nähe eines Gasthofes. Von innen erklangen laute Musik und grölende Stimmen.
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