Der Schatz in den Highlands: Eine Liebesgeschichte im Schottland des 19. Jahrhunderts (Love and Passion) (German Edition)
erkennen. Und meine finanziellen Mittel würden auf keinen Fall eine weitere Übernachtung in einem Gasthaus erlauben.
»Es tut mir Leid, Sie belästigt zu haben«, sagte ich und entfernte mich dabei rückwärts langsam von dem seltsamen Mann. »Man hat sich offensichtlich geirrt, als man mir sagte, dass ich bei Ihnen einen Wagen mieten kann.«
»Ach, Sie sind Ausländerin«, sagte der Mann plötzlich in einer Sprache, die dem Englischem so nahe kam, dass ich sie verstehen konnte. Allerdings klangen die Worte tief und kehlig, beim »r« schien sich ein Knoten im Kehlkopf zu knüpfen. Doch unweigerlich erinnerte mich seine Ausdrucksweise an die von Harrison MacGinny, der ähnlich gesprochen hatte. Verflixt, warum beschäftigten sich meine Gedanken immer noch mit diesem Mann?
»Ich möchte zum Cromdale House«, versuchte ich es erneut, jetzt überzeugt, keinem Schwachsinnigen, sondern lediglich einem Gälisch Sprechenden gegenüberzustehen.
Er räusperte sich, um dann fortzufahren:
»Ich sagte, dass es ganz schön weit draußen liegt, Miss. Was wollen Sie denn da?«
Offenbar lag es in der Natur der Schotten, neugierig zu sein. Doch wie es den Eindruck hatte, war ich auf die Hilfe dieses seltsamen Kauzes angewiesen. Darum antwortete ich freundlich:
»Es gehörte meinem Großvater, Fitzroy MacHardy. Ich habe es geerbt.«
Der Mann stieß einen anerkennenden Pfiff aus, wobei sich seine Augen erstaunt weiteten.
»Sie sind die Enkelin vom altem Fitzroy?« Er ergriff so schnell meine Hand und drückte sie, dass ich sie nicht zurückziehen konnte. Deutlich konnte ich seine Schwielen spüren. »Freut mich! Mich nennen sie Mitch, den Schmied. Ich habe auch das einzige Fuhrwerk in der Umgebung. Für einen Schilling fahre ich Sie nach Cromdale hinaus.«
Einen Schilling konnte ich noch entbehren, es war weniger, als ich erwartet hatte. Bisher war ich allerdings davon ausgegangen, das Haus meines Großvaters läge direkt in Grantown-on-Spey. Was, wenn es sich tatsächlich um eine einsame Hochland-Hütte handelte?
»Vielleicht sollte ich noch Lebensmittel besorgen?«, fragte ich den Schmied und Kutscher in einem.
Er schüttelte den Kopf.
»Wird nich’ nötig sein, Mylady. Glenda war erst vor zwei Tagen zum Einkaufen in der Stadt.«
Wer zum Teufel war Glenda? Und warum nannte er mich auf einmal Mylady? Ein Verdacht stieg in mir auf. Als wir langsam über die Straße in östlicher Richtung hinauszockelten, fragte ich:
»Cromdale House steht doch leer, oder?«
»Natürlich nich, Mylady. Glenda kümmert sich drum. Würde sonst noch mehr verfallen. Sie wissen doch, wenn alte Häuser nicht bewohnt werden, dann sterben sie. Die Seele meine ich. Verstehn Se?«
Das tat ich zwar nicht, hütete mich jedoch, mit Mitch eine Diskussion darüber anzufangen, ob ein Haus eine Seele hatte oder nicht. Etwas anderes interessierte mich viel mehr.
»Ist diese Glenda so etwas wie eine Haushälterin?«
Er nickte und schnalzte mit der Zunge.
»War dem alten MacHardy sein Wille. Aber sie ist ja auch schon seit Jahrzehnten dort und hat sich immer um alles gekümmert. Wenn auch ...« Der Rest ging in unverständliches Gemurmel über, doch sein Gesichtsausdruck war nicht sehr freundlich. Danach versiegten Mitchs Worte, und ich fragte nicht weiter. Meine Gedanken schlugen Purzelbäume. Einerseits war es eine tröstliche Vorstellung, nicht in ein kaltes, schmutziges Haus zu kommen. Auf der anderen Seite wusste ich nicht, wer diese Glenda war und welche Stellung sie bei Großvater tatsächlich eingenommen hatte. Gleichzeitig stellte sich ein Gefühl von Freude und Abenteuerlust ein. Wenn die Frau schon so lange im Haus war, dann hatte sie Fitzroy MacHardy gut gekannt und konnte mir etwas über ihn erzählen!
Nach etwa einer Stunde Fahrt durch einsames Hügelland erkannte ich am Straßenrand ein mittelgroßes, zweistöckiges Haus neben einem schmiedeeisernen Tor, an dessen Stäben ein großes Holzschild hing: Cromdale House. Mein Herz tat einen Sprung. Doch beim Näherkommen sah ich, dass die Steine an vielen Stellen beschädigt und die meisten Fensterscheiben gesprungen waren. Aus dem Kamin stieg kein Rauch, das Haus lag einsam und verlassen da.
Mitch hielt direkt darauf zu. Das also war Cromdale House! Es war größer, als ich erwartet hatte, allerdings entsprach sein Zustand ganz meinen Vorstellungen. Nun, Hauptsache, das Dach war dicht und ich würde im Kamin ein Feuer machen können. Alles andere würde sich dann schon zeigen.
»Diese Glenda scheint nicht da
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