Der Schatz in den Highlands: Eine Liebesgeschichte im Schottland des 19. Jahrhunderts (Love and Passion) (German Edition)
Freunde hatte.
Ich verließ James Grindle am Tor zum Cromdale House, nicht ohne ihm das Versprechen zu geben, seine Familie recht bald wieder zu besuchen. Während ich die Auffahrt entlangging, dachte ich daran, dass keiner meine Behinderung auch nur mit einem Wort erwähnt hatte, obwohl sie jeder bemerkt haben musste. Was für höfliche und rücksichtsvolle Leute die Grindles doch waren. So ganz anders als Harrison! Dennoch erschien mir James Grindle trotz seines guten Aussehens und seiner formvollendeten Manieren im Vergleich zu Harrison blass und farblos.
Durch den unterhaltsamen Nachmittag beschwingt, betrat ich die Halle. Meine gute Laune wurde aber von Glenda sofort zerstört, die wie eine Furie aus einer Ecke auf mich zugeschossen kam.
»Da sind Sie ja endlich! Mr. Grampson wartet seit Stunden auf Sie! Wie können Sie es wagen, so lange auszubleiben, ohne mich zu informieren, wo Sie sind! Jetzt muss der Anwalt nicht nur zum Essen, sondern auch über Nacht hier bleiben. Und alles nur, weil Sie sich in der Gegend herumtreiben.«
Nach einer heftigen Aufwallung von Zorn beschloss ich, sie zu ignorieren, und betrat das Esszimmer, wo ich richtigerweise Mr. Grampson vermutete. Er war ein älterer Herr mit bereits ergrautem Haar. Er erhob sich und begrüßte mich mit festem Händedruck.
»Lady Lucille MacHardy! Wie schön, Sie zu sehen! Es tut mir Leid, dass ich Sie letzte Woche in Inverness nicht willkommen heißen konnte. Aber dringende Geschäfte ... Sie verstehen?«
Ich bedankte mich und versicherte, sein Sohn hätte mir ausreichend geholfen. »Ich muss mich meinerseits entschuldigen, Sie heute so lange warten gelassen zu haben. Ich wusste nicht, dass Sie angekommen waren, sonst hätte ich meinen Besuch bei den Nachbarn verkürzt.«
»Sollten wir jetzt nicht endlich zum geschäftlichen Teil kommen?«, fragte Glenda genervt. Im gleichen Augenblick trat Rosie ein und begann, den Tisch zu decken, es war Zeit für das Abendessen. Mr. Grampson rieb sich erfreut die Hände.
»Vielleicht sollten wir uns erst stärken. Mit vollem Magen spricht es sich doch viel besser, oder etwa nicht?«
Grimmig stimmte Glenda zu, und wir setzten uns zu Tisch. Es gab eine klare Hühnersuppe und frisches Brot. Gerade, als Rosie den Hauptgang – Rindfleisch in einer hellen Soße und Kartoffeln – servierte, trat Harrison ein. Er begrüßte Mr. Grampson und sagte dann:
»Ich bin aufgehalten worden. Gut, dass ihr nicht auf mich gewartet habt. Mutter, wie wäre es mit Rotwein zum Essen?«
Widerspruchslos stand Glenda auf, holte die Flasche von der Anrichte und füllte die Gläser.
Die Mahlzeit verlief schweigend. Einzig Mr. Grampson schien mit gutem Appetit zuzugreifen, derweil ich nur angespannt in den Speisen herumstocherte. Es war das erste Mal, dass ich mit den MacGinnys zusammen aß. Rechts neben mir saß Harrison. Wenn er das Fleisch schnitt, erkannte ich das Muskelspiel auf seinen Handrücken, die mit dichten, schwarzen Härchen bewachsen waren. Er hatte lange, schlanke Finger mit gepflegten Nägeln. Ein Schauer rann über meinen Rücken. Es war das gleiche Gefühl, das ich bei meinem ersten Treffen mit Harrison damals im Hotel verspürt hatte. Es kam mir vor, als sei diese Begegnung bereits Jahre her. Was war seither nicht alles in meinem Leben geschehen!
Endlich räumte Rosie die Teller – meiner war noch halb voll – ab. Mr. Grampson räusperte sich vernehmlich und tupfte seine Lippen mit der Serviette ab.
»Nun, Ihre Nachricht hat mich nicht verwundert, Mr. MacGinny«, begann er. »Es ist durchaus verständlich, dass es für Sie eine Überraschung war, dass Fitzroy MacHardy den Besitz seiner Enkelin vermacht hat. Es war für mich nicht weniger verwunderlich. Schließlich wusste jeder, wie er der Heirat seines Sohnes mit einer unbekannten Engländerin gegenüber eingestellt war. Trotzdem kann ich Ihnen sagen, dass alles rechtens ist.«
Glenda beugte sich vor und funkelte den Anwalt an.
»Warum hat mir Fitzroy nichts davon gesagt, dass er Sie beauftragt hatte, nach Erben zu suchen? Warum diese Heimlichkeit? Ich kann mich noch sehr genau an den Tag erinnern, als Fitzroy seinen Sohn enterbt hat! Auch haben Sie nach seinem Tod mit keiner Silbe erwähnt, dass es noch Verwandte geben könnte. Warum haben Sie uns in dem Glauben gelassen, dass es niemanden gibt, der sich um Cromdale House kümmert?«
Mr. Grampson zuckte mit den Schultern. »Ich muss zugeben, dass das meine Schuld war. Als Sir Fitzroy meine Kanzlei damit beauftragte, nach
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