Der Schatz in den Highlands: Eine Liebesgeschichte im Schottland des 19. Jahrhunderts (Love and Passion) (German Edition)
zu.
»Nun, das Gedächtnis der Dame ist bei weitem nicht so schlecht, wie sie hier glauben machen möchte. Sie erinnert sich sehr gut an Geschehnisse, die vor einigen Jahren passiert sind. Ich denke, es ist jetzt an der Zeit, den Erinnerungen der beiden Damen etwas auf die Sprünge zu helfen.« Er zog seine Uhr aus der Westentasche, warf einen kurzen Blick darauf und fuhr dann fort: »Zwischenzeitlich müsste eine weitere Zeugin eingetroffen sein, deren Befragung Licht in die Sache bringen wird. Sie wartet sicher draußen.«
Der Richter runzelte skeptisch die Stirn, wies aber den Gerichtsdiener an, die betreffende Person hereinzuführen, sollte sie denn wirklich auf dem Flur warten. In der Tat betrat eine kleine, alte Frau mit krummem Rücken den Raum. Von Lady Ardwell war ein keuchender Laut zu hören, derweil Glendas Gesichtsfarbe zu einem gräulichen Weiß wechselte.
»Ich kenne diese Person nicht!«, kreischte Lady Ardwell wenig damenhaft.
Mr. Grampson lächelte mitleidig.
»Aber, aber, meine Liebe! Bisher habe ich mit keinem Wort erwähnt, dass die Zeugin in irgendeinem Zusammenhang mit Ihnen steht.« Er wandte sich an Mr. Brigsley. »Euer Ehren, das ist Mary Dundon. Und ich denke, dass sowohl Lady Ardwell als auch Glenda MacGinny sehr wohl wissen, welchem Berufsstand sie angehört.«
Mary Dundon ließ sich ächzend auf einem Stuhl nieder.
»Die Gelenke, Euer Ehren, die Gelenke«, flüsterte sie mit kehliger Stimme. »Kann meinen Beruf leider nicht mehr ausüben.«
»Und welcher wäre das?«, fragte der Richter ungeduldig.
»Ich stamme aus Elgin und war dort zeit meines Lebens als Hebamme tätig, so wie meine Mutter und deren Mutter zuvor.«
»Ach ja? Und was hat das mit dieser Sache hier zu tun? Sie wissen doch, dass es sich um einen Erbanspruch handelt. Haben Sie dazu etwas beizutragen, Mrs. Dundon?«
»Sehr wohl, Euer Ehren! Vor ungefähr zehn Jahren habe ich diese Frau von einem Kind entbunden.« Sie deutete mit ihrem hageren Zeigefinger auf Lady Fiona, die wie erstarrt dasaß. »Es war leider eine Totgeburt, worüber die Dame aber sehr erleichtert schien, da niemand etwas von der Entbindung erfahren durfte.«
Verwirrt strich ich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Zwar wusste ich noch nicht, was das mit der angeblichen Heirat Fionas mit meinem Vater zu tun hatte, dennoch flammte ein kleiner Hoffnungsfunken in meinem Herzen auf.
»Darf ich die Geschichte zu Ende erzählen, Euer Ehren?«, bat Mr. Grampson. Es wurde ihm gestattet. »Lady Ardwell hat niemals geheiratet, dennoch wurde sie schwanger. Wenn ihre Eltern davon erfahren hätten, wäre es zu einem entsetzlichen Skandal gekommen. So entschloss sie sich zu einer längeren Reise, ein Vorgehen, das in solchen Situationen oft angewandt wird. Als Begleitung fungierte Glenda MacGinny. Die beiden Damen kannten sich damals bereits seit einigen Jahren. Bei Mrs. Dundon in Elgin brachte Lady Ardwell schließlich ein totes Kind zur Welt. Danach konnte sie unbesorgt nach Hause zurückkehren, und niemand hat je davon erfahren. Bis heute jedenfalls.«
Mr. Brigsley schüttelte ungläubig den Kopf.
»Schön und gut, Mr. Grampson. Das lässt Lady Ardwell natürlich in einem anderen Licht erscheinen, aber ich verstehe immer noch nicht, was diese Sache mit unserem Fall hier zu tun hat?«
Selbstbewusst hakte Mr. Grampson beide Daumen in den Rand seiner Weste und streckte den Bauch vor.
»Das, Euer Ehren, kann Ihnen Lady Ardwell selbst erklären.« Er ging zu ihrem Platz und blickte ihr fest in die Augen. »Möchten Sie nicht endlich die Wahrheit sagen? Jetzt haben Sie nichts mehr zu verlieren!«
»Halt den Mund, du ...«
Mit geballten Fäusten sprang Glenda auf, und einen Moment lang fürchtete ich, sie würde Lady Fiona ins Gesicht schlagen, doch dann drehte sie sich ruckartig um und rannte aus dem Raum. Unsicher sah ihr der Gerichtsdiener nach.
»Lassen Sie sie laufen«, sagte Mr. Grampson. »Sie weiß, dass sie verloren hat.«
Nun erzählte Lady Fiona die ganze Wahrheit. Ja, sie war von einem verheirateten Mann schwanger gewesen. Es hatte aber niemand erfahren dürfen. In einer schwachen Minute vertraute sie sich Glenda an, die daraufhin die Idee mit der Reise nach Elgin hatte. Wenn das Kind überlebt hätte, wäre es zu Pflegeeltern gekommen, die entsprechend dafür bezahlt worden wären. Aber so ging die Angelegenheit für Lady Fiona glimpflich aus, und sie hatte es beinahe schon vergessen, bis Glenda vor vier Wochen bei ihr auftauchte und sie zu einem unglaublichen
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